"Je früher wir mit den Bürgern ins Gespräch kommen, desto besser werden später die einzelnen Planungsschritte", sagte Oberbürgermeister Frank Mentrup am Dienstagabend vor etwa 80 interessierten Bürgern im Lichthof der Badischen Versicherungen (BGV). Die Bürgerveranstaltung sei der Beginn eines intensiven Beteiligungsprozesses. "Ihre Ideen, Vorbehalte, Anregungen und Kritik haben eine hohe Relevanz", betonte Mentrup.
OB Mentrup: "Ein Sechser im Lotto"
Der aufflammenden Kritik aus dem Einzelhandel entgegnete Mentrup: "Wir halten die Auswirkungen für vertretbar." Die Ikea-Ansiedlung sei vielmehr eine Aufwertung der entsprechenden Lage und bringe positive Effekte für den gesamten Karlsruher Einzelhandel. Ikea sei "eine Bereicherung für den Einkaufsstandort Karlsruhe". "Es ist ein Sechser im Lotto, dass es überhaupt jemanden gibt, der mit uns dieses Brachgelände mit seinen ganzen Altlasten gestalten möchte."
Die große Herausforderung sei es, ein funktionierendes Verkehrskonzept zu entwickeln. Denn auf der rund 30.000 Quadratmeter großen Fläche gäbe es keinen Platz für ausgedehnte Parkplatzflächen. Daher müsse eher "ineinander und übereinander" gebaut werden. Zudem müsse ein gutes Mobilitätskonzept entwickelt werden, welches das ÖPNV- und Radwegenetz optimal integriere, damit die Straßen nicht zu voll würden.
Ikea will "ein guter Nachbar sein"
Ikea-Sprecherin Simone Settergren erklärte: "Wir bringen Besucher und neue Impulse in die Region." Das schwedische Möbelhaus lege "viel wert auf eine gute Nachbarschaft". Auch schaffe das Unternehmen 200 neue Arbeitsplätze in Karlsruhe, und bringe der Stadt voraussichtlich über eine Millionen Euro an Gewerbesteuer jährlich.
Nicole Schaffelder, Ikea-Projektleiterin für den Standort Karlsruhe, sagte: "Wir suchen schon lange einen geeigneten Standort in der Region und haben ihn nun in Karlsruhe gefunden." Für die Fläche spreche die "Nähe zur City", dass sie bereits überwiegend versiegelt sei und die sehr gute Anbindung an das ÖPNV- (Haltestelle Weinweg, Bahnhof Durlach) und bestehende Radwegenetz.
Ikea plane auf dem Gelände eine Verkaufsfläche mit 25.500 Quadratmetern, 1.500 Parkplätze (darunter 400 für EnBW-Mitarbeiter) und rund 250 Fahrradstellplätze. Eine "kompakte Gebäudestruktur" mit einer maximalen Höhe von 28 Metern, die sich ins städtebauliche Umfeld einfüge, solle auf dem Areal in der Oststadt entstehen. Es werde zudem ein Architekturwettbewerb für die Fassade veranstaltet. "Wir möchten zu einem repräsentativen Stadtteingang beitragen", so Schaffelder.
Mit der Bahn und dem Lastfahrrad zu Ikea?
"Ein funktionierendes Verkehrskonzept ist uns sehr wichtig", betonte sie zudem. Ziel sei es, dass in Zukunft 15 Prozent der Ikea-Kunden in Karlsruhe mit dem ÖPNV anreisen (Durchschnittswert aller Filialen in Deutschland: 5 Prozent). Aber auch Carsharing, der Verleih von Lastenfahrrädern oder das kostenlose zur Verfügung stellen von E-Transportern sei schon in anderen Städten erfolgreich erprobt worden und Teil der Überlegungen für das Karlsruher Ikea-Konzept. "Wir planen in alle Richtungen."
Die größten Herausforderungen dürften die Besucherströme und daraus resultierenden Verkehrsbelastungen werden. Das waren am Dienstagabend vor allem die Befürchtungen vieler anwesender Bürger. Mann Mobilia, EnBW, Bauhaus, die neue dm-Zentrale, Großmarkt: Die bereits heute stark befahrene Durlacher Allee, aber auch der Ostring, die Gerwig- und Käppelestraße sowie der Weinweg könnten durch die bis zu 2,3 Millionen neuen Ikea-Kunden im Jahr im Verkehrchaos versinken.
Verträgt die Durlacher Allee so viel Verkehr?
Dieser Sorge widerspricht allerdings Stefan Wammetsberger vom Karlsruher Ingenieurbüro Koehler und Leutwein. Der Verkehrsplaner hat bereits eine erste Verkehrsstudie (Werktag und Samstag - ohne KSC-Heimspiel) erstellt. Laut seinem Gutachten würden der Verkehr durch Ikea auf der Durlacher Allee um bis zu 12 Prozent, auf dem Ostring um etwa 14 Prozent und im Weinweg um rund 15 Prozent zunehmen. Das bedeute in den Spitzenstunden für die Durlacher Allee 585 Kfz pro Stunde an einem Tag unter der Woche, 885 Kfz pro Stunde an einem Samstag.
Aktuell fahren auf der Durlacher Alle (zwischen Autobahnausfahrt und Weinweg) bis zu 45.000 Fahrzeuge täglich hin- und wieder zurück. Vor allem die Kontenpunkte stehen daher im Fokus der weiteren Planungen, da es hier bei einem höheren Verkehrsaufkommen am ehesten zu Engpässen kommen kann. Hier soll unter anderem durch optimierte Ampelschaltungen Abhilfe geschaffen werden.
"Wir gehen in unseren Berechnungen von maximalen Zahlen aus. Wenn es damit funktioniert, dann auch mit weniger", so Wammetsberger. Denn in den Zahlen seien die möglichen 15 Prozent der Kunden, die den ÖPNV nutzen oder mit dem Rad fahren, sowie ein möglicher Mitnahmeeffekt noch gar nicht berücksichtigt, bemerkte er.
Rheinbrücke: 550 Fahrzeuge pro Tag mehr
Der Verkehrsexperte geht aktuell davon aus, dass 50 bis 60 Prozent der Ikea-Kunden von der Autobahn über die Durlacher Allee zum Einrichtungshaus fahren werden. Hier soll auch die Haupteinfahrt zum Möbelhaus entstehen. Geplant seien aber noch eine weitere Ein- und Ausfahrt in der Gerwigstraße sowie eventuell eine zusätzliche Ausfahrt in den Weinweg.
Die Rheinbrücke könnte durch Ikea-Kunden aus der Pfalz übrigens mit bis zu 550 Fahrzeugen pro Tag mehr belastet werden (Zunahme von bis zu 1 Prozent). Aber: "Kein Mehrverkehr für Hagsfeld", erklärte der Verkehrsplaner auf die besorgte Frage einer Anwohnerin.
Ein Bürger wollte wissen, welche Auswirkungen denn der Lieferverkehr haben könnte. "Am Tag fahren etwa 10 bis 12 Lkw das Einrichtungshaus in den frühen Morgenstunden zwischen 3 und 7 Uhr an. Der Berufsverkehr sollte daher also nicht betroffen sein", beschwichtigte Nicole Schaffelder von Ikea.
2,3 Millionen Besucher pro Jahr
Die neue Ikea-Filiale soll auf einem rund 30.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Durlacher Allee/Weinweg entstehen. Ikea plant mit einem Baubeginn im Sommer 2016. Ein Jahr später - im Sommer 2017 - soll die Karlsruher Ikea-Filiale dann eröffnet werden. Der Möbelriese rechnet am Standort Karlsruhe mit etwa 2,3 Millionen Besuchern pro Jahr. Ikea investiert für das neue Einrichtungshaus rund 80 Millionen Euro.
Der schwedische Möbelkonzern sucht bereist seit längerer Zeit nach einem geeigneten Standort für ein Einrichtungshaus in der Region. So hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Dezember 2013 ein Bauverbot für eine Ikea-Filiale in Rastatt ausgesprochen. Die Stadt Karlsruhe und der Möbelriese haben daraufhin Gespräche aufgenommen und sich auf Standortsuche begeben. Das nächste Ikea-Einrichtungshaus aus Karlsruher Sicht befindet sich aktuell im rund 50 Kilometer entfernten Walldorf und soll "entlastet" werden.
Aktuell sammelt die Stadt noch Stellungnahmen von Bürgern, bevor schließlich im Gemeinderat über den Bebauungsplan abgestimmt wird. Hier finden Sie den Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Einrichtungskaufhaus Am Weinweg" der Stadt Karlsruhe!
Ikea-Online-Bürgerforum auf ka-news:
Seit Dienstagabend, 25. November, ist das Ikea-Online-Bürgerforum auf ka-news online. Bürger und insbesondere die Nachbarn können sich hier dauerhaft und ausführlich über die geplante Ikea-Ansiedlung in Karlsruhe informieren, Fragen stellen, Anregungen und Kritik äußern. Ikea wird dort direkt auf Ihre Fragen eingehen und antworten. Hier geht's direkt zum Ikea-Bürger-Online-Forum auf ka-news!
Alle ka-news-Berichte über Ikea in Karlsruhe gibt's hier in unserem Dossier!