Vorab eine gute Nachricht: Die in der Haushaltssicherung 1 enthaltenen Maßnahmen zur Stabilisierung der städtischen Finanzen haben funktioniert. Diese wurden von dem Gemeinderat am 20. Dezember vergangenen Jahres beschlossen.
Warum muss die Stadt Karlsruhe erneut sparen?
"Gemeinsam mit den Finanzzuweisungen von Bund, Land und FAG, sowie durch gewerbesteuerliche Einnahmen konnten wir das veranschlagte Gesamtdefizit sogar in einen Überschuss umwandeln", erklärt Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, während eines Pressetermins. Das neue Plus wäre knapp vier Millionen Euro gewesen - dann kam der Rückschlag.
"Die Preissteigerungen aufgrund der geopolitischen Lage, eine Zunahme der Energiekosten und Tarifsteigerungen sorgten für eine neu finanzielle Belastung von 25 Millionen Euro", so Mentrup.

In Kombination mit steigenden Verlusten und Unsicherheiten des Klinikums und der Verkehrsbetriebe beispielsweise sei das neue angenommene Defizit für 2024: ein Minus von 63 Millionen Euro, Stand Juni 2023.
Was passiert, wenn die Stadt Karlsruhe nicht spart?
Die Folge ist eine weitere Haushaltssicherungsrunde. Dabei geht es um nicht weniger als den funktionalen Erhalt der Stadt: "Das Regierungspräsidium Karlsruhe gab uns eine Rote Karte. Damit läuft die Stadt Karlsruhe Gefahr, ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren", sagt Bürgermeisterin und Finanzdezernentin Gabriele Luczak-Schwarz. Vorausgesetzt, die Stadt schafft es nicht, aus eigener Kraft einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen.

"Es wurden uns bereits zwei Rote Karten gezeigt und die Schrauben entsprechend angezogen", erläutert die Finanzdezernentin. Die erste Schraube sei vonseiten des Regierungspräsidiums geforderte Sparmaßnahmen gewesen - darauf folgte eine Kreditobergrenze von 200 Millionen Euro.

"Wir werden diese Auflagen erfüllen - aber schieben Maßnahmen natürlich in die Zukunft. Mit einer schwarzen Null schaffen wir so eine bessere Ausgangssituation für die Genehmigung des nächsten Haushaltsplans", meint Luczak-Schwarz.
So will die Stadt Karlsruhe sparen
Die Stadt gliedert ihre geplanten Haushaltssicherungsmaßnahmen grob in vier Bereiche:
- Reduzierung Sach- und Transferkosten: Darunter fallen beispielsweise die Abgabe von Mietflächen oder die Kürzung von institutionellen Zuschüssen.
- Standardreduzierungen: Dazu gehört unter anderem die Teilabschaltung der Bestrahlung von öffentlichen Gebäuden.
- Ertragssteigerungen: beispielsweise durch Mieteinnahmen oder erhöhte Bußgelder.
- Reduzierung Personalkosten: Unter anderem durch die verzögerte Besetzung von Personalstellen.

"Beim Thema Personalentwicklung befinden wir uns derzeit an dem Punkt, an dem das Thema intensiv diskutiert und angegangen wird. Das bedeutet auch, die Struktur innerhalb der Verwaltung zu verändern", erklärt der Oberbürgermeister. Das Problem dabei sei jedoch: Es fehlt zwar Geld, aber auch Personal. Mentrups Lösung: Vorausschauende Planung.
Keine neuen Investitionen mehr
Dabei spielten vor allem die richtige Handhabe von Investitionen eine entscheidende Rolle. "Um Zukunftsinvestitionen nicht überwiegend mit Krediten finanzieren zu müssen, werden vorerst keine neuen Investitionsmaßnahmen begonnen werden. Wir sind froh, wenn wir alle laufenden durchführen können", so Mentrup.

Das Resultat: die Aufschiebung von anstehenden Projekten bis zu einem derzeit ungewissen Zeitpunkt. "Somit ist beispielsweise die Sanierung des Rathaus Wests oder die geplanten Baumaßnahmen am Prinz Max Palais und Co. bis mindestens 2024/2025 unrealistisch - und auch in Zukunft unabsehbar", meint der Oberbürgermeister.
Gespart wird bei der Jugend
Doch nicht nur bei groß angelegte Investitionen werden künftig Abstriche gemacht werden. "Auch die Investition in den Jugendtreff in der Südstadt und in die Grundschule Oberreut werden vorerst nicht im Haushaltsplan der Stadt enthalten sein", erklärt Mentrup.

Neben gestrichenen Projekten soll auch im Verwaltungsalltag die Sparbremse gezogen werden. So würden beispielsweise die Sockelbeträge für Verkehrsangelegenheiten wie Straßeninstandhaltung und Ampeln "radikal gekürzt werden", sagt der Stadtvater. "Kürzungen bis 20 Prozent sind denkbar."
Wie werden Maßnahmen beschlossen?
Diese und weitere Maßnahmen könne die Stadtverwaltung und damit der Oberbürgermeister eigenständig beschließen. "Ein ausdrücklicher Beschluss des Gemeinderats ist hierfür nicht notwendig", so der Oberbürgermeister. In einer ausdifferenzierten Maßnahmenaufstellung werden derzeit ganze 54 Maßnahmen vonseiten der Stadt Karlsruhe aufgelistet.
In der Liste enthalten sind bislang unter anderem:
- Ertragssteigerungen durch Bußgelder. Erwartete Summe: 1.150.000 Euro.
- Reduzierung Personalkosten Sozial- und Jugendbehörde (SJB). Erwartete Summe: 2.000.000 Euro.
- Reduzierung Bauunterhaltungsmaßnahmen städtischer Gebäude. Erwartete Summe: 3.000.000 Euro.

"Selbstverständlich kann der Gemeinderat durch einen Antrag - und eine entsprechende Mehrheit - jeder dieser Maßnahmen entgegenwirken", heißt es vonseiten der Stadtspitze. Bei 35 weiteren Maßnahmen müsse der Gemeinderat einen konkreten Beschluss fassen.

Die von dem Gemeinderat zu beschließenden Maßnahmen sind beispielsweise:
- Reduzierung der Zuschüsse für Kulturinstitutionen. Erwartete Summe: 619.900 Euro.
- Restmüllgebührenerhöhungen. Erwartete Summe: 4.400.000 Euro.
- Erhöhung der Benutzungsentgelte in Kitas (städtisch und frei). Erwartete Summe: 5.000.000 Euro.
Voller Ausgleich: "nicht möglich"
Führen all diese Maßnahmen zu ihrem gewünschten Ergebnis, so könnte der Haushalt um knapp 30 Millionen Euro ausgeglichen werden. Aber. "Mit einer schwarzen Null - also einem vollen Ausgleich - wird es uns trotzdem nicht möglich sein, die Jahre 2024/2025 abzuschließen", erklärt Mentrup. Dennoch sei die Stadtverwaltung zuversichtlich, dass das Regierungspräsidium ein Auge zudrückt.

"Wir haben zwar bereits zwei Rote Karten, aber einen Platzverweis konnten wir immer vermeiden", meint der Oberbürgermeister. "Dennoch müssen wir weiter daran arbeiten, besser zu werden. Wir können uns nicht jährlich um 200 Millionen Euro verschulden."
Schuldenberg wächst
Dies sei vor allem im Hinblick auf die Zinsen ein wichtiges Anliegen, meint die Stadtführung. "Kredite gibt es nicht mehr umsonst. Das Regierungspräsidium hat also keine Chance, uns weitere Kredite zu erlauben." Die Rede ist von Zinsen von drei bis vier Prozent.

Man wolle der nächsten Generation keinen unendlichen Schuldenberg hinterlassen. "Wenn es so weiter geht, dann sind wir nach fünf Jahren bereits bei einer Milliarde Euro Schulden", sagt Mentrup. Dies könne und wolle die Stadtverwaltung nicht verantworten müssen.