Der Turmberg in Durlach war Ende des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Ausflugsziel, aber es führten nur ein Treppenweg und lehmige Hohlwege hinauf. Direktor Schmidt von der Dampfstraßenbahn Karlsruhe-Durlach wollte damals die Höhe des Turmbergs durch eine Seilbahn mit der Stadt verbinden, um mehr Besucher auf den Turmberg zu locken.
Weinbergbesitzer legten Veto ein
Obwohl das erforderliche Gelände Mitte Mai 1887 vorhanden war, gab es einige Hindernisse. Zum einen existierte bis dahin in Deutschland lediglich eine derartige Seilbahn in Ems. Skeptische und pessimistische Stimmen warnten vor der Errichtung "einer solchen gefährlichen Bahn." Zum anderen waren die Durlacher Weinbergbesitzer gegen den Bau einer Seilbahn und wollten die benötigte Fläche nicht abtreten.

Das führte dazu, dass die ursprüngliche Planung geändert und verkürzt werden musste. Mit dem neuen Plan schaffte es Bürgermeister Steinmetz, die Gegner umzustimmen. Um den Bau der Seilbahn zu finanzieren, wurde eine Aktiengesellschaft gegründet und 105 Aktien zu je 1.000 Mark ausgegeben. Zur Planung und Ausführung wurde das Ingenieurbüro Karl Müller in Freiburg beauftragt und am 16. Juni 1887 fingen die Bauarbeiten an.
Die Seilbahn war eine auf Schienen laufende Standseilbahn mit einer Streckenlänge von 330 Metern und einer Höhendifferenz von 100 Metern. Die beiden Wagen wurden von der Maschinenfabrik Esslingen geliefert. Die Bahn hatte drei Schienen – die mittlere Schiene wurde jeweils von den bergauf- und bergabfahrenden Wagen benutzt. Diese beiden Wagen konnten aneinander vorbeifahren, da die mittlere Schiene sich in der Streckenmitte verzweigte, und waren mit einem Drahtseil miteinander verbunden.
Eröffnung am Tag der Arbeit
Am 1. Mai 1888, mit einer Bauzeit von weniger als 11 Monaten, wurde die Bahn eingeweiht. Am Fuß und am Gipfel des Turmbergs wurden Kränze gewunden, Fahnen und Wimpeln ausgehängt – alles zur feierlichen Eröffnung der lang ersehnten Drahtseilbahn, die erste derartige Bahn in Baden und die zweite in Deutschland.

Die zur Eröffnungsfeier eingeladenen Gäste fuhren um 10 Uhr mit der Dampfbahn nach Durlach, wobei sie mit Musik von der Stadtkapelle und von Vertretern der Behörden empfangen wurden. Der Zug fuhr durch die festlich geschmückte Stadt zu der am Fuß des Turmbergs errichteten Station. Bei der Seilbahn wurde Wasser als Zugkraft verwendet.
Der berganfahrende Wagen wurde jeweils von dem bergabfahrenden Wagen mittels des starken Seils aus Tiegelgußstahldraht hinaufgezogen. Im Reservoir des zu Tal fahrenden Wagens befand sich eine 80 Zentner schwere Wassermenge, um das Übergewicht herzustellen. Dieses Wasser wurde unten entleert und durch die Pumpanlage in das oben errichtete Hauptreservoir wieder zurückgepumpt.
Am Anfang große Skepsis in der Bevölkerung
Im Zeitungsbericht über die Einweihung wurde versucht, Skeptikern die Angst zu nehmen: "Jeder Wagen kann durch die Sicherheitsbremse zum augenblicklichen Stillstand gebracht werden. Es kann sich somit jedermann ohne die mindeste Furcht dieser Bahn anvertrauen." Nach der Einweihungsfahrt gab es ein "Gabelfrühstück" und eine Festrede vom Betriebsinspektor Peters von der Generaldirektion der badischen Staatseisenbahnen, der erklärte, dass es bezüglich der Betriebssicherheit keinerlei Bedenken gäbe.

"Die Auffahrt lässt sich eher mit einem Emporschweben eines Luftballons als einer Bahnreise vergleichen", hieß es. Die Wagen hatten Platz für 36 Personen und es konnten zehn Fahrten in der Stunde gemacht werden. Die Anzahl der Besucher auf dem Turmberg stieg und infolge wurden zwei Gastwirtschaften errichtet: die "Restauration zum Burghof" und "Zur Friedrichshöhe."
Das machte den Turmberg zu einem attraktiven Ausflugsziel. Die beiden Gaststätten veranstalteten auch regelmäßige Konzerte und Kinderfeste. Im Jahr 1888 transportierte die Bahn 51.000 Fahrgäste. Drei Jahre später wurde die Plattform zwischen dem Hauptbau des Turms und dem vorgesetzten Pfeiler neu errichtet und diente als zweite Aussichtsplattform. 1913, noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg, konnte man mit einem Fahrschein zu 50 Pfennig die Weinberge in Durlach besuchen. Der Schein deckte sowohl die Fahrt mit der Straßenbahn nach Durlach als auch die Fahrt mit der Turmbergbahn ab.
1965: Umstellung auf Elektro
Der Plan, in diesem Jahr die Turmbergbahn für den elektrischen Betrieb umzubauen, kam aber infolge des Ersten Weltkriegs nicht zustande. In den 1930-er Jahren hat die Seilbahn immer noch ihren Charme: "Man, fährt mit der Straßenbahn hinüber nach dem idyllischen Durlach", schreibt die Badische Presse im April 1934, "wo die Drahtseilbahn zu einem geruhsamen Besuch des Turmbergs einlädt, der uns weite Rücksicht auf die Höhen des nördlichen Schwarzwaldes und auf die in der Rheinebene gelegene Städte schenkt."

In den 1950-er Jahren wurde wieder die Frage der Umstellung auf elektrischen Betrieb in Betracht gezogen, infolge der zunehmenden Besucherzahlen auf dem Turmberg und aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage. Manche Durlacher wollten das Wasserballastsystem noch beibehalten. Über mehrere Jahre hinweg wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, inklusive des Baus einer Seilschwebebahn und einer Zahnradbahn.
Im Mai 1965 entschied sich der Gemeinderat für eine elektrisch betriebene Standseilbahn, die dann am 25. August 1966 vom Oberbürgermeister Günther Klotz eingeweiht wurde. Bei einer der ersten Fahrten entgleiste ein Wagen, doch es wurde niemand verletzt. Kleine Umbauten wurden durchgeführt und im September ging der Betrieb weiter.
Verlängerung bis an die B3 geplant
Anfang 2014 wurde die alte Terrasse auf der Höhe des Turmbergs abgerissen und die neue Anlage im Juli 2015 eingeweiht. Die Betriebserlaubnis der mittlerweile weit über 100 Jahre alte Bahn läuft im Oktober 2022 ab. Bis dahin haben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) Zeit, die Bergbahn zu modernisieren.
Zudem soll sie auch eine Verlängerung bis zur B3 erhalten und wird somit an das Nahverkehrsnetz angebunden werden. Auch die Wagen werden durch modernere Seilbahnwagen ersetzt, die mit großen Fenstern einen besseren Panoramablick anbieten werden.
Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!