Wir sitzen im Außenbereich eines Restaurants unweit des Ständehauses, auf das Jung im Laufe des Gesprächs auch immer wieder zurückkommt. "Wir haben uns ja nicht ohne Grund dort getroffen", leitet er die Begründung für unseren Treffpunkt ein, "es hat eine gewisse Bedeutung für die Demokratie in Deutschland und hat auch mit meiner Politik zu tun."
"Nicht kirre machen lassen"
Von seinen Wahlplakaten lächelt der 42-jährige SPD-Kandidat vor rotem Hintergrund. Wird er auf das Umfragetief der Sozialdemokraten angesprochen, legen sich dagegen tiefe Sorgenfalten auf das Gesicht des Politikers: "Die Zahlen sind schlecht - sogar sehr schlecht", gesteht er ein.
Jung bewahrt als studierter Politikwissenschaftler jedoch einen kühlen Kopf: "Ich hab in Soziologie alle Statistikscheine, die man damals in Heidelberg machen konnte. Ich weiß, wie Umfragedaten zu Stande kommen, die Frage ist: Was bedeuten diese Zahlen überhaupt?" Diese nur scheinbar rhetorische Frage beantwortet er wenig später selbst. Umfragen würden lediglich eine Stimmung wiedergeben, wenn es nach den Sozialdemokraten geht, solle "die sich aber nicht verfestigen". Die SPD wird sich jedenfalls "nicht kirre machen" lassen - bildhaft erklärt Jung, dass es "am Ende darauf ankäme die Nase vorne zu haben".
Jung: "Der Wahlkreis ist nicht eindeutig schwarz oder rot"
Auch in seinem Newsletter "politiKA" findet sich ein Hoffnungsschimmer: "Eine große Anzahl der Wählerinnen und Wähler sieht in der SPD 'ihre' Partei, wartet derzeit aber noch ab. Diese Wählerinnen und Wähler gehen nicht zu anderen Parteien. Sie schwanken zwischen der Wahl der SPD oder der Wahlenthaltung."
Trotz der faktisch schlechten Zahlen hat Jung mit dem Direktmandat ein klares Ziel vor Augen. "Der Wahlkreis ist ja nicht eindeutig rot oder schwarz", dies kann er auch mittels der letzten vorgezogenen Wahl 2005 belegen: Nach eigenen Angaben fehlten dem Sozialdemokraten "nur zweieinhalbtausend Stimmen zum Direktmandat".
Die SPD und ihr Wahlwal
Ebenfalls gut zu seiner Politik passt sein Wahlkampf, ist sich Jung sicher. Er weiß, dass es im Wahlkreis nicht nur auf seine Fachgebiete - den Auswärtigen Ausschuss und den Menschenrechtsausschuss - ankommt, sondern auf Arbeit, soziale Sicherung, Familie, Beruf und in der Fächerstadt noch auf Bildung und Innovation; entsprechend sehe sein Wahlkampf aus: Mit der stellvertretenden Parteivorsitzenden Andrea Nahles besuchte er den Kreativpark Ostaue, Ernst Ulrich von Weizsäcker kommt auf Stippvisite nach Karlsruhe - "der passt zu dem, was ich für richtig halte, der passt in den Wahlkreis". Anhand der Personen, die noch nach Karlsruhe kommen, könne man sehen, welche Themen ihm wichtig sind und wo seine inhaltlichen Schwerpunkte liegen.
Fest zum Wahlkampf-Team gehört auch der rote Wahlwal, von dem offenbar nicht nur Kinder begeistert sind: "Wir haben seit vier Jahren einen auf der Fensterbank sitzen - der ist noch wie neu." Kinder ist dennoch ein gutes Stichwort: Wie erklärt der Volksvertreter einem Grundschulkind die SPD?
Das Bollwerk der Demokratie
"Die SPD ist die älteste und stolzeste Partei in Deutschland", sprudelt es aus dem Karlsruher heraus, "es ist vor allem die Partei, die ihren Namen nie ändern musste. Wir haben eine unzweifelhaft demokratische Tradition, wir sind eigentlich das Bollwerk der Demokratie in Deutschland - auch ein Grund, warum wir uns am Ständehaus getroffen haben. Und wir sind die Partei, die traditionell für die arbeitet, die sich nicht selber helfen können."
Der Kaffee ist getrunken, unser Gespräch beendet, da kommt ein Straßenverkäufer einer Obdachlosenzeitung an unseren Tisch: "Kaufen Sie mir eine Straßengazette ab?" Über Jungs Gesicht huscht ein Lächeln: "Gerne." Er zückt seinen Geldbeutel und drückt dem Mann ein paar Münzen in die Hand.