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"Sie ist allgegenwärtig": Woher kommt Karlsruhes Jugendkriminalität - was kann getan werden?

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Allgegenwärtig? Woher kommt Karlsruhes Jugendkriminalität - und was kann getan werden?

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    Kriminalität als Begleiterscheinungen vom Erwachsenwerden ist keine Seltenheit. Das Austesten von Rollen und Grenzen gehört zur Identitätsfindung dazu - und gerät manchmal außer Kontrolle.
    Kriminalität als Begleiterscheinungen vom Erwachsenwerden ist keine Seltenheit. Das Austesten von Rollen und Grenzen gehört zur Identitätsfindung dazu - und gerät manchmal außer Kontrolle. Foto: Pixabay

    Im Vergleich zum Vorjahr geht aus der Kriminalstatistik 2022 für den Zuständigkeitsbereich des Karlsruher Polizeipräsidiums hervor: "Bei den Tatverdächtigen unter 21 Jahren ist ein Anstieg von 16,4 Prozent auf 4.056 (2021: 3.485) zu verzeichnen."

    Besonders deutlich zeige sich der Zuwachs an jungen Tatverdächtigen in der Altersgruppe bis 14 Jahre. "Hier stieg 2022 die Zahl der Tatverdächtigen um 29,3 Prozent auf insgesamt 587 (2021: 454)", erklärt die Polizei.

    Das sind nur die bekannten Fälle!

    Was steckt hinter den harten Fakten und wie lässt sich der rasante Anstieg erklären? Um diese Fragen zu beantworten hat ka-news.de bei der Polizei Karlsruhe nachgehakt.

    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Thomas Riedel

    Als Erstes sei anzumerken, dass sich diese Schlussfolgerung aus der Kriminalstatistik lediglich auf das "Hellfeld der Kriminalität" sowie auf einen zeitlich sehr begrenzten Betrachtungsraum von einem Berichtsjahr bezieht, erklärt die Polizei.

    Jugendtypische Delikte

    Fest steht jedoch: "Im Jahr 2022 fand der Anstieg der Fallzahlen bei der Jugendkriminalität signifikant deutlich in den jugendtypischen Deliktsbereichen Ladendiebstahl, Sachbeschädigung und Körperverletzung statt."

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    (Symbolbild) Foto: industrieblick / fotolia.com

    Aus den typischen Tatbeständen ergeben sich auch die besonders häufig aufgesuchten Tatorte: Geschäfte (Ladendiebstähle) und der öffentlicher Raum (Fahrraddiebstähle, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen), so die Polizei.

    Innenstadt wirkt magnetisch

    Körperliche Auseinandersetzungen werden in der Regel da ausgetragen, wo sich die entsprechenden Personen treffen und regelmäßig aufhalten. "Dies ist oftmals in der Innenstadt Karlsruhe, am Marktplatz und den entsprechenden Haltestellen (U-Strab) sowie im Schlossgarten", erklären die Beamten.

    Die Karlsruher Polizei vor dem Schloss (Symbolbild).
    Die Karlsruher Polizei vor dem Schloss (Symbolbild). Foto: Thomas Riedel

    Allerdings käme es auch bei besonderen Veranstaltungen wie der Messe Karlsruhe auf dem Messplatz regelmäßig zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Minderjährigen. Ein Blick auf die Haupttatorte von Jugendkriminalitätsdelikten erlaubt einen Erklärungsversuch für deren Zunahme im vergangenen Jahr.

    Fälle häufen sich: Warum?

    Als naheliegende Korrelation könne der Zusammenhang mit der Zunahme des öffentlichen Lebens nach den pandemiebedingten Einschränkungen vermutet werden, erklärt die Polizei Karlsruhe. "Ein Anstieg kann sich grundsätzlich auch durch entsprechende Gesetzesänderungen / neu hinzugekommene Straftatbestände ergeben."

    Endlich Ferien! Kinder und Jugendliche brauchen mal eine Pause, sowohl vom Schulalltag als auch vom Lernen.
    Endlich Ferien! Kinder und Jugendliche brauchen mal eine Pause, sowohl vom Schulalltag als auch vom Lernen. Foto: Ronny Hartmann/dpa-tmn

    Innerhalb aller Altersgruppen unter 21 Jahren zeigt sich - laut Kriminalstatistik - vor allem ein hoher Anteil an Tatverdächtigen aus der Altersgruppe der "Jugendlichen" (14-17 Jahre). Diese Verteilung zwischen jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen stellte sich in der jüngeren Vergangenheit durchaus anders dar, wie die Polizei Karlsruhe anmerkt.

    Was macht Jugendliche anfällig?

    Was gerade diese Tätergruppe besonders anfällig für kriminelle Machenschaften macht, habe vielerlei Gründe, erklären die Beamten. In Stichpunkten skizzieren die Experten die entscheidenden Themenfelder wie folgt:

    • Kriminalität als Begleiterscheinungen von Adoleszenz/Erwachsenwerden:  Die darin betroffenen Bereiche seien beispielsweise Identitätsbildung, das Austesten von Rollen und Grenzen, Normkonflikte sowie die Abgrenzung und Integration in "peergroups".
    • Problembehaftete Anlagefaktoren, Sozialisations- und Bildungsdefizite
    Gegen die Tatverdächtigen aus Leopoldshafen wird aktuell noch ermittelt (Symbolbild).
    Gegen die Tatverdächtigen aus Leopoldshafen wird aktuell noch ermittelt (Symbolbild). Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa

    Jugendkriminalität werde im Übrigen regelmäßig mit den folgenden Begleitumständen in Zusammenhang gebracht:

    • Sie ist allgegenwärtig und damit "normaler" Bestandteil einer Gesellschaft, meint die Polizei.
    • Sie ist in ihrer Intensität von überwiegend einfachen Straftaten geprägt: Darunter fallen Diebstähle, einfache Körperverletzungen und Straftaten aus Gruppen.
    • Sie ist episodenhaft: Das bedeutet, dass sie sich im Jugendalter konzentriert und mit dem fortschreitenden Prozess des Erwachsenwerdens regelmäßig zurückgeht (Spontanremission).

    Jugendkriminalität ist normal, aber ...

    Weshalb und wo es tendenziell zu Zeugnissen von Jugendkriminalität kommt, ist den Behörden größtenteils bekannt. Um das Problem in den Griff zu bekommen, gibt es deshalb gezielte Maßnahmen, denen sich Staatsanwaltschaft, Polizei und Stadt Karlsruhe gemeinsam annehmen.

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    Foto: Theresa Thiem

    Im April 2021 haben alle drei Beteiligten gemeinsam das Haus des Jugendrechts eingerichtet. "Die Einrichtung dieser Kooperationsgemeinschaft mit den beteiligten Institutionen soll in Ausrichtung am Erziehungsgedanken insbesondere folgende Ziele erreichen", erklärt die Polizei: 

    • Entwicklung von institutionenübergreifenden, zielführenden Handlungsstrategien im Umgang mit der Jugendkriminalität 
    • Verbesserung des Informationsflusses, um die Netzwerkkultur unter den mit Jugendsachen befassten Organisationen auszubauen
    • Verbesserung der interdisziplinären Verfahrensabläufe mit dem Ziel, zeitnah und angemessen auf delinquentes Verhalten reagieren und eine Verkürzung der Verfahrensdauer erreichen zu können 
    • Vermittlung von sozialpädagogischen Angeboten sowie Leistungen der Jugendhilfe zur Resozialisierung bzw. Wiedereingliederung von straffälligen Jugendlichen in Schule oder Berufsleben
    • Stärkung der Opferbelange
    • Entwicklung abgestimmter Präventions- und Interventionskonzepte

    Weitere Informationen findet ihr auf der entsprechenden Internetseite unter: hdjr-karlsruhe.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite

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