Drei Sommer lang wurden die Bäume in Karlsruher Wäldern und Straßen von den heißen Temperaturen ausgezehrt und von Insekten und Pilzen befallen. Nun spielte sich der Sommer 2021 zu einem großen Teil hinter einem Regenvorhang ab, was zumindest im Hardtwald für etwas Regeneration sorgte.
"Es gibt natürlich noch immer viele dürre Äste, abgestorbene Kronenteile und auch das Eschentriebsterben besteht weiterhin fort. Aber alles in allem ist dem Wald dieses Jahr eine Verschnaufpause beschert", sagt Ulrich Kienzler, Leiter des Karlsruher Forstamtes, im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag.
Etwas komplizierter liege die Sache allerdings mit dem Baumwuchs im Stadtgebiet. Der Grund: Dort könne das Wasser nicht allzu tief in den Boden dringen.

Aber: "Die anhaltenden Regenfälle dieses Jahres waren für die städtischen Bäume durchaus wohltuend und haben auch den Grundwasserspiegel wieder etwas normalisiert", wie Umweltbürgermeistern Bettina Lisbach ergänzt.
"Allerdings haben die Trockenperioden der letzten drei Jahre einige Folgeschäden wie Pilz-, Parasiten- oder Krebsbefall an den innerstädtischen Pflanzen verursacht. Diese Probleme werden vom Regen alleine nicht gelöst."

"Naturverjüngung" und "Zukunftsbaumarten"
Aus diesen Gründen mussten im Jahr 2021 bereits 800 Bäume zur Fällung freigegeben werden. "Zwar sind wir als Stadt bemüht, für jeden abgestorbenen Baum in der Stadt im Rahmen der 'Naturverjüngung' einen neuen nachzupflanzen, doch damit ist es auf lange Sicht mit immer heißeren Sommern nicht getan", meint Lisbach.
Um das Baumsterben im urbanen Raum einzuschränken, müsse man die verjüngte Natur auch an die klimatischen Bedingungen anpassen: "Wir setzen auf Zukunftsbaumarten", so die Umweltbürgermeisterin.
"Bäume, die mit den erwärmten klimatischen Bedingungen der Zukunft klarkommen und dahingehend widerstandsfähiger sind." Die abgestorbenen Pappeln sollen beispielsweise durch Ahorn oder Säulenulmen ersetzt werden.
Ein unterirdisches Bewässerungssystem für Karlsruhe?
Obwohl diese Bepflanzung widerstandsfähigerer Bäume sehr langfristig gedacht sei, löse sie nur ein Teil des Problems: Nach wie vor müssten Trockenheit und Nährstoffmangel ausgeglichen werden, um einen gesunden Baumbestand innerhalb Karlsruhes halten zu können. Eine Idee für ersteres Problem liege beispielsweise in einer sogenannten "Unterflur-Bewässerungsanlage".
"In der Kriegsstraße oder der Citypark-Promenade wurde bereits ein Rohrsystem verlegt, um die dortigen Bäume unterirdisch zu bewässern", so Lisbach. Dieses Konzept werde dort eingesetzt, wo es sinnvoll sei, was allerdings für vergleichsweise wenige Baumstandorte Karlsruhes gelte: "Ein solches Bewässerungssystem kann eigentlich nur bei Neubauten eingesetzt werden, da ansonsten ganze Straßenzüge aufgerissen werden müssten."

Zusätzlich müsse man ein solches Leitungsnetz unterhalten und warten. "Außerdem würde es immer länger werden, je weiter die Bäume auseinander stehen und wird dadurch immer anfälliger für Schäden - zum Beispiel könnte es mit anderen Leitungen oder den Wurzeln der Bäume kollidieren. Das Wasser in Karlsruhe ist zudem sehr kalkhaltig, was für die Bäume zum Problem werden könnte", sagt Ulrich Kienzler.
"Jeder einzelne Baum soll digitalisiert werden"
Statt eine einzige Lösung wie diese Unterflur-Bewässerung auf die gesamte Stadt auszuweiten, sei es sehr viel zielführender "jeden Einzelfall für sich zu betrachten und eine individuelle Lösung zu finden. Diese Lösungen sollten anschließend aufeinander abgestimmt werden". Aufgrund der schieren Anzahl der Bäume in Karlsruhe sei das natürlich keine allzu simple Ambition. Daher will sich die Stadt nun digitale Unterstützung holen.

"Wir experimentieren bereits jetzt mit Bodenfeuchte-Sensoren, die in die Erde eingelassen werden, um den Wassergehalt genau zu überwachen", sagt Doris Fath, Leiterin des Gartenbauamtes. "Unser Ziel ist es, dabei ein für ganz Karlsruhe repräsentatives Netzwerk an Daten zu entwickeln, das genau ermittelt, wie viel Wasser welcher Baum braucht und es uns praktisch direkt auf den Rechner sendet."

Schwarze Erde in Karlsruhe
Im Optimalfall das Ziel: jeden einzelnen Baum digital zu erfassen. "Der Bund bewilligte uns dafür bereits eine Million Euro an Fördermitteln, für die wir sehr dankbar sind", so Fath. 250.000 Euro davon sollen mindestens in die Installation der Bodenfeuchte-Sensoren fließen. Auch andere Experimente könnten mit solchen Sensoren sehr gut überwacht werden - auch jene, die das Problem des Nährstoffmangels angingen.

"Um Lösungen für den Nährstoffmangel zu finden, entschlossen wir uns, in der Innenstadt mit Pflanzenkohle - sogenannter 'Terra preta' - zu experimentieren", so Lisbach. Die "Terra preta" sei ein der brasilianischen Schwarzerde nachempfundenes, künstliches Gemisch aus Holzkohle, Dünger und Mikroorganismen, das mehr Wasser und Nährstoffe binden könne.
"Die Kosten sind nicht ganz ohne"
"Um herauszufinden, ob dies das Wachstum auch signifikant beeinflusse, habe die Stadt an einigen nebeneinanderliegenden Stellen Vergleichsstudien gestartet", so Fath. Beispielsweise wurden in der Pulitzerstraße oder auch dem Birkenparkplatz des BBBank Wildparks einige Bäume mit und einige ohne Terra preta verpflanzt worden.
Doch trotz aller Maßnahmen: Ein Patentrezept, das Baumsterben und damit auch den Klimawandel in Karlsruhe zu stoppen beziehungsweise zu verlangsamen, ist das wohl noch nicht. "Wir können den Klimawandel nicht aufhalten und auch das wäre nur ein geringerer Beitrag um ihn zu verlangsamen", sagt Jürgen Unger, ergänzt aber: "Trotzdem ist ein geringer Beitrag natürlich besser als gar keiner."
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