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Karlsruhe: Kita-Trend in Karlsruhe: 97 Männer wechseln Windeln

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Kita-Trend in Karlsruhe: 97 Männer wechseln Windeln

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    Immer mehr Männer entscheiden sich für den Beruf des Erziehers, obwohl ihnen dabei Vorurteile und Rollenklisches oft im Weg stehen.
    Immer mehr Männer entscheiden sich für den Beruf des Erziehers, obwohl ihnen dabei Vorurteile und Rollenklisches oft im Weg stehen. Foto: ps/Konzept-e / Tom Perper

    In Karlsruhe gibt es inzwischen 97 männliche Erzieher (2012) - zwei Jahre zuvor waren es nur 83.

    Sexuelle Belästigung und Rollenklischees: Erzieher kämpfen mit Vorurteilen

    Der Trend ist in der Fächerstadt also positiv - das ist das Ziel der Konzept-e-Kampagne "Starke Typen für starke Kinder": Auch wenn sich dieser Slogan zunächst nach männlichen Kita-Betreuern anhört, die sich in ihrem Beruf als Erzieher vor allem zur Aufgabe gemacht haben, anfallende Handwerk-Arbeiten und die Rolle des Fußballtrainers für die Kids zu übernehmen - soll er doch für viel mehr stehen.

    Dass es Männer im Beruf des Pädagogen oftmals schwer haben, betont Clemens Matthias Weegmann, Mitglied im pädagogischen Leitungskreis des Konzept-e-Netzwerks. Die Erfahrung hat er am eigenen Leib gemacht: "Auch mir persönlich ist in meiner Zeit als Kita-Betreuer aufgefallen, dass Eltern teilweise skeptisch sind, wenn sie erfahren, dass ein Mann ihre Tochter wickeln soll." Die traditionellen Rollenklischees seien nach wie vor in manchen Fällen fest verankert, so dass diese Haltung nicht von heute auf morgen verändert werden könne - "ein Prozess des Umdenkens ist erforderlich", so Mareike Hauber, Spezialistin für Gender-Pädagogik im Konzept-e-Netzwerk.

    Fachkräfte gesucht - Ansehen des Berufs gestiegen

    Doch das ist nicht das einzige, was viele Männer davon abhält beruflich Kinder zu betreuen: "Das Thema 'sexuelle Belästigung' ist stets ein schleichender Begleiter der männlichen Berufstätigen in der Branche", erklärt Weegmann. Während manche Eltern, aufgrund von bösen Schlagzeilen, Angst vor Übergriffen auf ihr Kind haben, fürchten sich die Erzieher vor eben solchen Vorurteilen und falschen Beschuldigungen - "eine ernstzunehmende Belastung, besonders für die Männer und ein gewichtiger Grund für viele, sich gegen eine Ausbildung zu entscheiden."

    Die Situation ist prekär, zumal die Branche in Hinblick auf den neuen Rechtsanspruch akut auf Fachk räfte angewiesen ist. Allerdings handele es sich bei den skeptischen Äußerungen eher um Randerscheinungen: "Kürzlich durchgeführte Umfragen zeigen, dass die große Mehrheit der Eltern für mehr Männer im Berufsfeld ist", betont Weegmann. Auch könnten d ie Erzieher nun nach langer Zeit wieder stolz auf ihre dringend benötigte Arbeit sein, denn ein weiteres Problem sei die fehlende Anerkennung aus der Bevölkerung gewesen. "Das hat sich mit dem Rechtsanspruch für einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren geändert", so Weegmann.

    Erzieher: "Beruf mit Zukunft"

    Mehr Männer braucht das Land - im Beruf des Erziehers. Aber welche Aspekte machen den Job für sie attraktiv? "Zum einen bleibt den Pädagogen Gestaltungsspielraum", erklärt Weegmann, "wenn sie beispielsweise künstlerisch begabt sind, können sie sich mit den Kindern in diesem Bereich engagieren." Ateliers und Werkstätten stünden beispielsweise den Mitarbeitern in den Kindergärten der kooperierenden Träger Konzept-e und "Kind und Beruf" zur Verfügung.

    "Zum anderen bestehen jederzeit Chancen zur Weiterbildung" - der Beruf habe definitiv Zukunft, so Weegmann. Dass der Beruf kein Kinderspiel ist, betonten die Projektbetreuer vor Kurzem, als sie die Jobbeschreibung der Agentur für Arbeit im Internet erfolgreich kritisierten: Um das Berufsbild seriöser darzustellen, wurde dort "Spielen und Tanzen" durch "Bildungsarbeit" ersetzt.

    Kampagne hat Erfolg: Jungs interessieren sich für Praktika in Kita

    Das Konzept-e-Netzwerk ist seit seiner Gründung 1988 Partner für Kommunen und Unternehmen in Bildungs- und Sozialfragen. In Karlsruhe betreibt Konzept-e mit seinem Trägerverein "Kind und Beruf" sechs Kinderhäuser - auch die Freie Duale Fachhochschule für Pädagogik mit ihrem Studiengang zum staatlich anerkannten Erzieher gehört zum Netzwerk dazu. "Überraschend aber wahr, der Trend ist auch hier schon angekommen: die Hälfte der Studenten in diesem Fach 2013 sind männlich", betont Silke Reuter, Leiterin der Fachhochschule. Willkommen seien bei dieser Ausbildung auch Quereinsteiger: "So ist die Jüngste im Unterricht erst 18 Jahre alt und die Älteste 50", so Reuter weiter.

    Mit der Kampagne "Starke Typen für starke Kinder" wollen die Projektleiter von Konzept-e besonders Jugendliche ansprechen und über den Beruf des Erziehers informieren - mit Erfolg: "Inzwischen erreichten uns viele Praktikumsbewerbungen von Jungs, die sich für den Job interessieren und gerne einmal schnuppern würden", so das Team von Konzept-e. Überrascht seien sie, wenn sie erfahren, dass der Verdienst eines Erziehers im oberen Drittel von Gehälter bei Ausbildungsberufen liegt. "Es bleibt zu hoffen, dass der Trend anhält und sich immer mehr Jugendliche und vor allem junge Männer für den Beruf begeistern können", so Weegmann. Die Perspektiven stünden gar nicht schlecht.

    Siehe auch:

    Kinderbetreuung in Karlsruhe: "Zeit ist reif für Tagesmütter"

    Wenige Kitas, kaum Erzieher: Karlsruhe gibt Gas bei Kinderbetreuung

    Kinderbetreuung in Karlsruhe: Droht der Kita-Kollaps?

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