"Die beste Lösung wäre der Lückenschluss von der B9 zur Rheinbrücke und dann weiter zur B36", so Harald Protz, Leitender Baudirektor beim Regierungspräsidium Karlsruhe (RP), beim Faktencheck am Dienstag. Der Bau der sogenannten Nordtangente - also einer durchgängigen Bundesstraße von der B9 bis zur A5 - sei sinnvoll. Durch eine solche Straße könnte die Südtangete erheblich entlastet und der Stadtteil Knielingen von Schleichverkehren befreit werden.
Bau macht ohne Nordtangente keinen Sinn
Die vorliegende Planung sieht aber den Bau der zweiten Rheinbrücke etwa 1,4 Kilometer der nördlich bestehenden Brücke mit Anschluss an die B10 - Südtangente - am sogenannten Ölkreuz vor. Denn der Bund, der Bauträger des Projekts ist, möchte die Nordtangente vorerst nicht bauen. Im Jahresbericht des Bundesrechnungshofes (BRH), der ka-news vorliegt, heißt es dazu: "Das Bundesverkehrsministerium hat auf Empfehlung des Bundesrechnungshofes auf den Neubau der Bundesstraße 10 als stadtnahe Umgehungsstraße von Karlsruhe verzichtet. Dadurch vermeidet der Bund eine Fehlinvestition von 115 Millionen Euro."
Das Bundesverkehrsmnisterium (BMVBS) bestätigte auf ka-news-Anfrage, dass es die Auffassung des BRH teile. Nach einem Gemeinderatsbeschluss vom 27. Januar 2009 habe sich die Stadt Karlsruhe gegen den in ihrer Baulast stehenden Mittelabschnitt - die sogennante Hängebauchlösung - und somit auch gegen das durchgehende Gesamtprojekt Nordtangente ausgesprochen, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Die Nordtangente entfalte ihre gesamte Fernverkehrsbedeutung jedoch erst, wenn sie durchgehend von der A5 bis zum Rhein realisiert werde.
Ohne Hängebauchlösung , keine Nordtangente
"Der Bund hatte daher der Stadt und dem Land mitgeteilt, dass eine Finanzierung weiterer Abschnitte der Nordtangente erst möglich ist, wenn gesichert ist, dass die Gesamtkonzeption der Straße vom Grundsatz her umgesetzt werden kann", so das Ministerium weiter. Demnach sei eine Finanzierung von weiteren Teilabschnitten der Nordtangente Karlsruhe durch den Bund erst möglich, wenn sicher gestellt sei, dass der durchgehende Streckenzug von der A5 bis zur B10 - Rheinquerung realisiert werde.
"Da die Stadt Karlsruhe derzeit die Hängebauchlösung nicht bauen möchte, ist die Aussage des BRH nichts neues", so Baudirektor Protz auf die Frage, ob die Aussage des BRH Auswirkungen auf die aktuelle Planung habe. Ohne Hängebauchlösung werde keine durchgänge Nordtangente möglich, daher mache diese Investition aus Sicht des Bundes eben keinen Sinn, so Protz. Aber ohne Nordtangente mache eine zweite Rheinbrücke keinen Sinn, so die Meinung einiger anderer Experten im Saal. Daher sollte sie am besten erst gar nicht gebaut werden.
Auch der Karlsruher SPD-Landtagsabgeordneten Johannes Stober findet, dass das durch "den Bundesrechnungshof bekannt gewordene Aus für die Karlsruher Nordtangente" die Planungsgrundlage für eine geplante zweite Rheinbrücke entziehe. Dies zeige sich vor allem daran, dass die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Rahmen des aktuellen Fakten-Checks mit der Notwendigkeit einer zweiten überörtlichen Verkehrsachse argumentiert haben. "Mit dem nun publik gewordenen Aus für die Nordtangente hat sich diese nun aber erledigt", so Stober.
Verkehrsplaner: Brücke auch ohne Nordtangente sinnvoll
Harald Ringler, Leiter des Karlsruher Stadtplanungsamtes, sieht mit dem Bau der Brücke ohne den Lückenschluss für die Stadt Karlsruhe keine Relevanz. Wenn es sich bei dem Projekt tatsächlich um eine Netzergänzung handle, so sei der B36-Lückenschluss zwingend erforderlich, so Ringler. Verkehrsplaner Protz indes sieht auch mit dem Anschluss an die Südtangente eine entlastende Wirkung für Karlsruhe. So schaffe man mit einer zweiten Rheinquerung eine Entflechtungssituation auch ohne Lückenschluss. Er weist darauf hin, dass wen dem nicht so wäre, der Bund die derzeitige Planung auch nicht finanzieren würde. Zudem könne man auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einen Anschluss an die B36 verwirklichen. Kritiker wiesen bisher immer darauf hin, dass der Bau einer zusätzlichen Rheinbrücke zu einer erhöhten Verkehrsbelastung in Karlsruhe führen und damit den Druck für denBau der sogenannten Nordtangente erhöhen würde. Damit seien negative Auswirkungen für Anwohner sowie Natur und Umwelt verbunden.
Das Bundesverkehrsminiterium teilte gegenübe ka-news mit, dass vom Finanzierungsvorbehalt bezüglich der Nordtangente der Abschnitt von der zweiten Rheinbrücke bis zur B36 ausgenommen worden sei, da für diesen von der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg eine eigene Fernverkehrsrelevanz nachgewiesen wurde. "Zusammenfassend steht das BMVBS entsprechend den gesetzlichen Festlegungen im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen nach wie vor sowohl zu einer zweiten Rheinbrücke als auch zur Nordtangente Karlsruhe", heißt es weiter. Ein Vertreter des Bundes war laut Veranstalter trotz Einladung am Dienstag beim Faktencheck nicht anwesend. Das Bundesverkehrsministerium indes erklärte gegenüber ka-news, es habe gar keine Einladung erhalten. Zudem habe es sich um eine Veranstaltung der Länder gehandelt.
Nach dem Faktencheck: Baubeginn rückt in Ferne
Am Ende des zweitägigen Faktenchecks am Dienstagabend war klar, dass für eine zweite Rheinbrücke noch viele Hürden zu nehmen sind. So wird sich auch das Genehmigungsverfahren für die geplante zweite Rheinbrücke wohl nocht weiter in die Länge ziehen. Die Erörterungstermine für die parallel angesetzten Planfeststellungsverfahren in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg können frühestens im zweiten Quartal 2012 angesetzt werden. Damit rückt der Baubeginn weiter in die Ferne.
Nach Ansicht des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg wird damit eine Sanierung der bestehende Brücke während des normalen Verkehrsbetriebes immer wahrscheinlicher. Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern des 100-Millionen-Euro-Projekts besteht also weiter, eine Einigung wurde nicht erzielt.
Im Laufe des Mittwochs finden Sie ein ausführliches Fazit zum zweitägigen Faktenchek bei ka-news.
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