75 Millionen Euro sollen laut einer Pressemitteilung des Landratsamtes in die Bruchsaler Fürst-Stirum-Klinik, 50 Millionen Euro in die Brettener Rechbergklinik investiert werden. Summen, die großteils das Land Baden-Württemberg zur Verfügung stellen muss, das deshalb ein stimmiges Konzept fordert.
Schwerpunkte in Bruchsal und Bretten
Dieses wurde in mehreren Schritten aufgestellt und optimiert: Nach dem Grundsatzbeschluss des Kreistags vom Mai verabschiedete der Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung vom 25. Oktober Eckpunkte. Verfeinert wurden diese am vergangenen Freitag in einer Strategieklausur, wo sich neben den Mitgliedern des Klinikenaufsichtsrats, den Fraktionsvorsitzenden des Kreistags und der Geschäftsführung auch alle Chefärzte der beiden Kliniken einbrachten. Ergebnis ist ein Konzept, hinter dem die ganz überwiegende Mehrheit aller Akteure steht, wie aus der Pressemitteilung weiter hervorgeht. Bei zwei Gegenstimmen beschloss am vergangenen Montag der Klinik-Aufsichtsrat, dieses Konzept dem Kreistag zur Beschlussfassung vorzulegen, um danach offiziell in die Verhandlungen mit dem Sozialministerium einsteigen zu können.
"Wir wollen sowohl für Bruchsal als auch für Bretten eine Innere Abteilung sowie eine Chirurgie, die jeweils rund um die Uhr besetzt ist", unterstrich Landrat Christoph Schnaudigel im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung gegenüber Pressevertretern und erteilte damit allen anders lautenden Spekulationen eine Absage - an beiden Standorten sollen alle Leistungen der Grund- und Regelversorgung erbracht werden, wobei in Bretten im Bereich der Chirurgie 20 bis 25 Betten vorgesehen sind. Darüber hinaus sollen bei jeder Klinik Schwerpunkte gesetzt werden, um das Angebot insgesamt attraktiver zu machen und Konkurrenz- sowie Doppelstrukturen zu vermeiden.
Auch bei dem jetzigen Konzept werde der Landkreis zukünftig einen beachtlichen Beitrag für die Investitionen an den Standorten leisten müssen, betonte der Landrat; Forderungen, die Kliniken in Privathand zu geben, trat er aus diesem Grund energisch entgegen: "Wir haben Verantwortung, auch für die rund 2.300 Beschäftigten, dieser wollen wir uns auch stellen". Er könne sich nicht vorstellen, dass ein privatwirtschaftliches Unternehmen dauerhaft in die Pflicht gehe, um das angestrebte Leistungsangebot aufrecht zu halten, im übrigen habe sich auch der Aufsichtsrat klar von solchen Plänen distanziert.
Rund-um-die-Uhr-Betrieb
Regionaldirektorin Susanne Jansen, die auch zukünftig für die beiden Häuser Verantwortung tragen wird, ging danach auf die künftige Struktur der Kliniken des Landkreises ein: Innere Medizin: Künftig ist diese Abteilung in drei Kliniken organisiert: zwei in Bruchsal, die neben der lokalen Schlaganfalleinheit und zertifiziertem Darmzentrum Schwerpunkte auf Gastroenterologie, Infektiologie, Diabetologie und neu: Kardiologie/Angiologie haben sollen, sowie eine Klinik in Bretten, wo über die bisherige Palliativmedizin, Intensivtherapie/Überwachungseinheit sowie geriatrischer Schlaganfalleinheit Schwerpunkte auf Diabetologie sowie neu: Altersmedizin und Rheumatologie gelegt werden. Bei allen drei Kliniken ist im Bereich der Allgemeinen Inneren Medizin ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb gewährleistet.
Ein solcher 24-Stunden-Betrieb ist auch bei der Allgemeinchirurgie vorgesehen, die im Bereich der Chirurgie an beiden Kliniken vorgesehen sind: in Bruchsal bleibt das zertifizierte Darmzentrum, der bisherige Schwerpunkt Viszeralchirurgie, die Belegabteilung HNO, die Unfallchirurgie/Orthopädie, das Zentrum für Gelenkprothetik, das zertifizierte Traumazentrum und die Hand- und Fußchirurgie. Neu ist der Schwerpunkt Gefäßchirurgie und ein operatives Wirbelsäulenzentrum. In Bretten bleiben die Viszeral- und die minimalinvasive Chirurgie, ein ambulantes OP-Zentrum und planbare Eingriffe. Ebenso bleibt Bretten Partner im Darmzentrum und darüber hinaus ist neu ein konservatives Wirbelsäulenzentrum vorgesehen.
Die Gynäkologie und Geburtshilfe wird wie bisher schon zusammen mit dem Brustzentrum in Bruchsal vorgesehen. Neu hinzu kommt ein Organzentrum für gynäkologische Malignome sowie ein gynäkologisch-urologisches Beckenbodenzentrum. In Bretten sind gynäkologische Operationen künftig nur ambulant vorgesehen. Im Bereich der Urologie ist in Bruchsal neu ein zertifiziertes Prostatazentrum vorgesehen. Im Bereich der Psychosomatik und Psychotherapie sowie Psychiatrie bleibt in Bruchsal die stationäre Psychosomatik, die Psychoonkologie und die Tagesklinik. Neu kommen eine Kooperation Schmerztherapie sowie eine psychosomatische Instituts-Ambulanz hinzu. In der Rechbergklinik Bretten wird künftig das Zentrum für Psychiatrie Nordschwarzwald eine Gerontopsychiatrie mit 24 Betten sowie die Psychiatrische Instituts-Ambulanz vorhalten. Im Bereich der Anästhesiologie wird in Bruchsal eine Intensivtherapie/Überwachungseinheit und in Bretten die Schmerztherapie angesiedelt sein, im Bereich der Radiologie ist in Bruchsal die Kernspin-/Computertomographie, die Mammographie, eine Interventionelle Radiologie, Nuklearmedizin sowie konservative Neuroradiologie, in Bretten die Computertomographie, Mammographie und Interventionelle Radiologie angesiedelt.
144 Betten in Bretten
Bei beiden Kliniken bleiben die Notfallpraxen erhalten; die Integration der in Bretten bereits angesiedelten Notarztwache wird auch in Bruchsal angestrebt. Bruchsal kooperiert bereits mit niedergelassenen Ärzten. In Bretten ist ein Ärztehaus vorgesehen sowie auf dem "Campus" in Kooperation mit Partnern Pflegeeinrichtungen, altenbetreutes Wohnen sowie Kurzzeitpflege. 144 Betten wird Bretten zukünftig haben. Derzeit werden dort 160 Betten bewirtschaftet, sagte Regionaldirektorin Susanne Jansen. Eine Geburtshilfe ist in Bretten nicht vorgesehen.
Die Sprecherin der Geschäftsführung Andrea Grebe begründete nochmals, dass aufgrund der personellen Situation und der relativ geringen Zahl der Geburten kein zukunftsfähiges Konzept erstellt werden kann. Sie betonte aber, dass Notfälle selbstverständlich im Rahmen des normalen Klinikbetriebs versorgt werden, wie das an allen anderen Kliniken, die über keine spezielle Geburtshilfeabteilung verfügen, der Fall ist. Wenn der Kreistag dem Konzept am 29. November zustimmt, soll im Benehmen mit dem Sozialministerium noch in diesem Jahr die Planung in einem Bürgerdialog in Form eines offenen Bürgerforums stattfinden. Ziel ist es, das Klinikenkonzept im Klinikprogramm 2015 des Landes Baden-Württemberg zu verankern.
Siehe auch:
Rechbergklinik Bretten: Krankenhaus soll bleiben - Zukunft mit Neubau
Karlsruher Kreiskliniken sollen auf Vordermann gebracht werden
Karlsruher Kreiskliniken in Gefahr: Geplantes Gesetz gefährdet Fortbestand