DVD, Blu-ray, VHS: Diese Begriffe kennt die jüngere Generation wohl nur noch aus ihrer frühen Kindheit. Bei den ganz alten Videokassetten wurde die Produktion mittlerweile sogar eingestellt.

Seitdem Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime sich immer größerer Beliebtheit erfreuen, schrumpfen die Verkaufszahlen der analogen Produkte. Sehr zum Unmut der Videotheken immer weniger Leute kommen vorbei, um sich Filme und Serien auszuleihen.

So sieht's aus: Die Start-Oberfläche des amerikanischen Streaming-Dienstes Netflix.
So sah sie im Jahr 2014 aus: Die Start-Oberfläche des amerikanischen Streaming-Dienstes Netflix in ihren Anfängen | Bild: Bernd von Jutrczenka

Die letzte Videothek in der Region

Umso nostalgischer ist da der Moment, sobald man den kleinen Videoladen in der Karlsruher Südweststadt betritt. Denn hier werden auch in der heutigen Zeit DVDs und Blu-rays verkauft. Exemplar an Exemplar reiht sich sorgfältig geordnet in den Regalen. 

"Innerhalb eines Umfelds von 30 bis 40 Kilometern gibt es einfach nichts mehr", so Inhaber Harald Wetzel. Viele seiner treuen Kunden reisen deshalb sogar von Baden-Baden, Rastatt oder Bruchsal an. In Deutschland selbst gäbe es noch rund 300 Ausleihen, schätz Wetzel.

Eine Leidenschaft, die sich durch das ganze Leben zieht

Der 56-Jährige hat seine Leidenschaft ganz klar zum Beruf gemacht. Zirka 10.000 Filme hat er in seinem Sortiment. Aber: Hat er denn schon selbst alle gesehen? "Dafür habe ich gar nicht mehr die Zeit", lacht er. Ein Filmliebhaber ist er trotzdem durch und durch: "Früher habe ich eigentlich jeden Tag Filme geschaut", erzählt er im Gespräch mit ka-news.de.

Spezialist: Harald Wetzel kennt sich mit seinen Filmen bestens aus.
Spezialist: Harald Wetzel kennt sich mit seinen Filmen bestens aus. | Bild: Sophia Wagner

Seine erste Anlaufstelle damals: Das Kult-Kino Schauburg in der Südstadt. Hier besuchte der Karlsruher nach der Schule meistens das "Non-Stop-Kino".

"1,30 Euro für den ganzen Nachmittag, stellen Sie sich das einmal vor!" schwärmt er von den alten Zeiten. "Wenn meine Freunde und ich mal kein Kleingeld übrig hatten, haben wir ein paar Pfandflaschen zusammengesammelt, das hat dafür gereicht."

Mit 18 Jahren fängt Wetzel, der eigentlich hauptberuflich im IT-Bereich tätig war, an, in der Videothek zu jobben. Die gibt es bereits seit 1975 und befand sich damals noch in der Fritz-Erler-Straße. 

Um die 10.000 Filme gibt es in der Videothek.
Um die 10.000 Filme gibt es in der Videothek. | Bild: Sophia Wagner

"In den Neunzigern sah die Welt noch anders aus, da gab es rund 30 Videotheken in der Stadt", erinnert sich Wetzel. Er übernahm schließlich 2013 das Geschäft in der Südweststadt, nachdem der alte Besitzer in Rente gegangen war. 

Streamingdienst killt DVD-Shops

Zwischen Dauerbrennern wie Breaking Bad, Sex and the City oder How I met your mother, sind auch ältere Klassiker wie Dallas oder die Karl May-Reihen bei Wetzel zu finden. Doch hier ist die Anzahl massiv zurückgegangen: "Die Lizenzen sind einfach zu teuer", sagt Wetzel.

Hier wird jeder fündig.
Hier wird jeder fündig. | Bild: Sophia Wagner

Ein weiterer Punkt: Schon seit 2007, vor dem Aufkommen der Streaming-Dienste in Deutschland, macht sich ein deutlicher Rückgang bei den Ausleihen bemerkbar. "Das war in ganz Deutschland ein plötzliches Phänomen. Niemand wusste, warum", erläutert der 56-Jährige

Aufgrund der Nachfrage habe sich schlussendlich auch die Anzahl seiner Filme verringert: Wo es früher einmal 20 Kopie von einem Exemplar gab, sind es jetzt noch ein bis zwei Stück.

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Diese vergibt er für kleine Preise, um das Geschäft anzukurbeln. Ein Verleih für einen Tag kostet 2,50 Euro, für jeden weiteren Tag kommt ein Euro dazu. Zum Verkauf gibt es gebrauchte Filme ab drei bis vier Euro, Neuheiten zwischen acht und zehn Euro. "Günstiger als in anderen Elektro-Geschäften oder Drogerien", merkt er an.

Sonderwünsche stehen an der Tagesordnung

Doch nicht nur das Kaufverhalten hat sich geändert. Auch das Publikum selbst bevorzugt heute andere Filminhalte als früher. "Blockbuster sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Viele kommen und wollen etwas Außergewöhnliches oder etwas ganz Bestimmtes haben. Ich habe für manche Kunden schon ganze eigene Ordner angelegt", erzählt er.

Im Laden besteht Wetzels Arbeitsalltag daher hauptsächlich aus dem Bestellen von Filmen, darunter die zahlreichen Kundensuchen und Sonderwünsche.

Videothek
Bild: Sophia Wagner

Was am meisten gekauft wird, sei dabei ganz unterschiedlich. "Man kann hier keinen einheitlichen Trend festmachen", meint Wetzel. "Die Leute kommen zum Stöbern vorbei und entscheiden sich auch häufig danach, wie das Cover aussieht."

Stammkunden schätzen Qualität und persönlichen Kontakt

Eben durch diese Stammkundschaft ist das Überleben des kleinen Film-Geschäfts überhaupt gesichert. Dazu gehört zum Beispiel Rolf.  Er leiht sich schon seit 40 Jahren Filme aus der Videothek aus, auch für seinen Sohn. "Das setzt mich immer wieder in die Vergangenheit zurück. Der Flair, es ist einfach etwas Besonderes. Ich persönlich gucke alles."

Stammkunde Rolf kommt regelmäßig zum Ausleihen von Filmen.
Stammkunde Rolf kommt regelmäßig zum Ausleihen von Filmen. | Bild: Sophia Wagner

Er selbst sieht das DVD-Schauen als sein Hobby und schätzt auch die Qualität, die er bei Wetzel im Laden bekommt. "Da warte ich auch gerne mal ein bisschen länger auf eine Neuerscheinung, bis es sie bei Harald gibt", lacht er.

Der Prozess des Kaufens, das Einlegen in den Player, am besten daheim einen großen Bildschirm und eine gute Anlage haben   das macht für ihn das Filmerlebnis aus. Dafür braucht er kein Kino. "Da steckt Leidenschaft dahinter", so der Filmfan. 

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Wetzel kann das nur bestätigen und nennt noch einen weiteren Vorteil gegenüber den Streamingdiensten: Den Kundenkontakt. "Der Austausch, die Beratung, das hat man nur noch hier vor Ort. Reich wird man nicht mit dem, was ich hier mache. Aber so lange mir meine Kunden bleiben, bin ich auch noch hier.“