Um eine Brücke zwischen den Fraktionen zu schlagen und eine breite Mehrheit zu erreichen, ist die Beschlussvorlage zur Weiterentwicklung der Karlstraße am Dienstag, 19. September, kurzerhand angepasst worden. Oberbürgermeister Frank Mentrup schlägt noch während der öffentlichen Sitzung vor, die Varianten "Fußgängerzone" und "verkehrsberuhigter Bereich" erneut prüfen zu lassen.
Kompromiss schafft weitgehend Einigkeit
Der Beschluss lautet daraufhin wie folgt: "Der Gemeinderat nimmt die Evaluation zur Kenntnis und spricht sich für eine Verschiebung der oberirdischen Haltestelle Europaplatz in die Karlstraße und eine Ausweisung der Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße zur Fußgängerzone oder zu einem verkehrsberuhigten Bereich unter Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse des Reallabors aus."

Der Kompromiss schafft weitgehend Einigkeit im Gemeinderat. Auf die Abwandlung lassen sich die Karlsruher Stadträte mehrheitlich ein - mit Ausnahme von Jürgen Wenzel von den Freien Wählern | FÜR Karlsruhe, der parteilosen Stadträtin Ellen Fenrich, sowie der AfD und CDU.
Eine unmögliche Variante?
Die Weiterentwicklung der Karlstraße ist somit beschlossen, nur das Wie bleibt offen. Realistisch scheint nur eine der beiden Varianten zu sein, denn auf einen Änderungsantrag der Karlsruher FDP erwidert die Stadtverwaltung bereits vor der Sitzung am 19. September: "Ein verkehrsberuhigter Bereich kann straßenverkehrsrechtlich nicht angeordnet werden."

Warum die Variante nun dennoch in die Vorlage aufgenommen wurde, wirft Fragen auf. Haben sich die Verkehrsbedingungen in der Karlstraße seit der letzten Untersuchung massiv gewandelt? Lieferte das Reallabor keine verwertbaren Ergebnisse - oder handelt es sich um ein diplomatisches Eingeständnis, um die Abstimmung über die Bühne zu bringen?
Denn: Realistisch scheint die Errichtung eines Verkehrsberuhigten Bereichs in der Karlstraße laut Angaben der Stadt selbst nicht - wenn nicht gar unmöglich.
Haltestelle hat Priorität
"Die Ergänzung zur Fußgängerzone oder zu einem verkehrsberuhigten Bereich kann in den Beschluss integriert werden, da eine Entscheidung darüber für den Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nicht zwingend notwendig ist", erklärt die Stadtverwaltung. Letzten Endes wurden die beiden Variante in den Beschluss deshalb integriert, um mit der nächsten Planungsphase beginnen zu können.

Für diese sei eine finale Entscheidung in der Haltestellenfrage notwendig, meint der OB. Darum sei es schlussendlich in der Sitzung am 19. September gegangen. Wie es verkehrsbedingt in der Karlstraße weitergeht, könne in Zukunft entschieden werden - beide Optionen wären theoretisch weiter umsetzbar.
StVO sagt nein zu Verkehrsberuhigtem Bereich
In der Praxis scheint die Wahl bereits vorbestimmt, denn: "Nach den Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) kommt ein verkehrsberuhigter Bereich nur in Straßen in Betracht, die von sehr geringem Verkehr frequentiert werden und über eine überwiegende Aufenthaltsfunktion verfügen", erklärt die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme auf den FDP-Änderungsantrag im Vorfeld zur Abstimmung.

Diese Bedingung ist in der Karlstraße nicht gegeben. Das Verkehrsaufkommen übersteigt die zulässigen 500 Fahrzeuge pro Tag um ein Vielfaches. Laut Verkehrsuntersuchung wurde vor dem Reallabor eine Frequenz von über 4.000 Fahrzeugen täglich festgestellt, so die Stadt.

"Selbst während des Durchfahrtsverbots im Zeitraum des Reallabors sind weiterhin knapp 1.000 Fahrzeuge täglich durch die Karlstraße gefahren." Inwiefern eine erneute Untersuchung gänzlich andere Erkenntnisse liefern wird bleibt abzuwarten.
Entscheidung wohl nach Kommunalwahlen 2024
Mit der endgültigen Entscheidung für eine Variante wird sich dann wohl ein neuer Gemeinderat auseinandersetzen müssen, meint der OB. Zur Abstimmung käme es wahrscheinlich erst nach den Kommunalwahlen 2024.