Dienstag
18:20Gemeinderat lehnt kostenlosen ÖPNV ab
Für Inhaber des Karlsruher Passes unter 25 Jahren wird es eine Enttäuschung sein: Was sich schon im Vorfeld in der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung angekündigt hat, hat sich in der Gemeinderatssitzung am Dienstag nun bestätigt - einen kostenlosen ÖPNV wird es nicht geben. Dafür sprachen sich 27 Stadträte aus, lediglich zwölf stimmten dafür, an der ursprünglich im Haushalt angedachten kostenlose Fahrkarte doch festzuhalten.
Auch die SPD-Fraktion hatte somit mit ihrem Änderungsantrag keinen Erfolg: Sie hatte gefordert, das Angebot wenigstens auf Inhaber des Kinderpasses zu beschränken, um die bis 18-Jährigen zu unterstützen. Dieser Antrag wurde ebenfalls mit 31 zu 6 Stimmen abgelehnt.
Montag
14:36In den Haushalts-Beratungen war man noch dafür
Die letzte Sitzung des Karlsruher Gemeinderates vor der Sommerpause am Dienstag, 27. Juli, birgt Konfliktpotenzial zwischen Stadtverwaltung und den Stadträten. Der Grund: Trotz Auftrags der Fraktionen möchte die Stadt keine kostenlose ÖPNV-Nutzung für Inhaber des Karlsruher Passes bis 25 Jahre umsetzten und bittet die Stadträte nun zum Zurückrudern.
Thema ist nicht neu für die Stadträte
Rückblick: Bei den Haushaltsberatungen im Dezember 2020 gingen zahlreiche Anträge für eine kostenlose Nutzung des Öffentlichen-Personen-Nahverkehrs in Karlsruhe für Inhaber des Karlsruher Passes bei der Stadtverwaltung ein. Am Ende der Diskussion wurde dann die kostenlose Variante für Inhaber bis 25 Jahren mit einer Mehrheit verabschiedet.

Die aktuelle Regelung sieht vor, dass Kunden bei Vorlage eines Karlsruher Passes die Hälfte des eigentlichen Tarifpreises für eine 2-Waben-Monatskarte bezahlen. Die andere Hälfte stellt der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) der Stadt in Rechnung. Aktuell liegt der volle Preis für eine solche Karte bei 66 Euro.

Damit liegt der Hauptgrund, warum die Stadt die vollen Kosten nicht tragen möchte, schon auf der Hand. Bei einem kostenlosen Ticket würde der ohnehin schon angespannte Haushalt im Rathausweiter belastet werden. In einer groben Rechnung geht die Stadt von zusätzlichen Ausgaben von rund 4,24 Millionen Euro aus.
Rechnung für Kosten der Kinderpässe: 5.800 Pässe x 594 Euro = 3.445.200 Euro.
Rechnung für Kostender Karlsruher Pässe (bis 25-Jährige): 2.000 Pässe x 792 Euro = 1.584.000 Euro
"Bürokratischer Mehraufwand"
In ihrer Beispielrechnung geht die Stadt von der durchschnittlichen Anzahl beantragter Pässe in den Jahren 2015 bis 2019 aus. Nach Abzug des Bundeszuschusses "Bildung und Teilhabe" (BuT) von 790.000 Euro kommt die Stadt auf zusätzlich geschätzte Kosten von 4.239.200 Euro.

"Diese Beträge sind nicht valide, sondern lediglich Annahmen, die die Größenordnung widerspiegeln. Dies gilt insbesondere für die Steigerung hinsichtlich Attraktivitätszuwachs durch Kostenfreiheit und Änderung der Bemessungsgrundlage", so die Stadt in ihrer Beschlussvorlage. Hinzu kommt: Die Beantragung des BuT-Zuschusses würde einen enormen bürokratischen Mehraufwand für die berechtigten Personen bedeuten. Neben den zu erwartenden Kosten hätte die Maßnahme laut Stadt "weitere gravierende negative Auswirkungen."

"Mit der Einführung des kostenfreien ÖPNV wären die Pässe kein Angebot der inklusiven Teilhabegerechtigkeit mehr, sondern sie würden zu einem exklusiven Angebot nur für Passinhaber. Das bedeutet einen Imagewandel hin zu Bevorzugung oder allenfalls 'positiver Diskriminierung' und widerspricht fundamental der bisherigen Philosophie der Pässe", erklärt die Stadt.
Unterscheidung aufgrund des Alters ungerecht?
Ein weiteres Argument der Stadt: Passinhaber hätten mit dem kostenfreien ÖPNV einen hohen geldwerten Vorteil. Das würde dazu führen, dass Personen, die knapp über der Bemessungsgrenze liegen und diesen Vorteil nicht nutzen könnten und diese Tatsache als ungerecht empfänden. "Diese Ungerechtigkeitslücke lässt sich nicht schließen. Sie würde durch dieses exklusive Angebot vielmehr zu einem breiten Graben werden. Die bisherige große Akzeptanz der Pässe wird dadurch deutlich schwinden."

Bisher seien die Angebote, welche die Pässe haben, in ihren Grundzügen stimmig. Jetzt eine Einordnung nach Alter vorzunehmen, sieht die Stadt ebenfalls kritisch: "Die Angebote sind bisher für alle Passinhaber jeglichen Alters grundsätzlich gleich. Bei Umsetzung würde ein großer Teil kostenfrei und ein anderer großer Teil mit 50 Prozent Eigenbeteiligung ÖPNV fahren. Selbst bei gleich niedrigem Einkommen fährt der/die 20-Jährige kostenfrei und der/die 60-Jährige kostenpflichtig", so die Stadt und bilanziert: "Die bisherige in sich stimmige und schlüssige Angebotspalette der Karlsruher Pässe würde stark widersprüchlich verändert werden."

Außerdem befürchtet die Stadt auch negative Auswirkungen für die restlichen Bürger der Fächerstadt, sollte die Maßnahme doch umgesetzt werden. Denn die ermäßigten Tickets können nur in einem KVV-Kundenzentrum und nicht am Automaten erworben werden. Durch die kostenlose Abgabe seien erhebliche Nutzerzuwächse und auch mit mehr Verkaufsvorgängen im vierstelligen Bereich in den KVV-Kundenzentren zu rechnen.
Stadt will auf Einführung verzichten
"Dieser Zuwachs hätte zur Folge, dass es an jedem Monatsbeginn zu nicht hinnehmbaren Qualitätseinbußen für alle Kunden in den Karlsruher Kundenzentren kommt (Warteschlangen, Wartezeiten), da zum einen die räumlichen Kapazitäten begrenzt sind und zum anderen eine durchgehende dauerhafte Verstärkung der Verkaufspersonale für periodische Verkaufsspitzen wirtschaftlich nicht über den Erlös der Fahrkarten gedeckt und somit nicht darstellbar ist", meint die Verwaltung.

Aufgrund der aufgeführten Argumente und da der Aufwand für Passinhaber und Verwaltung unverhältnismäßig steigen würde, empfiehlt die Stadtverwaltung am Ende ihrer neun Seiten starken Beschlussvorlage "auf den kostenfreien ÖPNV für Passinhaber von sechs bis 25 Jahren zu verzichten."
Am Dienstag, 27 Juli, tagt der Gemeinderat ab 15.30 Uhr im Bürgersaal des Rathauses. Sobald neuen Informationen zum Thema vorliegen, wird der Artikel an dieser Stelle aktualisiert.