"Das ist kein Dauerzustand", kommentiert Anwohner Andreas Tischer das Verkehrsaufkommen in Hagsfeld, "wir ertragen das schon lange genug, das ist nicht mehr lebenswert." Schleichend hat sich die Anzahl der Autos über die Jahre vermehrt - bis zu den Hauptverkehrszeiten morgens und abends stundenlang Stoßstange an Stoßstange angesagt ist. Ein Überqueren der Straße - unmöglich.
"Schleichweg Hagsfeld"
Die Zunahme am Verkehr kam mit dem Autobahnanschluss Karlsruhe-Nord, erzählt Tischer. Obwohl es keine offizielle Ausschilderung gibt, nutzen viele Pendler den "Schleichweg" durch die 30er-Zone - den Hagsfelder Ortskern.

"Einen weiteren Zuwachs hat es mit dem Start der Baustellen zwischen Karlsruhe und Bruchsal gegeben. Viele weichen über Hagsfeld aus", sagt Tischer, "und mit jedem Unfall auf der A5 zwischen Karlsruhe und Bruchsal ist hier das Verkehrschaos komplett."
Anwohner kämpfen für Südumfahrung
Zusammen mit vielen weiteren Unterstützern kämpfte Tischer in den vergangenen Monaten für die Verkehrsumfahrung. Das Ergebnis: Eine Petition mit 1.500 Unterschriften, welche Ende Juni dem Oberbürgermeister Frank Mentrup übergeben wurde. Am Tag darauf stand das Projekt zur Abstimmung auf der Tagesordnung des Karlsruher Gemeinderats.

Dieser stimmte der Verkehrsmaßnahme zu: Mit 27 Ja- gegen 20 Nein-Stimmen wurde der Bau bewilligt. Bei den Befürwortern ist man erleichtert: "Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, um die Entscheidung zu realisieren und dass sie auch wirklich ein Ja zur Umfahrung bedeutet", so Tischer im Gespräch mit ka-news.de.
ÖPNV und Radwege sind keine Lösung
Im Vorfeld der Entscheidung demonstrierten viele junge Klimaaktivisten gegen die neue Straße - und auch im Stadtteil Rintheim äußerte man sich gegen die geplante Umfahrung. Was sagen die lärmgeplagten Anwohner den Gegenparteien?
"Fakt ist: Der Verbrennungsmotor ist noch nicht abgeschafft - er wird noch gebaut und noch genutzt. Und auch die Alternativen wie Fahrrad, Erdgas-, Autogas- oder Wasserstoffautos benötigen eine Straße zum Fahren", so Tischer.

Grundsätzlich befürworten die Anwohner den Ausbau von ÖPNV und Radwegen - eine Lösung für ihr Verkehrsproblem sei das aber nicht. "Der Hauptteil des Verkehrs sind Pendler, keine lokalen Autos - die steigen nicht auf andere Verkehrsmittel um."
Unterführung statt Brücke
Tischer bezweifelt, dass die neue Straße mehr Verkehr für Rintheim bedeutet: Der Großteil der Autos fährt derzeit durch Hagsfeld - denn: "Rintheim hat alle Schleichwege bereits geschlossen." Mit der neuen Straße soll auch Rintheim - mit dem Ostring - entlastet werden. Für Hagsfeld würde die neue Straße mindestens 3.000 Fahrzeuge weniger bedeuten, sind sich die Befürworter sicher.

Die Stadträte haben sich für die Trogvariante entschlossen: Die neue Straße, welche die Elfmorgenbruchstraße mit der Haid-und-Neu-Straße verbinden soll, wird unter den Bahngleisen durchgeführt. Die Alternative wäre eine Brücke über die Gleise gewesen. Diese ist noch nicht ganz vom Tisch: Gibt es etwa umweltrechtliche Komplikationen, ist die Brücke immer noch eine Alternative.
Nur die Südumfahrung alleine wird den Hagsfeldern keine Erleichterung bringen, ist sich der Anwohner sicher: "Es muss eine Kombination aus verkehrsberuhigenden Maßnahmen sein. Der Stadtteil muss für den Durchfahrtsverkehr unattraktiv werden." Ein Vorbild könnte Wolfartsweier sein: Hier sorgen ein Tempolimit von 20 km/h und Blitzer für weniger Verkehr.

Wie es sein könnte: Das zeigte im März und April die Auswirkungen von Covid-19: "Es war deutlich weniger Verkehr: Man konnte problemlos aus dem eigenen Hof ausfahren und die Straße überqueren", erzählt Tischer.

Etwas ausharren müssen die Hagsfelder noch - einige Jahre. "Die Entscheidung heißt nicht, dass sofort die Bagger rollen", so Tischer. Man rechnet damit, dass die Umsetzung des Projekts noch rund fünf Jahre dauern wird - aber: "Man ist einen Schritt weiter. Das Thema ist nicht abgehakt, wir werden es natürlich weiter verfolgen. Sollte das Projekt ins Stocken geraten, werden wir uns auch wieder aktiv zu Wort melden."
Wie geht es weiter?
Jetzt werden alle erforderlichen Unterlagen für das offizielle Planfeststellungsverfahren erarbeitet und beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingereicht.
Ein Planfeststellungsverfahren ist ein besonderes, streng formalisiertes Genehmigungsverfahren über die Zulässigkeit beispielsweise einer Straßenbaumaßnahme. Das Verfahren beinhaltet ein gesondertes Anhörungsverfahren und dient der Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange und ist Voraussetzung für die Genehmigung der Maßnahme.
Auch Träger öffentlicher Belange sowie Umweltverbände werden angehört. Dadurch wird die durch den Gemeinderat beschlossene Variante näher auf Themen wie Verkehr, Umwelt, Lärmschutz und Kosten untersucht. Ist danach der Planfeststellungsbeschluss gefasst worden, steht dem Bauprojekt faktisch nichts mehr im Wege. Mitte 2019 hieß es aus dem Rathaus: Ein Baubeginn ist frühestens in fünf Jahren denkbar.
