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Arbeits-Knigge: Duzen oder Siezen in Karlsruher Unternehmen?

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IHK-Chef Arne Rudolph über das Duzen und Siezen in Karlsruher Unternehmen

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    Arne Rudolph auf der Bühne beim Neujahrsempfang 2024 der IHK.
    Arne Rudolph auf der Bühne beim Neujahrsempfang 2024 der IHK. Foto: IHK Karlsruhe

    Guten Tag Herr Rudolph, vom „Du“ zum „Sie“, wie sehr hat sich das bei Unternehmen innerhalb der Mitarbeiterschaft in den vergangenen Jahren geändert?

    In den vergangenen zehn Jahren haben wir einen starken Wandel beobachten können. Vor rund sieben Jahren war es eigentlich nur üblich, sich im direkten Kollegenkreis zu duzen, aber nicht gegenüber dem Chef. Dies war eher selten der Fall. Jüngere Umfragen zeigen aber, dass Mitarbeiter untereinander mit den meisten Kollegen per du sind.

    Arne Rudolph
    Arne Rudolph Foto: IHK Karlsruhe

    Die Führungsebene duzt aber weiterhin nicht durchgängig. Wir sind aktuell in einer Phase, in der sich sehr viel wandelt. Es gibt Beispiele, in denen sich auch bei Großunternehmen im gesamten Unternehmen einvernehmlich geduzt wird. In der IT-Branche oder im StartUps gibt es heute fast gar kein "Sie" mehr.

    Ähnlich sieht es aus, wenn Englisch die vorherrschende Unternehmenssprache ist. Man kann also klar sagen: Das „Du“ breitet sich sowohl unter den Kollegen als auch auf die Führungsebene aus.

    Können Sie darauf noch genauer eingehen: In welchen Branchen wird eher geduzt und in welche eher gesiezt?

    Beispielsweise liegt der Anteil der Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst, die sich duzen, bei zirka 15 Prozent, in der Bankbranche liegt er bei 20 Prozent.

    Der öffentliche Bereich oder bei Banken und Versicherungen ist weiter eher das "Sie" vorherrschend, aber auch hier beobachten wir einen klaren Wandel. Auch dass die Krawatte innerhalb dieser Branchen nicht mehr unbedingt getragen werden muss, zeigt den aktuellen Kulturwandel.

    Experten der IHK und des KIT erklären wie wichtig Patente für Unternehmen auch heute noch sind.
    Experten der IHK und des KIT erklären wie wichtig Patente für Unternehmen auch heute noch sind. Foto: IHK Karlsruhe

    Wie wichtig ist das "Sie" heutzutage noch innerhalb von Unternehmen? Oder anders gefragt: Geht mit dem "Du" nicht auch die Distanz und der Respekt vor dem Chef verloren?

    Für viele Menschen ist es auch heute noch wichtig, selbst entscheiden zu können, ob sie sich – auch mit der Kollegin – duzen oder nicht. Deshalb ist auch ein angeordnetes "Du" der falsche Weg, den nur ganz wenige Unternehmen gehen. Das "Du" ist eben eine Weiterentwicklung der Arbeitsweise oder der Kultur innerhalb der Unternehmen, die dazu führt, dass sich die Mitarbeiter über Hierarchieebenen hinweg duzen.

    Man muss aber sehen: Es muss zum Unternehmen passen und man muss die Mitarbeiter mitnehmen. Schlimm wäre es, wenn jemand dazu gezwungen wird, der das gar nicht möchte. Dann ist vielleicht auch die Kultur im Unternehmen noch nicht so weit.

    Wie verhält es sich den innerhalb der IHK?

    Auch bei uns hat sich einiges getan. Das "Du" ist gerade in den vergangenen fünf Jahren auf dem Vormarsch. Bei uns im Haus ist es aber absolut keine Vorgabe, sondern tatsächlich eine Begleiterscheinung eines Kulturwandels und flacher werdender Hierarchien.

    In den letzten Jahren haben wir in vielen Projekten über Abteilungsgrenzen hinweg gearbeitet und dabei kommt das "Du" dann einfach mit. Oft auch bis hin zum Teamleiter.

    Wie ist es bei Ihnen persönlich?

    Bei mir ist es ähnlich. Mit meinen direkten Mitarbeitern arbeite ich so eng zusammen und auf Augenhöhe, dass wir uns duzen. Es gehört auch zu meinem Stil, dass ich viel Freiraum gebe und dann entwickelt sich aus der Arbeit heraus das "Du."

    Welche Vor- und Nachteile hat die jeweilige andere Anrede?

    Ich denke das kommt etwas auf den Blickwinkel an und es gibt keine objektiven Vor- und Nachteile. Manche beurteilen beispielsweise das "Du" als gut, weil es mit flacheren Hierarchien verbunden wird oder weil es als lockerer und vertrauter empfunden wird und so kreativer oder effizienter gearbeitet werden kann.

    Der Friedrichsplatz vor dem Naturkundemuseum, links das Einkaufszentrum Ettlinger Tor und die IHK.
    Der Friedrichsplatz vor dem Naturkundemuseum, links das Einkaufszentrum Ettlinger Tor und die IHK. Foto: Carmele|TMC-Fotografie

    Ein weiterer Grund könnte sein, dass der Austausch mit einem „Du“ besser funktioniert und so das Gemeinschaftsgefühl oder der Teamgeist gestärkt wird. Andersherum muss es aber auch authentisch sein und zum Unternehmen passen oder sich entwickelt haben. Manchmal gibt es eben die Situation, dass das "Du" nicht zu jedem Unternehmen oder zu jedem Mitarbeiter passt.

    Außerdem kann man das "Du" nicht sofort mit Vertrautheit gleichsetzen. Es muss trotzdem möglich sein, Kritik oder arbeitsrechtliche Disziplinarmaßnahmen zu äußern. Das "Du" wird unter Umständen auch mit Vertrautheit assoziiert.

    Passt das Verhalten der Führungskraft nicht dazu, verunsichert das "Du" eher. Manchmal werden Hierarchien auch nur scheinbar flacher und das verwirrt die Mitarbeiter.

    Dieser Artikel erschien bereits im April 2023 in unserem Wirtschaftsprintmagazin ka insight.

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