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Karlsruhe: Kandidatentalk zur Bundestagswahl: Ein Hauch von Fernsehstudio ...

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Kandidatentalk zur Bundestagswahl: Ein Hauch von Fernsehstudio ...

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    Mal im Vierer-, mal im Fünfer-Pack: die Bundestagskandidaten aus Karlsruhe bei Diskussionen auf dem Podium. Unser Bild zeigt von links Karin Binder, Johannes Jung, Sylvia Kotting-Uhl und Ingo Wellenreuther (in der Mitte der Moderator, nicht auf dem Foto Heinz Golombeck, FDP)
    Mal im Vierer-, mal im Fünfer-Pack: die Bundestagskandidaten aus Karlsruhe bei Diskussionen auf dem Podium. Unser Bild zeigt von links Karin Binder, Johannes Jung, Sylvia Kotting-Uhl und Ingo Wellenreuther (in der Mitte der Moderator, nicht auf dem Foto Heinz Golombeck, FDP) Foto: smj

    Ein Fernsehduell wie das zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Herausforderer Frank-Walter Steinmeier (SPD), das von Sat.1, RTL, ARD und ZDF zeitgleich zwei Wochen vor der Wahl, am 13. September, live ausgestrahlt wird, kann man in Karlsruhe kaum erwarten. Aber doch kommt ein Hauch von Fernsehstudio auf, wenn man die Kandidaten auf dem Podest der Lichtdurchfluteten Eingangshalle des Röser-Hauses am Mendelssohnplatz diskutieren sieht. Wenige Tage zuvor, im Gewerkschaftshaus des DGB an der Ettlinger Straße wirkt es geradezu familiär.

    Diskussionsrunde beim DGB: Einigkeit nur beim Thema Bildung

    FDP-Kandidat Heinz Golombeck, berufstätiger FDP-Kreisvorsitzender und seit kurzem im Stadtrat der Fächerstadt (siehe auch Teil IV der ka-news-Wahlserie), betreibt nach eigener Auskunft Wahlkampf "überwiegend am Feierabend". Da wundert es kaum, dass er bei der Diskussion des vergangenen Dienstags im DGB-Haus zum Thema "Wege aus der Wirtschaftskrise" nicht teilnehmen kann. An diesem Tag hätte er bei der überwiegend älteren, gewerkschaftlich orientierten Zuhörerklientel als FDP-Vertreter wohl ohnehin einige Pfeile auf sich gezogen.

    Die bekommt stattdessen CDU-Mann Ingo Wellenreuther ab, der sich verteidigt, er stehe hier "für die CDU", das FDP-Wahlprogramm habe er nicht im Detail gelesen. Doch auch Wellenreuther wehrt sich gegen "eine Neiddebatte", verteidigt "steuerliche Entlastungen" für Unternehmer, und anders als Karin Binder (Linke), Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) und Johannes Jung (SPD) hält er einen Mindestlohn "nur auf tariflicher Ebene für sinnvoll".

    Bei den Folgen der Globalisierung und deren Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft ist zwischen dem CDU-Mann und den drei eher der Linken zugerechneten Politikern kaum Einigkeit zu erzielen. Ganz anders beim Thema Bildung. Etwas deplatziert wirkt an diesem Tag nur der Blumenstrauß des Moderators Martin Spreng vom DGB vor dem Podium der 35 Zuhörer für seine Vorgängerin im Amt als Gewerkschaftschef: "Geburtstagskind" Karin Binder, seit 2005 im Bundestag für Karlsruhe vertreten.

    Wellenreuther signalisiert Unterstützung für Bürgerentscheid

    Szenenwechsel zum Röser-Haus: Kommunikationswissenschaftler untersuchen gerne die von Duellen ausgehenden Wirkungen, wie jenes, das zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier geplant ist. Vor allem bei unentschlossenen Wählern können auch Podiumsdiskussionen Punkte bringen. An diesem Freitagabend im Röser-Haus am Mendelssohnplatz, dem Verlagshaus, das jeden Sonntag eine kostenlose Sonntagszeitung in die Haushalte liefert, setzt die begrüßende Verlagsgeschäftsführerin Annette Röser auf die Kraft der Argumente, die grundlegend seien für eine Demokratie. Sie hofft auf eine "hohe Wahlbeteiligung".

    Wirklich kontrovers ist die Diskussion vor rund 100 Zuhörern nur in wenigen Punkten. CDU-Mann Wellenreuther und SPD-Kreisvorsitzender Johannes Jung werfen sich beim Thema Diamorphin, der in Karlsruhe seit 2002 praktizierten Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige, dagegen fast schon die Bälle zu. Von Menschlichkeit ist die Rede. Auch beim Streit um die Kombilösung, wo sich zunächst Jung und wenige Tage darauf Wellenreuther als Befürworter eines neuerlichen Bürgerentscheids ("wenn das Unterstützerquorum von 20.000 Unterschriften zusammenkommt") geoutet haben, herrscht Einigkeit.

    Verwunderung gibt es allenfalls darüber, was dieses Thema überhaupt im Bundestagswahlkampf zu suchen habe. Johannes Jung bringt es auf den Punkt: Das Thema "wäre im Vorfeld der Kommunalwahl besser aufgehoben gewesen". Einer allzu harmonischen Diskussion versucht Moderator Bert Langbehn, Redaktionsleiter besagter Sonntagszeitung, vereinzelt etwas "Pfeffer" zu verleihen. Mehrfach meint er, an CDU-Mann Wellenreuther und SPD-Vertreter Jung gerichtet, beide Kandidaten seien "im Wahlkreis sehr präsent".

    Der "Politamateur" antwortet angenehm kurz und präzise

    Und doch erkennt er offenbar Unterschiede. An Wellenreuther richtet er die Frage: "Mancher Bürger sage, ich sehe den Wellenreuther beim KSC, ich sehe den im Rathaus, aber wann ist der Wellenreuther in Berlin?" Der langjährige CDU-Stadtrat kontert den Moderator dann aber eher gelassen.

    Das nachlassende Wahlinteresse treibt dagegen Kotting-Uhl, einst Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg ebenso um wie Binder von der Linken. Kotting-Uhl verteidigt die Abgeordneten des Bundestags, dem sie selbst seit 2005 angehört, gegen bestehende Vorurteile. Die Arbeit würde nicht im Plenum gemacht, das Mandat erfordere ein hohes Maß an Logistik und Arbeitsorganisation.

    Dem pflichtet auch SPD-Kollege Jung bei, der sich als Mitglied des prestigeträchtigen Auswärtigen Ausschusses zudem häufig im Ausland aufhält. Der FDP-Kandidat Golombeck, der einzige auf der Podium, der (noch) nicht im Bundestag vertreten ist, wirkt dagegen noch nicht als der "ausgebuffte Polit-Profi": Seine Antworten sind angenehm kurz und präzise.

    Kleine Stichelei: "PDS-Linkspartei"

    Eine kleine Stichelei entbrandet dann noch zwischen Jung (SPD) und Binder (Linke), als der SPD-Mann vom Moderator auf das Verhältnis zur Linkspartei angesprochen, mehrfach und ziemlich penetrant von "der PDS-Linkspartei" spricht. Auch die SPD lerne irgendwann, welchen Namen die Partei seit mehr als zwei Jahre trage, giftet Binder zurück. Der Abend endet aber dann doch eher harmonisch in Einzelgesprächen, der noch zeitweilig in der lichtdurchfluteten Eingangshalle des Röser-Hauses am Mendelssohnplatz verbleibenden Kandidaten.

    Das nächste Aufeinandertreffen der Direktkandidaten für das Mandat im Bundestag wird folgen - und auch da wird etwa Wellenreuther ("Ich wundere mich immer wieder über die mangelhafte Gesprächskultur von Politikern im Fernsehen.") wieder die Diskussion mit den Kontrahenten Binder (Linke), Kotting-Uhl (Grüne), Jung (SPD) oder FDP-Kandidat Golombeck suchen.

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