Jeder Verkehrsverbund hat seine eigenen Angebote und Preise. Und dann gibt es da noch die Tarife der Deutschen Bahn. Fahrgäste stehen manchmal ratlos vor dem Fahrkartenautomaten: Welches Ticket brauche ich, und was ist der günstigste Tarif?
Besonders kniffelig wird es, wenn man von einem Verkehrsverbund in einen anderen fahren möchte. Das geschieht beispielsweise, wenn man von Heidelberg nach Karlsruhe reisen will. Denn hier - etwa auf halber Strecke - liegt das beschauliche Bad Schönborn. Pendlern eher bekannt als Grenzdorf zwischen zwei Verbundzonen.
Gleiche Strecke, gleiche Bahn - aber viel teurer
Denn hier beginnt das Gebiet des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV). Für Besitzer eines Verbundtickets des Verkehrsverbunds Rhein Neckar (VRN) heißt es: Endstation. Passagiere brauchen ein Anschlussticket ab Bad Schönborn Süd, um legal von Heidelberg nach Karlsruhe zu gelangen. Genau das wollte am vergangenen Wochenende auch ein ka-Reporter. Der Leser hat eine Monatskarte für den VRN. Das heißt, er darf damit bis Bad Schönborn fahren. Ab hier braucht er ein weiteres Ticket bis Karlsruhe - soweit so gut.
Am Fahrkartenautomat im Heidelberger Hauptbahnhof kauft er daher eine Fahrkarte zur Weiterfahrt von Bad Schönborn Süd bis zum Karlsruher Hauptbahnhof. Dieses Ticket gilt nur in Verbindung mit einer Zeitkarte. Kosten: 7,70 Euro. Für die Rückfahrt löst der ka-Reporter am Karlsruher Hauptbahnhof schließlich eine Fahrkarte bis Bad Schönborn Süd. Doch hier kostet diese nur 4,30 Euro. Der Leser wird stutzig: Warum kostet die Karte für die gleiche Strecke mit dem gleichen Verkehrsmittel in Heidelberg mit 3,40 Euro fast 80 Prozent mehr? Und warum wird das günstigere Ticket nicht auch in Heidelberg angeboten?
Nur DB-Tickets gültig
Auf ka-news Anfrage erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn (DB): "An den DB-Fahrkartenautomaten werden nur Tickets des Verkehrsverbundes angeboten, in dem auch der Automat steht." Das sei im Interesse der einzelnen Verbünde, denn diese wollten ihre eigenen Tickets verkaufen. Das heißt: Automaten im VRN-Gebiet bieten keine KVV-Tickets an und umgekehrt.
Für Fahrten über die Verbundgrenze hinweg müsse der Fahrgast ein DB-Ticket lösen, welches an den Automaten auch angeboten werde. Und dieses Ticket kostet eben 7,70 Euro. Aber warum ist dieses Ticket so viel teurer? "Das Verbundticket ist günstiger, weil die Verbünde anders bezuschusst werden. Sie können dadurch die Tickets billiger anbieten als ein einzelnes Verkehrsunternehmen wie die Deutsche Bahn", erklärt der DB-Sprecher. Die DB-Tickets seien in ganz Deutschland gleich teuer, denn sie würden nach Entfernung per Kilometer berechnet. So koste eine vergleichbare Fahrt von der Entfernung Bad Schönborn - Karlsruhe beispielsweise in Niedersachsen etwa genau so viel, so die Bahn.
DB-Sprecher: "Das ist nicht legal"
Doch jetzt wird es merkwürdig: In den Wagen der S-Bahn Rhein Neckar stehen auch Automaten. Und an diesen kann man das günstigere KVV-Ticket erwerben - auch wenn sich die Bahn im fremden Verbund befindet. Fahrgäste, die also dieses Anschlussticket in der Bahn statt am Bahnhof kaufen, können richtig Geld sparen? "Stopp!", sagt die Deutsche Bahn. Das sei so nicht vorgesehen. Denn es sei nicht erlaubt, sich für eine durchgehende DB-Strecke, die mehrere Verbünde durchkreuzt, die Fahrkarte aus mehreren Verbundtickets "zusammenzustückeln".
Die VRN-Monatskarte in Kombination mit dem günstigeren KVV-Ticket sei daher "tariflich juristisch nicht korrekt", so der Bahnsprecher. Das einzige richtige Ticket sei die "Fahrkarte zur Weiterfahrt der DB" für 7,70 Euro. Alles andere sei "nicht legal". Man wäre also trotz des in der Bahn angebotenen und gekauften Tickets ein Schwarzfahrer.
Pro Bahn kritisiert kompliziertes Tarifsystem
Warum wird dieses Ticket dann überhaupt angeboten? "Die Automaten in den Wagen der S-Bahn Rhein Neckar sind nur dann zu benutzen, wenn es beispielsweise wegen einer Störung an den Automaten am Abfahrtsbahnhof nicht möglich ist eine Fahrkarte zu kaufen", so der DB-Sprecher. Sonst gilt: Nur mit gültiger Fahrkarte den Zug besteigen. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit Tickets des anderen Verbundes direkt in der Bahn zu kaufen, nur für Fahrgäste die beispielsweise in Bruchsal einsteigen und nach Karlsruhe fahren, sich also nur innerhalb des KVV bewegen.
Gerhard Stolz vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert das komplizierte Tarifsystem und die "Behördenmentalität" der Deutschen Bahn. Der Verband fordere schon lange, dass an den DB-Automaten auch die Fahrkarten der angrenzenden Verbünde angeboten und auch für die Fahrten anerkannt werden, sagt er im ka-news-Gespräch. Mit dieser Forderung stoße der Verband bei der Bahn aber auf "taube Ohren". "Die Bahn hat kein Interesse daran. Sie will ihre eigenen DB-Karten verkaufen. Denn damit verdient sie Geld", so Stolz.
Siehe auch:
Kommentar: Verkehrsverbünde, vereinigt Euch!
ka-Reporter: Pendeln von Karlsruhe nach Stuttgart - warum so teuer?
KVV belohnt Vielfahrer: Endlich kommt das VRN-Anschlussticket
KVV stößt an die Grenze: Endstation Bad Schönborn Süd