Damals noch relativ beschaulich, um den neu entstandenen und noch entstehenden Verkehr zu leiten. Die Nordtangente, wie man sie heute kennt: Einst geplant als "neue europäische Ost-West-Achse" – einmal quer durch das Landschaftsschutzgebiet "Hardtwald", um die Karlsruher Innenstadt verkehrlich zu entlasten – so bringen es die Kritiker der Trasse seit vielen Jahren auf den Punkt.

Der geplante Verlauf

Die komplette Trasse sollte ursprünglich südlich der Stadtteile Hagsfeld, Waldstadt und Neureut verlaufen und nördlich- daher der Name Nordtangente - des Stadtzentrums den Hardtwald durchqueren. Mit den Autobahnen A5 und A8, einer ausgebauten B10 und einer zweiten Rheinbrücke sollte so eine Großverkehr-taugliche neue Ost-West-Achse von europäischer Bedeutung entstehen, die den internationalen Verkehrsknoten rund um die Fächerstadt massiv entlasten und entzerren sollte.

Soweit die Utopie, wie man sie Ende der 1970er Jahre zu Ende plante. Auf den Stadtplänen zwischen 1960 und 1990 wurde die Trasse bereits voller Optimismus immer wieder als "geplant" eingezeichnet. Der Gemeinderat beschloss Ende Oktober 1979 die Nordtangente mit dem so genannten "Hardtwald-Durchstich", schon damals wurden dagegen rund 38.000 Unterschriften gesammelt, ein Bürgerbegehren wurde jedoch - unter großem Erstaunen der Öffentlichkeit und Kritik der Tagenten-Gegner" nicht zugelassen.

Angehörige der Gruppe mit den Initiatoren Arno Stengel (rechts) und Kurt Bickel (3.v.r.) im Karlsruher Rathaus bei Übergabe der ...
Angehörige der Gruppe mit den Initiatoren Arno Stengel (rechts) und Kurt Bickel (3.v.r.) im Karlsruher Rathaus bei Übergabe der Unterschriften Aktion "Bürgerentscheid Nordtangente". 5. Dezember 1979) | Bild: Stadtarchiv Karlsruhe A38/196/4/15

1980 hob ein neuer Gemeinderat dennoch zunächst die Entscheidung aufgrund der massiven Bürgerproteste auf, die Durchschneidung des Hardtwaldes wurde umgangen, eine so genannte "Hängebauchlösung" über die Theodor-Heuss-Allee, den Adenauerring und die Linkenheimer Landstraße beschlossen, mit dem Bau wurde jedoch nie begonnen. Lediglich ein erster Abschnitt der Utopie "Nordtangente" konnte in den 1990er Jahre realisiert werden: Vom Elfmorgenbruch im Westen bis Grötzinger Straße im Osten mit dem neuen Autobahnabschnitt Karlsruhe-Nord.

Nach Jahrzehnten wird das Projekt gekippt

In den 2000ern scheint nun endgültig das Aus für die einst ambitionierten Planungen gekommen: Das Landesverkehrsministerium hatte die Nordtangente nicht mehr für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet. In der Anmeldeliste enthalten ist nur die geplante zweite Rheinbrücke mit Anbindung an die B36. Dementsprechend war die Nordtangente auch im 2016 beschlossenen Bundesverkehrswegeplan 2030 nicht mehr enthalten – ganz im Gegensatz zur zweiten Rheinbrücke mit Anbindung an die B36.

Aktionsbündnis "Für ein lebenswertes Karlsruhe - ohne Nordtangente", Demonstration, Gegner Nordtangente, Hardtwald
Aktionsbündnis "Für ein lebenswertes Karlsruhe - ohne Nordtangente", Demonstration, Gegner Nordtangente, Hardtwald | Bild: dab, ka-news, pr

Ende 2017 hat dann auch die Stadt Karlsruhe beim Regionalverband beantragt, die Nordtangenten-Trasse aus dem Regionalplan zu streichen. Konkret sind damit nach dem endgültigen Beschluss künftig nur noch die westlichen Trassenabschnitte, die für den Bau der zweiten Rheinbrücke und deren Anbindung an die B36 nötig sein, im Regionalplan enthalten. Nicht mehr enthalten im Regionalplan sind dann die Freihaltetrasse für eine Parallelbrücke zur aktuellen Rheinbrücke, jene für die Nordtangente-West - zwischen B36 und L605 - und die für den "Hardtwalddurchstich".

Die Zukunft für die Autofahrer im Norden?

Unter anderem hier im Hardtwald sind viele Kiefern durch die extreme Trockenheit abgestorben.
Unter anderem hier im Hardtwald sind viele Kiefern durch die extreme Trockenheit abgestorben. | Bild: ka-news

Erst im Mai hat der Planungsausschuss des Regionalverbandes entschieden, eine Empfehlung an die Verbandsversammlung zu geben, man solle bei der Aktualisierung des Regionalplans die Freihaltetrasse für eine Nordtangente größtenteils entfallen lassen. Verbleiben soll lediglich die für eine zweite Rheinbrücke benötigte Querspange zur  B36. Die Verbandsversammlung ist die Instanz, die letztlich über die Fortschreibung entscheiden wird.

Nordtangente
Nordtangente | Bild: Archiv/ka-news

Grün statt Bauraum: Der Planungsausschuss im Regionalverband hat aber auch bereits signalisiert, dass durch eine Herausnahme der Freihaltetrassen aus dem Regionalplan diese Flächen nicht automatisch für Siedlungserweiterungen im großen Stil zur Verfügung stünden. Es seien in erster Linie regionalplanerische Freiraumfestlegungen zu berücksichtigen, darunter so genannte Grünzäsuren, die im aktuellen Regionalplan von den Freihaltetrassen für Verkehrswege überlagert werden. Dies passt dann auch in das räumliche Leitbild der Stadt Karlsruhe, das an dieser Stelle ebenfalls eine durchgehende grüne Verbindung vorsieht.

Nordtangente
Nordtangente | Bild: ka-news

Ortsumfahrung statt Nordtangente im Fokus

Eine Ortsumfahrung für Hagsfeld wird im Gegensatz zur Nordtangente wohl umgesetzt: Wie genau die aussehen könnte, steht aber noch in den Sternen: Lärmschutz, Querung einer Bahnstrecke und der exakte Verlauf sind noch nicht klar – derzeit läuft ein Scoping-Verfahren, das der Stadt weitere Erkenntnisse zu diesen Themen bringen soll. Fest steht, Hagsfeld soll verkehrlich entlastet werden, der Technologiepark Karlsruhe möglichst an eine Umfahrung direkt angebunden sein, weiterhin möchte man keine vierspurige Trasse.

Eine Variante zwischen Elfmorgenbruch- und Haid-und-Neu-Straße könnte die wahrscheinlichste Lösung sein – die Bahntrasse könnte mit Hilfe einer Brücke oder einer Unterführung gequert werden. Gemeinhin ist die Brücke zwar preisgünstiger, eine Unterführung wird jedoch bisher mehrheitich bevorzugt, da diese weniger Einfluss auf das Landschaftsbild hätte.

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