Mitbegründer der Ettlinger Firma und Drahtzieher des Skandals war Manfred Schmider, der 1986 eine Lizenz zur Herstellung der Borhmaschinen in den USA erwirbt.
Vom Gebrauchtwagenhändler zum milliardenschweren Geschäftsmann
Manfred Schmider wird 1949 in Karlsruhe geboren und ist immer fleißig, ideenreich und hoch ambitioniert. Im Geschäftsleben will er immer an die Spitze gelangen und verkauft bereits mit 16 Jahren Lebensversicherungen – später eröffnet er einen Gebrauchtwagen- und Schrotthandel. 1986 entdeckte er bei der Firma FlowMole in den USA eine Horizontalbohrmaschine, mit der man unterirdisch Leitungen verlegen konnte, ohne den Boden aufzugraben. Er erwirbt dafür eine Lizenz zur Herstellung der Bohrmaschinen in Deutschland und gründet zusammen mit seinem Partner Klaus Kleiser die Firma FlowTex in Ettlingen.

Innerhalb weniger Jahre baut Schmider die Firma zu einer Gruppe aus und beschäftigt tausende von Mitarbeitern. Als schillernde Persönlichkeit beeindruckt Manfred Schmider, der wegen seiner korpulenten Erscheinung den Spitzenamen "Big Manni" trägt, sowohl Politiker als auch Bankinvestoren und die Leute überschlagen sich, um in sein Unternehmen zu investieren und in seine Entourage aufgenommen zu werden.
In der Tat ist die Firma in den Anfangsjahren sehr erfolgreich und genießt das Vertrauen von Banken, Politikern und Investoren.
Das Luxusleben des Geschäftsführers
Der große Erfolg der Firma führt dazu, dass der Firmachef anfängt, ein Leben im absoluten Luxus zu leben. Sein Anwesen auf dem Turmberg in Durlach hat 60.000 Quadratmeter. Die wenigen Kilometer von Durlach zur Arbeit in Ettlingen fliegt er mit einem privaten Hubschrauber. Er erwirbt eine Yacht vom Sultan von Brunei und kauft Villen in Cannes, Miami, Ibiza und St. Moritz. Außerdem spendet er wiederholt an die CDU und die FDP und unterstützt Politiker. An seinem 50. Geburtstagsfeier hält Ministerpräsident von Baden-Württemberg Lothar Späth die Laudatio.

1995 erhält Schmider den Auftrag, den Flughafen Baden/Söllingen, den heutigen Baden Airpark, zu erwerben, um hier die Ansiedlungen von Gewerbebetrieben hier zu etablieren. Dafür bekommt er einen Zuschuss vom Land.
Schein und Betrug
In der Tat jedoch basiert das ganze Geschäft bei FlowTex auf einem sogenannten Schneeballsystem. Insgesamt verkauft FlowTex 3142 Horizontalbohrmaschinen, die in der Tat nicht existieren. Eigentlich hält die Firma zwischen 200 und 300 reale Bohrmaschinen. Die fingierten Maschinen werden an Leasingfirmen und Banken verkauft und in sogenannten Sale-Lease-Back-Transaktionen wieder zurückgeleast, damit die Leasingfirmen den Marktbedarf für eine Finanzierung bei den Banken nachweisen können.

Die Kredite, die den Leasingfirmen für den Kauf der fingierten Maschinen gewährt werden, bilden den Gewinn für FlowTex. Bei Prüfungen durch Banken, Revisoren und Kreditgebern in der Firma tauschen die Mitarbeiter von FlowTex die Seriennummern auf den Zulassungsschildern der Maschinen, um vorzutäuschen, dass es viel mehr Bohrsysteme gibt als in Wirklichkeit.
So fließt das Geld, das von den Banken und Investoren in den Ausbau der Firma bestimmt wird, nicht in das Unternehmen, sondern in das persönliche Luxusleben der Betrüger.
Der Betrug fliegt auf
Durch Geldwäscheermittlungen der spanischen und portugiesischen Finanzbehörden wird das Bundeskriminalamt auf die finanziellen Handlungen der FlowTex aufmerksam. Im Februar 2000 wird das Firmengelände durchsucht und kistenweise Akten zur Untersuchung mitgenommen. Schmider und Kleiser werden verhaftet und der Betrug wird aufgedeckt.

Im Laufe der Untersuchungen wird bekannt, dass bereits im Sommer 1996 Beamten der Karlsruher Finanzbehörden den Betrug um die nicht existierenden Bohrgeräte durchschaut hatten und dass ein Hinweis auf die betrügerischen Handlungen bei den Behörden eingegegangen war. Diesem Hinweis wurde jedoch nie nachgegangen. 2005 fordern 113 Banken, Leasinggesellschaften und
Einzelpersonen 1,1 Milliarden Euro in einer Amtshaftungsklage von Baden-Württemberg, da die Finanzermittler den Skandal aufgedeckt hätten und größeren Schaden hätten verhindern können, behaupten die Kläger. Diese Klage wird jedoch endgültig 2009 abgewiesen.
Eine Reihe von Prozessen
Es kommt zu mehreren Pozessen und das Insolvenzverfahren der Firma selbst wird erst im Februar 2020 beendet.
Manfred Schmider und andere Mitarbeiter werden Betrug mit einem Schaden von 2,9 Milliarden DM nachgewiesen. Schmider wird zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe beurteilt, wird aber bereits 2007 auf Bewährung entlassen. Ende des Jahres 2007 wird Schmiders geschiedene Frau wegen Geldwäsche zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt. Auch ein FlowTex-Anwalt wird 2008 wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Wegen Bankrott-Vergehens war Schmider 2013 wieder vor Gericht. Er hatte 2005 und 2006 Vermögensgegenstände zu seiner Frau in die Schweiz bringen lassen. Dafür erhielt er eine Bewährungsstrafe von knapp zwei Jahren. 2016 hat der Kanton Thurgau in der Schweiz Schmider wegen Geldwäsche und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.
Überwachung von Krediten wird verschärft
Infolge des FlowTex-Skandals sind interne Kontrollen in Unternehmen und die Überwachung von Krediten und Leasinggeschäften heute verschärft. Insgesamt gibt es mehr Sicherheitsmechanismen in der Vergabe von Krediten durch Banken und Investoren, da gerade diese Institutionen durch den Skandal Milliarden verloren haben.

Heute lebt Manfred Schmider mit seiner geschiedenen Frau zusammen auf Mallorca. Die ARD drehte 2019 einen Film über sein Leben mit dem Titel "Big Manni" und auch die SWR produzierte eine Dokumentation ("Big Manni – Big Money") über den Skandal.