"Wir hatten so viele Anmeldungen, dass wir spontan zwei Gruppen bilden mussten", sagt Repple. Und tatsächlich, das Schaufenster Karlsruhe ist zu Beginn der Führung gut gefüllt – dann geht es los. Nächster Halt: Marktplatz.
"Die Straße gehört jetzt uns!"
"Jetzt laufen wir mal mitten auf der Straße", meint Repple, "die gehört ja jetzt uns." Ohne kreuzenden Verkehr marschiert die Truppe in Richtung Pyramide, das war jedoch nicht immer so. Die Stadtführerin erinnert die Besucher an die Zeit vor der Kombilösung.

"In dieser Zeit war die Kaiserstraße auch als der längste Bahnhof der Welt bekannt – eine Wand aus Bahnen", scherzt Repple. Das wurde den Karlsruhern allerdings zu viel. "Nach 12 Jahren Baustelle und einigem Hin und Her wurde die Kombilösung schließlich fertiggestellt", erklärt die Stadtführerin.
Neue Pläne stoßen auf alte Hindernisse
Obwohl die Kaiserstraße bereits in 9 Monaten völlig durchbohrt gewesen war, erwarteten die Bauherren eine Vielzahl von Herausforderungen, sagt Repple. "Der Tunnelbohrer legte bis zu 32 Meter am Tag zurück – allerdings nur geradeaus." Für Die Kurven mussten also "wahre Bergleute" ran.

Ein weiteres Hindernis war der Stadtgründer von Karlsruhe höchstselbst. "Unter der Pyramide ist das Grab von Karl Wilhelm, das wollte man natürlich nicht beschädigen", erklärt die Stadtführerin. Das sei unter anderem auch ein Grund dafür, weshalb die Fahrstühle nicht direkt zu den Gleisen führen.

"Wenn man genau darauf achtet, sieht man, dass die Fahrstühle versetzt sind – weswegen man umsteigen muss", so Repple. So werde das Grabmal geschickt umschifft und an anderen Stellen ein passender Einstieg gewährleistet.
"Das Wasser steht uns bis zum Hals"
Die Tunnelanlage der Kombilösung konkurriert an manchen Stellen mit Europas zweitgrößter Kanalisation. "Der Landgraben steht in seiner Größe nur hinter den Pariser Abwasserkanälen zurück", erklärt Repple. Diese enorme Anlage sei während den Arbeiten zusätzlich verstärkt und mit Erschütterungssensoren ausgestattet worden.

"Diese sorgen dafür, dass die Kanalisation geschützt wird und wir nicht plötzlich im Wasser stehen", sagt die Veranstalterin. Das sei unter anderem besonders wichtig, weil man sich auf der Höhe des Grundwassers befindet. "Nur fünf Meter unter der Oberfläche beginnt hier schon der Grundwasserspiegel - das Wasser steht uns also bis zum Hals", erklärt Repple, da könne man nur hoffen, dass die Wände heben.
Bunte Lichter, kalte Hintern
Bisher tun sie das tadellos und weisen eine weitere beeindruckende Eigenschaft auf: "Die Betonwände sind hydrophob beschichtet und somit abweisend für Spraydosen", meint die Stadtführerin. "Und manche Wände sind gar nicht aus Beton, sondern nur so angemalt – dahinter befinden sich Leitungen."

Die Stromleitungen fließen direkt in die Beleuchtung. Das aufwändige Lichtgespinst sei etwa kein Baustellenlicht, sondern ein ausgeklügelter Lichtplan, erklärt die Expertin. "Ein Drittel der Lampen leuchten dabei nach oben, der Rest nach unten." Und dazwischen erheitern bunte Spots das Gemüt der Fahrgäste.

So vergeht die Wartezeit vielleicht etwas schneller, denn gemütlich ist diese nicht. "Die kleinen Bänke sind aus Stein und sollen für einen kalten Popo sorgen – so möchte man nicht dauerhaft auf ihnen verweilen", sagt die Stadtführerin. Dennoch könnten die Haltestellen mehr Sitzmöglichkeiten durchaus vertragen, gesteht Repple.
"So lange es quietscht, fahren die Bahnen immerhin!"
Aber auch mehr Sitzgelegenheiten machen die regelmäßigen Bahngeräusche nicht leichter zu ertragen. "Herrgott ist das ein Krach", meinen die Gäste der Tunnel-Tour, doch Frau Repple kann sie nicht hören. "Vielleicht haben sich die Planer gedacht, hier unten stört der Lärm keinen", scherzt die Stadtführerin.

"So lange es quietscht, fahren die Bahnen immerhin", meint ein Gast der Tunnel-Tour. Besonders laut ist es an dem gut versteckten Schlupfgleis. "Was viele nicht wissen, ist: Hier unten sind drei Gleise", erklärt Repple. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs wartet dort bereits eine Bahn auf ihren nächsten Einsatz.
Inmitten des Lärms ist ein Ort der Stille
Einen Ort der Stille gibt es dann allerdings doch: Den "Zen-Raum" der U-Bahn. Dieser befindet sich direkt über den drei Gleisen. "Hier gibt es ganz gezielt keine Ablenkungen, keine Geschäfte – und eine Menge Platz", erklärt Repple.

Der Raum solle die Besucher abholen und vom hektischen oberirdischen Alltag in eine entspannte unterirdische Atmosphäre überführen. Zu dieser Entspannung soll auch die Abwesenheit von Werbung beitragen. "Wir haben hier unten keinerlei Anzeigen, nur Informationen zur Kombilösung", so die Stadtführerin.
Von dort aus kann man auch die Fenster eines geheimen Veranstaltungsraums erspähen. "Der ist noch im Rohbau und in Vergessenheit geraten", erklärt Repple. Nicht in Vergessenheit geraten sollen allerdings all die Mühen, technischen Kniffe und spannenden Besonderheiten der Tunnelanlage. Das ist auch der Grund, weshalb die die KTG weitere Führungen anbieten möchte.