Anders als in den Vorjahren ist die Zahl der Verfahrenseingänge im Geschäftsjahr 2012 von 3.239 um etwa 12 Prozent auf insgesamt 3.625 Verfahren angewachsen. Grund hierfür sei vor allem die Flüchtlingswelle im Herbst 2012: Waren im Geschäftsjahr 2011 noch 887 Asylverfahren beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangen, so betrug die Zahl der Verfahrenseingänge in diesem Bereich 1.520 - ein Zuwachs von 71 Prozent.
Flüchtlingswelle: Großteil der Asylanträge abgelehnt
Geklagt wurde vor allem von Flüchtlingen aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, darunter viele Roma, die sich Asylbewilligung erhofften. 1.008 erledigte und damit rund 170 mehr Verfahren im Bereich Asylklagen wurden gezählt. Einen bedeutenden Anteil hieran hätten die gerichtlichen Eilverfahren bei Ablehnung von Asylanträgen, wenn sich letztere aus Sicht der Richter als "offensichtlich unbegründet" herausstellen.Asylanträge von Roma-Flüchtlingen wurden demnach fast alle abgelehnt.
"Statt drohender Gefahr im Heimatland vermuteten wir bei der Flüchtlingswelle eher Überwinterungspläne in Deutschland als Hintergrund für die 'Flucht' in die Bundesrepublik", so Hans Strauß, Präsident des Verwaltungsgerichts. Diese Annahme werde dadurch untermauert, dass die meisten der ausländischen Antragssteller nun zum Frühlingsanfang freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehrten. Schon in den ersten Monaten des neuen Jahres 2013 ließe sich abzeichnen, dass vermehrt Flüchtlinge aus Indien, Syrien und Pakistan nach Deutschland kämen - 2012 waren es vor allem Menschen aus Serbien, Mazedonien und dem Kosovo.
Koch-Mehrins Plagiatsverfahren in Karlsruhe
Bei den allgemeinen Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe landeten, sei im Gegensatz zu den Asyl-Verfahren ein Rückgang von etwa elf Prozent zu verzeichnen: Während das Gericht 2011 in 2.352 Fällen, darunter in Sachen Urheberrecht, Datenschutz und Baurecht, entscheiden musste, waren es 2012 lediglich 2.105.
So ging beispielsweise auch die Klage von FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin gegen die Entziehung ihres Doktortitels beim Karlsruher Verwaltungsgericht ein. Erfolg hatte diese allerdings nicht: Die Richter bestätigten den Vorwurf der Universität Heidelberg und bestätigten das Plagiat. "So ein prominenter Fall flattert nicht alle Tage bei uns ein - die Arbeit daran war für uns zwar spannend, aber auch sehr zeitaufwendig, da schließlich mehrere Personen sich der 120-Seitigen Doktorarbeit über die lateinische Münzunion widmen mussten", so Pressesprecher Henning Jaeckel-Leight. Geschummelt habe Koch-Mehrin auf 80 Seiten, so das Urteil des Gerichts.
Kasig vs. Kabel BW: Wer zahlt die Kabelverlegung?
Insgesamt konnten, trotz der weniger gewordenen allgemeinen Fällen, 151 Verfahren weniger abgeschlossen werden als im Jahr 2011. Auch die Dauer der Verfahren habe in den einzelnen Fällen um etwa zwei Monate zugenommen - "das liegt an der personellen Situation bei uns - aufgrund von Krankheit und Ruhestand beträgt die Zahl der Richter zum derzeitigen Stand nur 29", erklärt Strauß. Das Durchschnittsalter der Richterschaft des Verwaltungsgerichts Karlsruhe betrage 49 Jahre.
Einen Ausblick auf 2013 hält das Verwaltungsgericht Karlsruhe ebenfalls bereit: Nach dem Ende seiner Amtszeit verlangt der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus vom Land die Löschung der Dateien aus seinem E-Mail-Postfach. Das Land weigert sich jedoch die Dateien zu verwerfen, da es hinter diesen - der Öffentlichkeit unbekannte - Informationen zum Rückkauf von EnBW-Anteilen vermutet. Am Dienstag, 30. April, soll eine mündliche Verhandlung in Karlsruhe stattfinden.
Außerdem werde dieses Jahr entschieden, wer die Kosten von Kabelverlegungen im Rahmen der Kombilösungs-Baustelle zu tragen hat. Dieses Verfahren wurde durch eine Klage der Kasig angestoßen. Zu den Bauarbeiten für den Stadtbahntunnel gehört nämlich die Kabelverlegung durch den Kabelnetzbetreiber Kabel BW - die Kosten hierfür belaufen sich auf rund 1,3 Millionen Euro. Die Kasig wehrt sich nun gegen eingehende Teilrechnungen für die Kabelverlegung und will festgestellt wissen, dass sie von den Kosten befreit bleibt. Denn das Kabelunternehmen verlangt von der Kasig die Kosten einer durch die Kombilösung notwendigen Kabelverlegung. Ein Verhandlungstermin stehe aber noch nicht fest, so das Gericht.
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