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Karlsruhe: Patente aus Karlsruhe: Experten-Interviews zu Erfindungen aus der Fächerstadt

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Patente aus Karlsruhe: Experten-Interviews zu Erfindungen aus der Fächerstadt

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    Experten der IHK und des KIT erklären wie wichtig Patente für Unternehmen auch heute noch sind.
    Experten der IHK und des KIT erklären wie wichtig Patente für Unternehmen auch heute noch sind. Foto: IHK Karlsruhe

    In Anbetracht des dynamischen Innovationsökosystems in Karlsruhe und der wachsenden Zahl von Unternehmen, die ihre geistigen Eigentumsrechte schützen möchten, spielt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Informationen und Beratungsdiensten im Bereich des Patentschutzes.

    Welche Rolle spielt die IHK im Entwicklungsprozess?

    Marc Mühleck: "Die IHK Karlsruhe bietet Beratung und Hilfe für Unternehmen bei der Patentierung und dem gewerblichen Rechtsschutz. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Erstberatung, bei der die IHK den Erfindern hilft, den richtigen Weg zu klären, Kosten einzuschätzen und Fallstricke zu vermeiden."

    Marc Mühleck von der IHK Karlsruhe.
    Marc Mühleck von der IHK Karlsruhe. Foto: RECHERT

    Durch den Entwurf einer gemeinsamen Strategie soll der Entwicklungsprozess von der Ursprungsidee bis zur tatsächlichen Vermarktung gestaltet werden.

    Ein Bewusstsein für die tatsächliche Verwertung einer Idee sei bereits in der Anfangsphase entscheidend. "Oft wird dieser Aspekt vernachlässigt. Der Erfinder konzentriert sich ganz auf die Anmeldung und weiß später gar nicht, was er mit dem Patent tun soll."

    Patent Coaching in Karlsruhe

    Deshalb bietet die IHK zusammen mit dem Land Baden-Württemberg das "Patent Coaching" an. Dieses geförderte Projekt richtet sich an etablierte Unternehmen und beinhaltet einen zweitägigen Workshop, der strategische Fragen zur Verwertung von Patenten behandelt.

    "Das Patent Coaching füllt eine Lücke zwischen der IHK-Erstberatung und der tatsächlichen Anmeldung beim Patentanwalt", meint Mühleck. Es bietet Unternehmen eine individuelle und kostenfreie Beratung zu strategischen Fragen rund um den gewerblichen Rechtsschutz. Start-ups können insbesondere von diesem Angebot profitieren, da ihre Existenz oft auf einer Idee basiert.

    Wie wird aus einer Idee eine Erfindung mit Patent?

    Bevor aus einer Idee eine Erfindung mit Patent werden kann, muss zunächst geprüft werden, ob ein Patent überhaupt der richtige Weg ist. "Das heißt ein Erfinder ruft bei uns an und sagt Hey, was haltet ihr von meiner Idee? Ist das patentierbar? Ist es vielleicht nur ein Gebrauchsmuster oder handelt es sich hier eher um einen Marken- und Designprozess?", so Mühleck.

    Stefan Senitz von der IHK Karlsruhe.
    Stefan Senitz von der IHK Karlsruhe. Foto: RECHERT

    Eine Idee muss sowohl neu als auch ausreichend erfinderisch sein, um für ein Patent in Frage zu kommen. Es reicht nicht aus, eine kleine Variation einer bestehenden Lösung vorzulegen. "Es muss wirklich etwas grundlegend Neues sein", meint der Experte.

    Ein fest installiertes Licht auf einem Bügelbrett wäre keine ausreichend erfinderische Lösung, um ein Patent anzumelden. Die Entscheidung darüber, ob eine Idee patentierbar ist oder nicht, liegt letztendlich bei den Patentprüfern. "Sie bewerten, ob die Idee weltweit neu ist und über den Stand der Technik hinausgeht."

    Der Stand der Technik wandelt sich stetig

    Ein wichtiger Aspekt des Patentschutzes ist die Recherche des Standes der Technik. Dies ist unter anderem durch die Einsicht in öffentlich zugängliche Datenbanken möglich. Die IHK-Vertreter betonten die Bedeutung einer gründlichen Recherche, um herauszufinden, ob die Idee bereits in anderen Patentdatenbanken, Fachartikeln oder auf Messen bekannt gemacht wurde.

    Eine sorgfältige Vorabrecherche kann helfen, kostspielige Ablehnungen und unnötige Ausgaben für Anwälte und Gebühren zu vermeiden. Die IHK Karlsruhe hat selbst keine Patente, da sie nicht gewerblich tätig ist und ihre Aufgabe darin besteht, Unterstützung zu bieten und ein günstiges Geschäftsumfeld zu schaffen.

    Was ist ein Patent – und wofür ist es gut?

    "Ein Patent ist ein Deal zwischen dem Staat und den Unternehmen. Der Staat gewährt den Unternehmen das Recht, ihr eigenes patentiertes Produkt exklusiv vermarkten zu können und andere daran zu hindern, das gleiche Produkt ebenfalls zu verkaufen – oder unberechtigt zu. Im Gegenzug müssen die Unternehmen ihre Idee offenlegen, damit andere davon lernen und Innovationen vorantreiben können", so Senitz.

    Der Nachbau des Benz-Patent-Motorwagens Nummer 1 vor der Rheinstraße 22.
    Der Nachbau des Benz-Patent-Motorwagens Nummer 1 vor der Rheinstraße 22. Foto: Katherine Quinlan-Flatter

    Dieser exklusive Schutz ermöglicht es den Patentinhabern, in ihre Entwicklung zu investieren und ihre Ideen wirtschaftlich zu verwerten. Durch Innovationen und Investitionen in neue Produkte wird so ein Mehrwert für die Gesellschaft geschaffen.

    Patente als strategisches Werkzeug

    Patente können nicht nur den unmittelbaren Schutz der Ideen gewährleisten, sondern auch strategische Instrumente darstellen können. Dabei gibt es verschiedene Aspekte zu beachten. Einer der größten Vorteile von Patenten für Unternehmen ist, dass sie den Stand der Technik anzeigen.

    Der Friedrichsplatz vor dem Naturkundemuseum, links das Einkaufszentrum Ettlinger Tor und die IHK.
    Der Friedrichsplatz vor dem Naturkundemuseum, links das Einkaufszentrum Ettlinger Tor und die IHK. Foto: Carmele|TMC-Fotografie

    "Durch die Einsicht in öffentlich zugängliche Datenbanken können Unternehmen den Markt analysieren und die technischen Entwicklungen ihrer Konkurrenten verfolgen", meint Senitz. "Sie können so Wettbewerbsanalysen durchzuführen und herauszufinden, wer die klugen Köpfe in ihrer Branche sind." Diese Informationen können auch genutzt werden, um Fachkräfte abzuwerben und das eigene Unternehmen zu stärken.

    Die Konkurrenz ausschalten

    "Darüber hinaus können eigene Patente genutzt werden, um Wettbewerber zu blockieren und einen Vorsprung auf dem Markt zu erlangen", erklärt Senitz. Wenn ein Unternehmen eine ähnliche technische Lösung entwickelt wie ein Wettbewerber, kann ein geschickt platziertes Patent die Konkurrenz dazu zwingen, alternative Wege zu finden.

    "Dies kann zu einem Wettbewerbsvorteil für das eigene Unternehmen führen. Die Entscheidung für eine Patentanmeldung erfordert eine sorgfältige Abwägung der individuellen Ziele und Märkte, die geschützt werden sollen", so Stefan Senitz.

    Patente können auch genutzt werden, um Wettbewerber zu blockieren und einen Vorsprung auf dem Markt zu erlangen. Geschickt platzierte Patente zwingen Konkurrenten dazu, alternative Lösungswege zu finden. Dies kann zu einem erheblichen Wettbewerbsvorteil führen.

    Lohnt sich ein Patent?

    "Um diese Frage zu beantworten, ist in jedem individuellen Fall zwischen den Kosten und der Notwendigkeit des Patents, und dem potenziellen wirtschaftlichen Nutzen abzuwägen", so Senitz. Die Kosten und die potenzielle Rendite müssen sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass die Verfolgung eines Patents mit den Gesamtzielen des Unternehmens übereinstimmt.

    Außerdem benötigt eine Patentanmeldung viel Zeit. "Ein Patentantragsverfahren kann mehrere Jahre dauern, und währenddessen ist die Idee offen und für andere einsehbar. Manchmal kann es sinnvoller sein, die Idee geheim zu halten und schnell auf den Markt zu gehen, um bereits Gewinne zu erzielen", erklärt Mühleck.

    Patente gelten nicht automatisch auf allen Märkten

    Die Entscheidung für oder gegen eine Patentanmeldung erfordert daher eine sorgfältige Abwägung der individuellen Ziele und Märkte, die geschützt werden sollen. Ein weiterer Aspekt, der berücksichtigt werden muss, ist die internationale Dimension des Patentschutzes.

    "Ein deutsches Patent gilt nur in Deutschland, daher sollten Unternehmen, die weltweit agieren möchten, die Möglichkeiten eines europäischen Patents oder einer internationalen Patentorganisation in Betracht ziehen", sagt Mühleck. Mit der Anmeldung und Aufrechterhaltung von Schutzrechten in verschiedenen Ländern sind jedoch weitere, erhebliche Kosten verbunden, die strategisch abgewogen werden müssen. "Dies kann insbesondere für kleinere Unternehmen eine Herausforderung darstellen."

    Welche Art von Ideen sind nicht geschützt?

    "Geschäftsideen, Computerprogramme und nicht-technische Verfahren stellen eine Herausforderung dar, da diese oft nicht durch Patente geschützt werden können", meint Senitz. Durch die Kopplung von beispielsweise Software an eine bestimmte Technische Apparatur könne manchmal ein Weg gefunden werden, aber in der Regel sind diese Bereiche nicht schützbar - zumindest in Deutschland.

    "Nicht jedes Unternehmen strebt nach Patenten, vor allem im Handelsbereich spielen sie oft keine Rolle", so Senitz. Die meisten Unternehmen, die von Innovation und Entwicklung leben, machen nur einen kleinen Teil der insgesamt 70.000 Mitgliedsunternehmen der IHK Karlsruhe aus. Übrig bleiben dennoch einige tausend Unternehmen, die aktiv Patente anmelden.

    Wie viele Patente gibt es in Karlsruhe?

    Bei der Betrachtung von Patentstatistiken muss man vorsichtig sein. Ein Patent ist nicht gleich ein Patent, und es gibt unterschiedliche Arten von Patenten, wie deutsche, europäische oder weltweite Patente. Zudem werden Patente in der Regel am Hauptsitz eines Unternehmens angemeldet, was es schwierig macht, die Anzahl der Patente in Karlsruhe genau zu bestimmen.

    Ein interessanter Aspekt ist auch die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule Karlsruhe und der IHK. In den letzten zehn Jahren hat die Hochschule die zweitmeisten Patente eingereicht. Dies zeigt, dass akademische Einrichtungen in Karlsruhe maßgeblich zur Innovationskraft der Stadt beitragen.

    Welt der Patente im Wandel

    Die Welt der Patente ist komplex und unterliegt ständigem Wandel. Neue Technologien und Innovationen stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen und eröffnen gleichzeitig neue Möglichkeiten. Zum Schluss stellt sich jedoch über all dem die Frage: Sind Patente förderlich oder hinderlich für den Fortschritt?

    Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass die Bedeutung von Patenten weiterhin zunehmen wird. "Angesichts der globalen Wettbewerbsfähigkeit ist es für Unternehmen immer wichtiger, ihre geistigen Eigentumsrechte zu schützen und innovative Lösungen anzubieten", meinen die Experten der IHK.

    "Für Unternehmen kann ein Patent sowohl förderlich als auch hinderlich sein. Es kann eine gute Strategie sein, ein Produkt zu schützen und auf den Markt zu bringen. Andererseits kann es schädlich sein, wenn andere in anderen Ländern mit dem Patent ihre Entwicklung vorantreiben können. Es ist wichtig zu wissen, dass man sein Wissen preisgibt", so Mühleck.

    Auch am KIT werden Patente angemeldet

    Aus Sicht der Gesellschaft und der Wirtschaft ist das Mitteilen von technischem Wissen und Erfindungen äußerst förderlich. "Durch Patente wird Wissen geteilt und Innovation angeregt. Andere Unternehmen sehen eine Lösung und müssen sich etwas Neues einfallen lassen. Patente regen somit die Innovation an und bieten den Patentinhabern exklusiven Schutz für ihre Ideen“, ergänzt Senitz.

    Doch nicht nur an der IHK werden Patente eingereicht oder entwickelt. Auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) spielt in der Patentlandschaft der Fächerstadt eine entscheidende Rolle. "Grundsätzlich gibt uns das Arbeitnehmererfindungsgesetz den Handlungsrahmen für Erfindungen in unserer Entwicklungsarbeit vor", erklärt Luwig Witter vom KIT.

    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Paul Needham

    "Im Schnitt verzeichnen wir 117 Erfindungsmeldungen pro Jahr." Die Forschungsthemen, aus denen die Meldungen kommen, sind dabei breit aufgestellt. "Bei uns umspannt das von der Astrophysik, über Energie bis hin zur allgemeinen Naturwissenschaft und Ingenieurswesen eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen und Forschungsbereichen."

    Wie geht es dann weiter?

    "In Gesprächen ermitteln wir vom IP-Management gemeinsam mit den Erfindern, inwiefern die erfinderische Tätigkeit gegeben ist und damit die Erfindung für eine Patentanmeldung infrage kommt. Viele kommen aus der Wissenschaft und die Beratung soll dabei helfen, den Forschungs- und Entwicklungsprozess (F&E) eventuell zu fokussieren, denn häufig stellen sich die Wissenschaftler die Frage: Wo stehe ich eigentlich mit meiner Forschungs- und Entwicklungs- Tätigkeit?"

    "Eine zentrale Frage, die sich bei der Patentanmeldung öfters stellt, ist: Möchte ich Investoren begeistern, oder meine Erfindung schützen, um sie in einem späteren Produkt wiederzufinden." 

    Ein Patent ist kein Freifahrtschein

    "Ein Patent bedeutet nicht, dass sie die darin geschützte Erfindung auch benutzen können. Es gibt schließlich gesetzliche Vorgaben." Als Beispiel nimmt der Experte den Bereich "Stammzellenforschung" zur Hand.

    "Hierbei ist die Herstellung und der Umgang mit humanen Stammzellen beispielsweise strikt gesetzlich geregelt!" Demnach orientieren sich die tatsächlichen Anwendungsmöglichkeiten an dem bestehenden gesetzlichen Rahmen.

    Wo sind die meisten Patenten zu verorten?

    "Die Entwicklungsbereiche der Chemie, Technik und Automobilindustrie sind groß genug, um ihre eigene Patenwelt zu schaffen. Allerdings ist die Anzahl der angemeldeten Erfindungen nur ein Indiz, für eine boomende Branche, denn: Für Pharmazeutika kommt unter Umständen nur ein neuer Stoff zur Anmeldung, der dann in einer Tablette verarbeitet wird."

    Das heißt: "Ein Patent für ein eigenständiges Produkt. In der Automobilbranche ist das etwas anders. Wird hier beispielsweise ein neues Model auf den Markt gebracht, so stecken mitunter tausende IP-Rechte in dem produzierten Fahrzeug. Das geht über technische Schutzrechte wie Patente bis hin zu Software."

    Das Wechselspiel zwischen Wirtschaft und Forschung

    "Der Nutzen von Patentanmeldungen für das KIT als Forschungsuni lässt sich auf zwei wesentliche Aspekte zusammenfassen. Zum einen kann durch die Anmeldungen - neben Publikationen – das Interesse und die Aufmerksamkeit für entsprechende Forschungs- und Entwicklungsbereiche geweckt werden. Außerdem machen wir so bei einem wichtigen "Tauschgeschäft" mit: zwischen dem Exklusivrecht, der gleichzeitigen Offenlegung und der wirtschaftlichen Verwertung."

    "Der zweite nutzbringende Aspekt ist die Finanzierung. Wir betreiben Drittmittelforschung, weshalb es wichtig ist, für unsere Forschung- und Entwicklungen das Interesse zu generieren, um einerseits die Weiterentwicklung der Technologie zu finanzieren und andererseits wieder Geld in die Forschung fließen zu lassen."

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