"Aus Sicht des Jugendschutzes gibt es zum oberkörperfreien Baden aller Geschlechter in Bädern Bedenken. Dies ist unabhängig von einem Mindestalter", erklärt das Landratsamt Karlsruhe auf Anfrage der Redaktion.
Schutz von Kindern und Jugendlichen
Das Landratsamt ist selbst kein Schwimmbad-Betreiber und gestaltet daher auch keine Verhaltensregeln. Dennoch gewährt es eine allgemeine Einschätzung aus dem Jugendamt zur brisanten Thematik. Denn: Bei einer allgemeinen oberkörperfreien Badeerlaubnis sind auch Minderjährige mit inbegriffen.

"Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sollten keine Plattform entstehen, die für Personen mit pädophilen Störungen Potenzial bieten, diesen auf einfachem Wege nachkommen zu können. Eine solche Plattform könnte durch das oberkörperfreie Baden entstehen", wie das Landratsamt auf Anfrage von ka-news.de mitteilt. Vorfälle im Zusammenhang mit Pädophilie seien fortwährend Gegenstand des Jugendschutzes.
Aufklärung mal anders
Selbst wenn Kinder und Jugendliche auf das oberkörperfreie Baden verzichten, so geraten diese dennoch in Kontakt zu Badegästen, die das Angebot wahrnehmen. Die antragstellende Fraktion sieht darin kein Problem: "Ich halte dies für absolut unbedenklich, im Gegenteil sogar für positiv", so Mathilde Göttel, Stadträtin der Linke Karlsruhe.

In dem Vorhaben ist sexuelle Aufklärung quasi integriert. "Gerade, weil in unserer Gesellschaft Bilder von völlig unrealistische Schönheitsideale dominieren, kann die beiläufige Konfrontation mit völlig normalen Körpern helfen, ein akzeptierendes und entspanntes Verhältnis zum eigenen Körper zu entwickeln", erklärt die Stadträtin gegenüber ka-news.de.
Der Umgang mit Nacktheit
Dem Lichtbund Karlsruhe sind freie Oberkörper jeder Art nicht fremd - im Gegenteil. Mit rund 800 Mitgliedern zelebriert der Verein die Freikörperkultur (FKK).
"Unsere Kinder und Jugendliche sind zum Großteil seit frühester Kindheit an Freikörperkultur gewöhnt und haben auch mit Nacktheit anderer kein Problem", heißt es vonseiten der Geschäftsstelle des Vereins. Die Kinder seien nur in Begleitung ihrer Eltern auf dem nicht öffentlichen Vereinsgelände unterwegs.
Gegenseitige Rücksichtnahme geboten
Ob das Angebot der Linken in den Schwimmbädern sinnvoll sei, könne der Verein nicht beurteilen. "Vielleicht ist es einen Versuch wert", so der Lichtbund Karlsruhe. Allerdings dürften die Bedürfnisse der mehrheitlichen Badegäste nicht vergessen werden.

"Man muss auch an die Eltern und Kinder denken, die mit Nacktheit ein Problem haben. Sie können nicht mehr unbeschwert das Freibad aufsuchen", mahnt der Verein. Die Entscheidung im Gemeinderat der Stadt werde mit Spannung verfolgt.
Bäderausschuss tagt am 21. Juli
Diese hält sich bislang bedeckt. "Die Linke Fraktion hat sich dafür entschieden, den Antrag im Fachausschuss behandeln zu lassen, der nun leider erst Ende Juli stattfindet. Bis dahin wird die Verwaltung natürlich eine Stellungnahme erarbeiten", heißt es vonseiten der Stadtverwaltung.
Eine Stellungnahme zu möglichen Reibungspunkten mit dem Kinder- und Jugendschutz gibt die Stadt Karlsruhe vorerst nicht ab. Auf eine Anfrage der Redaktion heißt es: "Wir können aktuell nur auf geltendes Recht zur Thematik hinweisen."
Aktualisierung, 24. Juli: Oben-ohne-Baden in Freibädern gestattet
Wie die Fraktion der Linken und auch die Stadt bestätigen, wurde der Antrag der Linken zum oberkörperfreien Baden für alle Geschlechter in Karlsruhe mit einer Mehrheit von sechs zu vier Stimmen angenommen. Als Kompromiss wurde im Bäderausschuss aber festgelegt, dass das Schwimmen oben-ohne ab 22. Juli in Karlsruher Freibädern gestattet wird - vorerst aber nur dort. In den Hallenbädern bleibe das Tragen eines Oberteils nach wie vor Teil der Badeordnung.
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