Die Entwicklungen in Israel und dem Gaza-Streifen hinterlassen ihre Spuren auf der langjährigen Partnerschaft zwischen dem Landkreis Karlsruhe und der israelischen Region Sha’ar HaNegev. Neben der mehrtägigen Rettung von Ettlinger Austauschschülern trifft auch der plötzliche Tod des befreundeten Bürgermeisters Ofir Libstein das Landratsamt schwer.
Durch Hamas-Angriff und Libsteins Tod: Projekte liegen auf Eis
Als Ansprechpartner und Freund war Libstein für den Landkreis Karlsruhe die Brücke in den Nahen Osten. Erst durch sein Mitwirken wurden Projekte wie das Austauschprogramm mit dem Beruflichen Bildungszentrum in Ettlingen und Sha’ar HaNegev möglich, so das Landratsamt.

Die Folgen seines Verscheidens: "Sämtliche Aktivitäten und konkreten Projekte liegen auf Eis", erklärt das Landratsamt auf Anfrage. "Unsere Gedanken gehören in diesen Stunden und Tagen ganz dem Verstorbenen Mayor Ofir Libstein und seiner Familie sowie unseren israelischen Freunden."
Was bedeutet das, für die Partnerschaft?
Gefährdet sei die Verbindung nicht, bestätigt das Landratsamt Karlsruhe. Denn: "Die offizielle Partnerschaft besteht seit 2009 - und partnerschaftliche Beziehungen gehen auf das Jahr 1992 zurück."

In dieser Zeit seien tiefe Bande entstanden, sowohl als offizielle Partner als auch über den Jugendaustausch, meint das Landratsamt. "Diese Beziehungen werden sich auch in Zukunft weiter fortsetzen."
Lage der Partnerregion ist seit jeher brisant
Die unmittelbare Nähe von Sha’ar HaNegev zum Gaza-Streifen habe, auch für die Partnerschaft, schon immer eine besondere Situation bedeutet, erklärt das Landratsamt Karlsruhe. "Bereits in der Vergangenheit gab es Sicherheitslagen, die eine Verschiebung von geplanten Reisen erforderte oder vorübergehende Aufenthalte in Schutzräumen."

Die jetzigen Kämpfe hätten allerdings weit schlimmere Ausmaße - "eine ganz andere Qualität" - angenommen, meint der Landkreis. "Deshalb kann bis auf Weiteres an Besuche sicher nicht gedacht werden. Sie werden aber in Zukunft sicher noch wichtiger sein als bisher."
Kann das Landratsamt Karlsruhe die israelischen Freunde in Kriegszeiten unterstützen?
Neben der Aufrechterhaltung einer Verbindung zur Region und Anteilnahme will das Landratsamt auch aktive Unterstützung bieten. "Derzeit werden Hilfsmaßnahmen in enger Abstimmung konzipiert", heißt es - Details nennt ein Sprecher des Landratsamts am 12. Oktober nicht.

"Wir stehen weiterhin in ständigem Kontakt mit unseren israelischen Freunden und wissen, dass unsere Partnerregion stark von den Kämpfen betroffen ist und es viele Tote gegeben hat und großes Leid herrscht", heißt es auf Anfrage der Redaktion.
Verein des Landratsamts: Deutsch-Israelischer Freundeskreis
Ebenfalls in Kontakt zur Partnerregion: Der Deutsch-Israelische Freundeskreis Karlsruhe (DIFK). Gegründet wurde der Verein im Jahr 1994 auf Initiative des damaligen Landrates Bernhard Ditteney und des Botschaftsrates Gerhard Holler.
"Wir unterstützen die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Karlsruhe und der Region Sha'ar HaNegev in Israel und fördern die Kontakte und den Austausch von Wissen", so der Verein auf seiner Internetseite.

Der DIFK unterstütze und fördere sämtliche Bestrebungen Israels und seiner Bürger. Sei es, in puncto Frieden, ein Leben in anerkannten und sicheren Grenzen, oder wirtschaftliche und soziale Sicherheit. Dies werde auch weiterhin der Kurs sein, den der DIFK einschlage, bestätigt Bernd Morlock, erster Vorsitzender des Vereins auf Anfrage.
Was macht der Deutsch-Israelische Freundeskreis?
"Wir engagieren uns für einen Frieden im Nahen Osten, der die Lebensfähigkeit Israels dauerhaft sichert, und treten für eine Verständigung zwischen allen Völkern der Region ein", erklärt der Verein.

Um dies zu erreichen, bietet der DIFK folgende Programme an:
- Vorträge unterschiedlichster Referenten
- Musikalische Veranstaltungen
- Jugendaustausch als Beitrag für eine friedliche Zukunft
- Die Unterstützung junger Volontäre im Nahen Osten
- Studienreisen, um sich selbst ein Bild zu machen, den Menschen vor Ort zu begegnen und in der eigenen Gruppe zusammenzufinden
Verein verurteilt Hamas-Angriff
Im Zuge der Hamas-Anschläge auf Israel verkündet der DIFK seine Anteilnahme: "Wir erklären unsere volle Solidarität mit den Menschen in der Partnerregion und Israel insgesamt", heißt am 8. Oktober, einen Tag nach den Angriffen.

Auch der Verein ist durch den plötzlichen Tod von Ofir Libstein schwer getroffen. "Viele von uns lernten ihn aus persönlichen Begegnungen kennen und schätzen. Darüber hinaus sind hunderte weiterer Opfer zu beklagen", bedauert der Verein.
Geht der Austausch auch im Kriegszustand weiter?
Das Angebot, die Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Israel, werde trotz der gegenwärtigen Lage in der Region und dem Gaza-Streifen weitergeführt, sagt der erste Vorsitzende. "Wir halten Kontakt, zeigen Solidarität und klären auf mit unseren Veranstaltungen. Dazu gehört auch sicher wieder eine Reise."

"Seit dieser Zeit haben wir uns mit vielfältigen Aktivitäten zu einem beachteten Akteur in der kulturellen Landschaft der Stadt und des Landkreises Karlsruhe entwickelt", erklärt der Verein.