Sie schütten Lebensmittel über Kunstwerke oder legen den Verkehr lahm, indem sie sich auf Straßen festkleben: Die Aktivsten der Letzten Generation sorgen mit ihren Protestaktionen immer wieder für Aufsehen.
So auch am Mittwochmittag, 22. März, als die Klima-Aktivsten für etwa eine halbe Stunde die Kreuzung an der Ettlinger Straße/Kriegsstraße in Karlsruhe blockierten, indem sie sich auf die Fahrbahn klebten. Eine Aktion, die von vielen Seiten als kritisch betrachtet wird.
CDU: Aktion "einfach eine Spur too much"
"Natürlich muss auf die Klimakrise aufmerksam gemacht werden, aber nicht so, das geht gar nicht", sagt etwa CDU-Fraktionsvorsitzender Detlef Hoffmann im Gespräch mit ka-news.de. Er könne verstehen, dass es einigen Aktivsten im Kampf gegen den Klimawandel zu langsam gehe, doch seien derartige Aktionen "einfach eine Spur too much". "Mir gehen auch manche Projekte im Rathaus zu langsam, deshalb klebe ich mich aber nicht auf den Marktplatz", so Hoffmann.

Seiner Ansicht nach stelle die Aktion gar eine Nötigung gegenüber dem Rest der Bevölkerung dar. "Die Menschen werden dadurch gezwungen, zu spät zur Arbeit zu kommen, das kann nicht sein", so Hoffmann. Für ihn sei entscheidend, dass gemeinsam gehandelt wird und niemand durch irgendwelche Protestaktionen Nachteile oder negative Konsequenzen davonzutragen habe.
Grüne: Es muss endlich genug für den Klimaschutz unternommen werden
Ähnlich sieht das auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen Aljoscha Löffler: "Ich würde mich freuen, wenn es derartige Aktionen des zivilen Ungehorsams nicht bräuchte, um auf die Gefahr der Klimakrise und Notwendigkeit eines entschlossenen Handelns aufmerksam zu machen. Die Realität ist aber, dass auf allen Ebenen viel zu wenig unternommen wird."

So sei etwa die Mobilitätswende in Karlsruhe derzeit noch viel zu zaghaft und ein entschlosseneres Handeln für den Klimaschutz und die Anpassung an die Klimakrise notwendig.
Konkret im Bezug auf die letzte Generation, sagt Löffler: "Die Aktivisten sind sich der möglichen rechtlichen Konsequenzen von Blockadeaktionen bewusst und verstecken sich nicht vor diesen. Das ist Kern des zivilen Ungehorsams. Erschreckend finde ich aber die teilweise gewaltsamen Handlungen, die manche Menschen gegen die demonstrierenden Aktivisten an Tag legen, wenn sie diese von der Straße zerren. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat und damit ist die Polizei befugt, Demonstrationen oder Blockaden aufzulösen."
Zoe Mayer: "Die Klimakrise macht Angst"
Allgemein wünsche sich Löffler, dass die Politik auf allen Ebenen "endlich genug für den Klimaschutz unternimmt", sodass das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten sei.
Auch seine Partei-Kollegin und Bundestagsabgeordnete Zoe Mayer sagt: "Die Klimakrise macht Angst; auch mir als junge Bundestagsabgeordnete. Die Prognosen des neusten IPCC-Berichts sind alarmierend. Ich verstehe alle, die deshalb sorgenvoll und verzweifelt in die Zukunft blicken, Aufmerksamkeit generieren möchten und protestieren."

Es sei allerdings nicht ihre Aufgabe zu bewerten, welche Form von Protest ihr dabei besonders gefalle. "Mir ist nur wichtig, dass Protest immer sicher und friedlich für alle Beteiligten abläuft." Für sie persönlich und ihre Arbeit als Bundestagsabgeordnete sei ihr dabei das miteinander reden wichtig. "Ich bin ansprechbar für alle Bürger in Karlsruhe und biete gerne einen Austausch an", so Mayer.
SPD: Klebeaktion ähnelt einer Erpressung
"Sicherlich versuchen die Beteiligten mit ihrem Engagement die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema zu lenken", sagt auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Yvette Melchien im Gespräch mit ka-news.de. Jedoch befürworte die SPD Fraktion einen demokratischen Diskurs.

"Das Agieren mit den sogenannten Klebeaktionen ähnelt nach unseren Einschätzungen einer Erpressung, was wir nicht für den richtigen Weg halten", so Melchin. "Als Karlsruher Kommunalpolitik haben wir mit der Verhängung des Klimanotstandes früh ein Zeichen dafür gesetzt, dass wir den Ernst der Lage verstanden haben", so Melchin weiter.
So sei mit dem Klimaschutzkonzept unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit ein Maßnahmenpaket geschnürt worden, welches den Weg zu einer klimaneutralen Stadt klar vorgebe. "Auch in schwierigen Haushaltsjahren stecken wir viele finanzielle Ressourcen in die Umsetzung des Konzeptes. Für uns ist dieser demokratisch begangene Weg der richtige und auch der einzige, der die gesamte Öffentlichkeit mitnimmt", sagt Melchin.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann lehnt Protestaktionen ab
Auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), hatte bereits während einer Landespressekonferenz Ende Februar die Klebe-Proteste der "Letzten Generation" abgelehnt.

Die Aktivisten würden mit ihren Aktionen Gefahr laufen, dass der Kampf gegen den Klimawandel an Akzeptanz in der Bevölkerung verliere. "Wenn die Mittel das Ziel diskreditieren, dann sind es offensichtlich nicht die richtigen Mittel", sagte der Ministerpräsident.
Wie der SWR seinerzeit berichtete, würde der Grünen-Politiker aber das Ziel beschleunigt gegen den Klimawandel zu kämpfen mit den Aktivisten teilen.
BUND: Unterstützt Straßenblockaden nicht
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Karlsruhe distanziert sich von derartigen Protestaktionen: "Der BUND ruft nicht zur Blockade von Straßen auf und unterstützt dies auch nicht aktiv", teilt Regionalgeschäftsführer des BUND in Karlsruhe, Hartmut Weinrebe auf Anfrage von ka-news.de mit.

Dennoch lehne der BUND eine Kriminalisierung dieses Protestes ab: "Zivilen Ungehorsam begrifflich zum Terrorismus zu stellen, wie dies manche Akteure versuchen, ist absurd. Andererseits können Straßenblockaden auch zu einer Polarisierung innerhalb der Bevölkerung führen", so Weinrebe. Um der Klimakrise wirksame Maßnahmen entgegenzusetzen, brauche es ein breites Bündnis aus Politik und Bevölkerung.
Klimabündnis: Hält Aktionen des zivilen Ungehorsams für angemessen
"Das Klimabündnis hat bereits in einer Erklärung von Ende Februar deutlich gemacht, dass es Aktionen des zivilen Ungehorsams in der heutigen Situation für angemessen hält", teilt der Sprecher des Klimabündnis Karlsruhe, Ingo Laubenthal auf Anfrage der Redaktion mit. So hätten Proteste in Form von Demonstrationen und Petitionen in den letzten Jahren nicht dazu geführt, dass die Regierung eine verantwortliche Klimapolitik eingeschlagen habe.

Es lege daher nun in der Natur der Sache, dass derartige Protestaktionen wie das Festkleben auf Straßen der Gesellschaft "Unannehmlichkeiten" zumuten würden. "Andernfalls würden sie ebenso wirkungslos verpuffen wie bisherige Proteste", so Laubenthal. "In diesem Sinn hält das Klimabündnis auch die Aktionen der Gruppe Letzte Generation grundsätzlich für gerechtfertigt. Zu den einzelnen, sehr unterschiedlichen Aktionsformen dieser Gruppe gibt es im Klimabündnis, dem über 75 Organisationen angehören, aber sicherlich differenzierte Meinungen", so Laubenthal weiter.
Fridays for Future solidarisiert sich mit Letzter Generation
Auch die PR-Beraterin der Klimaschutzorganisation Fridays for Future Karlsruhe, Paula Kanzleiter sagt: "Wir unterstützen die Klimaschutzforderungen der Letzten Generation und stehen solidarisch mit ihr." Im Bezug auf die Straßenblockaden möchte sie allerdings kein Statement abgeben.

Der Kampf für Klimagerechtigkeit würde von vielen Bewegungen geführt, die alle wichtig für ein breites gesellschaftliches Bild seien. So seien in den letzten Monaten immer mehr Gruppen zu sehen, die sich in Karlsruhe für die Verkehrswende einsetzen.
"Was diese Aktion zeigt, ist: Es ist Zeit, dass sich in der Politik was tut. Die Klimabewegung wird nicht akzeptieren, dass die Krise ignoriert wird", so Kanzleiter.
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