ka-news.de: Wann kommt Kap aus Hamburg zurück?
Matthias Reinschmidt: Das wissen wir noch nicht. Wir sind gerade bei umfangreichen Innenausbauten des Eisbärengeheges im Karlsruher Zoo, aber die sieht der Besucher nicht. Wir beschichten die Innenstallungen neu. Diese sind in die Jahre gekommen: Man kann sie nach dem Umbau besser abspritzen und sauber halten.
Diese Arbeiten kann man nur machen, wenn man einen Eisbär in der Anlage hat. Wie lange die Bauarbeiten noch dauern, wissen wir im Moment noch nicht. Aber es ist absehbar, dass wir Kap aus Hamburg bald wieder bei uns begrüßen dürfen.

Klappt es noch dieses Jahr?
Ja, es wird sicherlich noch dieses Jahr sein. Aber wann genau, das müssen wir noch schauen.
Wie lange war er dort?
Kap wurde am 25. Mai 2020 nach Hamburg gebracht.
Und warum war er weg?
Wir haben Kap nach Hamburg geschickt, um dort mit dem Weibchen für Nachwuchs zu sorgen. Kap ist ein Founder-Eisbär. Das bedeutet, seine Gene waren noch nicht in der Eisbären-Population vertreten. Er hatte sich noch nicht vermehrt. Diese Founder-Tiere muss man etablieren, indem sie für Nachwuchs sorgen – wenn man eine möglichst große genetische Vielfalt in einer Population haben will. Denn sonst gehen diese Gene verloren.
Es gibt derzeit in Europa 121 Eisbären in 43 Institutionen – das sind nicht viele. Jeder einzelne Eisbär, der sich noch nicht reproduziert hat, ist daher ganz wichtig. Aus diesem Grund war es für Kap an der Zeit, für Nachwuchs zu sorgen – er hat schließlich auch schon ein gewisses Alter. Wir sind einen Kompromiss eingegangen, indem wir das Tier nach Hamburg gegeben haben – und nicht mit unserem Weibchen (Charlotte) hier gezüchtet haben.

Charlotte ist bereits in der Eisbären-Population präsent und daher genetisch nicht ganz so wertvoll. Kap sollte sich daher mit dem genetisch wertvolleren Weibchen aus Hamburg verpaaren. Das hat jetzt geklappt und Kap kommt bald zurück.
Und dann sehen wir in die Zukunft – und werden schauen, wie wir hier mit dem Thema Eisbärenzucht weitermachen.
Der möchte mittel- bis langfristig wieder in die Zucht einstiegen. Was müsste im Tierbestand geändert werden?
Die Empfehlung kommt dann vom Eisbär-EEP – das ist das
Wir werden schauen, wie es weiter geht. Fest steht: Es wird nicht mit Charlotte sein. Sie ist für eine Zucht nicht vorgesehen. Das heißt, wir werden ein Eisbärweibchen bekommen, welches perfekt zu Kap passen wird. Wann das sein wird – können wir noch nicht sagen. Das kann auch zwei bis drei Jahre dauern. Da wollen und können wir uns nicht festlegen.
Das heißt: Vom Gehege würde alles für eine Eisbärenzucht passen – es geht nur um die Zuchtkonstellation der Eisbären?
Genau. Wir haben zwei Gehege: Wir können den Eisbärmann vom Weibchen trennen, wenn sie Nachwuchs hätte. Wir sind weit über den Mindestvoraussetzungen in puncto Quadratmeterzahl und Co., die für die Eisbärenhaltung gefordert sind – wir optimieren bei Gehegen immer, wo es geht.
Wie viel Mitspracherecht haben Sie – als Zoo – bei Empfehlungen, die von der EEP ausgesprochen werden? Wie läuft das ab?
Wir sind innerhalb des EAZA (Europäische Zooverband) in über 90 Programmen für bedrohte Tiere in EEPs organisiert. Jedes einzelne EEP hat einen Koordinator und je nach Größe des EEPs gibt es noch zusätzlich ein Komitee. Dieses Komitee besteht aus Haltern - Kuratoren oder Direktoren - aus anderen Zoos. Es ist ein demokratischer Prozess: Alle Mitglieder werden demokratisch gewählt. Natürlich muss man sich an die Empfehlungen des Komitees oder des Koordinators halten, sonst funktioniert das Programm nicht.
In dem Moment, wo man im Verband ist und die Vorgaben akzeptiert, muss man sich auch daranhalten – und das machen wir. Wir können daher nicht jede Entscheidung infrage stellen. Zudem wechseln die Empfehlungen: Die Zuchtzusagen verbleiben nicht bei einem einzelnen Zoo.
Natürlich hat man Wünsche und die gibt man als Zoo im Programm bekannt: Das haben wir bei den Eisbären getan. Wir hatten 1991 unser letztes Eisbär-Baby in Karlsruhe. Aus unserer Sicht wäre es an der Zeit, dass wir wieder mal züchten dürften. Das ist auch mein Wunsch als Zoodirektor: Ich würde gerne mal einen jungen Eisbären haben – ist ja klar. (schmunzelt)
Letzen Endes: Beim Zuchtprogramm kann man Wünsche äußern, aber andere entscheiden. Es sind nicht die individuellen Wünsche der Institutionen, sondern es geht rein um den Erhalt der Tiere. Und es ist gut, dass das auf einem anderen Level organisiert wird. Natürlich hat jeder Zoodirektor seine Vorlieben, aber muss dann auch mal zurückstehen. Man muss Kompromisse eingehen.

Die Eisbären stehen jetzt aktuell im Fokus, aber die Programme betreffen alle bedrohten Tierarten: Beispielsweise auch beim Edwardsfasan – da ist das öffentliche Interesse nicht so groß, aber die Vorgehensweise im Zuchtprogramm mit den Empfehlungen ist die gleiche.
Uns ist dabei wichtig: Wir haben jegliche Kommerzialität aus den Tieren ausgenommen - uns geht es nur um den Erhalt der Tierart und das auf einer möglichst breiten, genetischen Basis. Das ist unser Hauptanliegen.