Die Zweite Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe gab damit der von Banken und Leasinggesellschaften gebildeten "Rechtsverfolgungsgemeinschaft FlowTex" eine "Abfuhr", die das Land auf 1,1 Milliarden Euro verklagt hatte. Nach Ansicht der Kläger hätten Betriebsprüfer und Steuerfahnder des Finanzamts das Betrugssystem von FlowTex mit nicht existierenden Horizontalbohrern bereits in den Jahren 1996 erkannt, ihre Erkenntnisse aber verdeckt gehalten. Die Prozesskosten, die sich an dem Streitwert von 1,1 Milliarden Euro orientierten und sich in etwa auf 30 Millionen Euro belaufen, müssen zu 96 Prozent von der Klägerseite übernommen werden.
Land kann nicht haftbar gemacht werden
Dr. Marcus Dannecker zeigte sich zufrieden (Foto: ka-news) |
An sechs Verhandlungstagen hatte das Landgericht sieben Zeugen vernommen und war letztlich zu dem Schluss gekommen, dass der Tatbestand des Betrugs beziehungsweise der Beihilfe zum Betrug nicht bestehe. Zwar hätten die Finanzbeamten festgestellt, dass in dem von ihnen überprüften Zeitraum Leasingraten und Mietkosten nicht aus Einnahmen aus dem Einsatz der Bohrsysteme, sondern aus dem Verkauf von Geräten an Leasingfirmen gedeckt wurden. Das Betrugssystem jedoch sei nicht durchschaut worden. Ein Betrug setze eine positive Kentniss voraus, die in diesem Fall nicht bestanden hätte, jedenfalls nicht bewiesen werden konnte, so das Gericht.
Auch der Vorwurf des Amtmissbrauchs konnte durch das Landgericht Karlsruhe nicht festgestellt werden. Die Steuerfahndung habe nicht die Aufgabe, Dritte vor der Begehung von Straftaten zu schützen. Nach §839 des Bundesgesetzbuches habe ein Beamter bei einer Amtspflichtverletzung dem Dritten gegenüber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Das Land könne in diesem Fall nicht haftbar gemacht werden. Marcus Dannecker von der Kanzlei GleissLutz, der das Land Baden-Württemberg vertritt, zeigte sich nach der Urteilsverkündung zufrieden. "Wir fühlen uns in allen Punkten bestätigt", so der Rechtsanwalt, der nicht an eine Verurteilung im Oberlandgericht glaubt, sollte es ein zweites Verfahren geben. "Es gibt nicht den entscheidenden Grund", so Dannecker weiter.
Ob es zur Berufung kommt, ist unklar
Dr. Eberhard Braun stellte sich der Presse (Foto: ka-news) |
Der Rechtsanwalt der Klägerseite, Eberhard Braun, der sich trotz der Niederlage bereitwillig den Fragen der Presse stellte, zeigte sich mit dem Urteil nicht zufrieden, hielt den Ausgang aber auch für "nicht unerwartet": "Dass wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, vesteht sich von selbst", so Braun. Die Zeugen hätten aber auch keine entscheidende Beweislast geliefert. "Stark auffällig" sei gewesen, dass die Zeugen sich an entlastende Punkte erinnern konnten, an die anderen aber nicht, so Ronja Sebode, Pressesprecherin der Kanzlei Schulze & Braun.
Ob es zu einer Berufung kommt, könne momentan noch nicht gesagt werden, da die 189 Seiten lange Urteilsbegründung erst durchgearbeitet werden muss. Anfang nächster Woche kann allerdings mit einer Entscheidung gerechnet werden, so Sebode.