Der Blick in so manche Karlsruher Biotonne lässt peniblen Mülltrennern regelmäßig das Blut in den Adern gefrieren: Plastiktüten, Flaschen, Restmüll - viele Haushalte nehmen es bei der grünen Tonne alles andere als genau.
Karlsruher Anlage ist zu klein geworden
Dabei lohnt sich das System durchaus: Aus Speise- und Gemüseresten sowie Grünschnitt in kleinen Mengen entstehen durch Vergärung in Müllverwertungsanlagen entweder "Recycling"-Gas oder Komposterzeugnisse für die Landwirtschaft; 13.500 Tonnen Bioabfälle jährlich werden derzeit in der Fächerstadt eingesammelt. Mit dem bei der Vergärung entstehenden Gas können Strom und Wärme erzeugt werden. In Karlsruhe passiert dies auf der früheren Deponie Ost zwischen Durlach und Hohenwettersbach. Seit 1997 wird dort eine Biomüllanlage betrieben, die mit dem Nassvergärungsverfahren arbeitet. Sie versorgt die Baugebiete Fünfzig Morgen und Rehbuckel in Hohenwettersbach mit Fernwärme und Strom, der durch ein Blockheizkraftwerk erzeugt wird. Diese Anlage ist allerdings inzwischen nicht nur zu klein für das Karlsruher Biomüllaufkommen - denn sie ist nur für etwa 8.000 Tonnen konzipiert - sondern auch technisch verschlissen.
Seit einigen Jahren laufen daher die Planungen für eine Erweiterung und Modernisierung. Fragen hatte jedoch zunächst die beste Vergärungsmethode aufgeworfen. Denn zur Auswahl stehen für die Biomüll-Behandlung sowohl das Nass- wie auch das Trockenvergärungsverfahren - die trockene Variante ist dabei moderner als die nasse. Um jedoch die individuell geeignetste und wirtschaftlichste Lösung für Karlsruhe ausfindig zu machen, hatte die Stadtverwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben, aus dem die trockene Vergärung als "Sieger" hervorging.
Hohe Investitionskosten, langfristig wirtschaftlicher
Von Seiten des Umweltamtes liebäugelt man deshalb mit dieser Lösung. Bürgermeister Klaus Stapf hatte in einer Gemeinderatssitzung im April erläutert, dass die Investitionskosten zwar zunächst hoch seien, die Trockenvergärung aber insgesamt und langfristig ökologischer wirtschaftlicher für die Fächerstadt sei - man sogar die Verarbeitungskosten pro Tonne Biomüll halbieren könnte. Das würde bedeuten, dass eine ganz neue Anlage für Karlsruhes Biomüll entstehen müsste.
Bei der Trockenvergärung lagern die organischen Abfälle in überdimensionalen Behältern und werden dort durchmischt. Durch die Vergärung entsteht ein Biogas. Bei der Nassvergärung ergibt eine feuchte Masse aus Biomüll und Wasser denselben Effekt. Schließlich brachte CDU-Stadtrat Ingo Wellenreuther im April noch einen Last-Minute-Vorschlag mit in den Gemeinderat, der ebenfalls derzeit geprüft wird: Eine sogenannte HTC-Anlage ist von dem Karlsruher Unternehmen AVA-CO2 entwickelt worden und bislang nur in kleinerem Maßstab im Rheinhafen erprobt worden. Sie könnte jedoch weiterentwickelt und für die Stadt Karlsruhe interessant werden. Beim HTC-Verfahren wird Biomasse in Brennstoffe umgewandelt. Im Herbst soll eine gemeinderätliche Entscheidung zum besten Verfahren fallen, wie Oberbürgermeister Heinz Fenrich im April ankündigte.
Die städtischen Überlegungen haben inzwischen auch verärgerte Bürger und Anwohner auf den Plan gerufen: Die Bürgeraktion Eisenhafengrund lud bereits zum ersten öffentlichen Diskussionsforum ein, an dem mehr als 70 Karlsruher teilnahmen. Die Aktion will "die gewaltige Umweltzerstörung und unnötige zusätzliche Versiegelung des Eisenhafengrundes verhindern", wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Bei der Veranstaltung erläuterte Professor Josef Winter vom KIT-Institut für Ingenieurbiologie die verschiedenen Verfahren der Biovergärung und sprach sich für die Nassvergärung aus.
Bürgeraktion Eisenhafengrund: Mehr Lkw und höhere Kosten
Die in die Jahre gekommene Karlsruher Anlage müsse dann allerdings saniert oder durch eine neue, technisch und von der Anordnung der Anlagenteile verbesserten Nass-Biovergärungsanlage ersetzt werden. Hierfür lägen die Kosten unter denen einer Trockenvergärungsanlage. Auch die Energieausbeute sei bei der Nass-Biovergärungsanlage um ein Vielfaches höher, betonte er. Thomas Reisch von der Firma AVA-CO2 erklärte außerdem, dass die in Karlsruhe anfallenden Mengen an Bioabfall und Klärschlämmen mit dem HTC-Verfahren wesentlich kostengünstiger verarbeitet werden könnten als mit den Biovergärungsanlagen - egal ob nass oder trocken.
Sorgen bereitet der Bürgeraktion die mögliche zusätzliche Belastung der Rittnert- und Ochsenstraße als Zufahrtsweg zur Mülldeponie. Auch stieß der städtische Vorstoß auf Ablehnung, für die neue, große Vergärungshalle einen Architektenwettbewerb auszuschreiben. Dies sei bloße Kostensteigerung, hieß es. Schließlich sprach sich die Bürgeraktion für einen zentraleren Standort der neuen Anlage aus, wodurch vor allem Lkw-Kilometer eingespart werden könnten.
Am Donnerstag, 16. August, findet nun bei der Firma AVA-CO2 (Im Schlehert 14, 76187 Karlsruhe) um 15 Uhr eine Informationsveranstaltung zum HTC-Verfahren statt.
Weitere Informationen zum Thema und den planerischen Details gibt es auch auf den Internetseiten der Stadt Karlsruhe (Vorlage TOP 5).
Siehe auch:
Müll in Karlsruhe: Weniger in der Tonne, mehr auf der Straße
Karlsruhe kämpft gegen "Müllfledderei": Sperrmüll auf Abruf kommt
Dreckige Haltestellen und Bahnen: So soll Karlsruhes ÖPNV sauberer werden