ka-news.de: Wie kamen Sie auf die Idee, ein eigenes Start-up zum Thema Schlaf zu gründen?
Julia Bessler: Nach der Geburt unserer ersten Tochter 2020 wurde uns schlagartig klar, welche Belastung für Psyche, Gesundheit und Leistungsfähigkeit der dauerhafte Schlafmangel ist, dem sehr viele Eltern ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu Familiendienstleistungen wie Hebammen, Stillberatung, Trageberatung und Beikostberatung gab es zu dieser Zeit in Deutschland so gut wie keine Unterstützung rund um das Thema Babyschlaf.

Im Heimatland meiner Familie (USA und Kanada) ist das Thema ganzheitliches Babyschlaf-Coaching eine etablierte Dienstleistung und ein riesiger Markt mit kompetenten Anbietern. Nachdem ich mich umfassend vor allem in Kanada aus- und weitergebildet habe und danach den durchschlagenden Erfolg binnen kurzer Zeit bei meiner eigenen Tochter beobachten konnte, wurde mir bewusst, dass ich mit meinem Fachwissen und einem ganzheitlichen Konzept möglichst vielen Familien auf dem Weg zu altersgerechtem Schlaf helfen möchte.
Woher nehmen Sie die Expertise rund ums Thema Schlafen?
Ich habe mich vor allem in Kanada sehr umfassend in den Bereichen der frühkindlichen Entwicklung sowie dem kindgerechten, bindungs- und bedürfnisorientierten Baby- und Kleinkindschlaf aus- und weitergebildet. Im englischsprachigen Ausland ist das Wissen und der Forschungsstand zum Thema Babyschlaf dem in Deutschland weit voraus.
Weshalb ist Schlaf für uns Menschen so wichtig?
Guter und erholsamer Schlaf ist eines der größten biologischen Grundbedürfnisse von uns Menschen. Schlaf hat einen enormen Einfluss auf das körperliche und mentale Wohlbefinden und unsere Regeneration und ist ganz ohne Zweifel das zentrale Element unserer täglichen Kraftquelle.

Welche Auswirkungen kann zu wenig Schlaf wiederum auf uns haben?
Ohne regelmäßig guten Schlaf sind wir weniger leistungsfähig, anfällig für chronische oder psychische Erkrankungen und deutlich weniger belastbar. Die Aufmerksamkeitsspanne, die Ausdrucksweise, die Fähigkeit der Zahlenverarbeitung, das Erinnerungsvermögen, die Kreativität, abstraktes Denken und Planen, Lernen, logisches Denken und Argumentieren verschlechtern sich deutlich. Das Immunsystem arbeitet im Sparmodus, was häufige Erkrankungen (vor allem Langzeiterkrankungen) zur Folge hat.
Was können wir – auch ohne großes Vorwissen – tun, um unsere Schlafqualität zu verbessern?
Nahezu alle Schlafprobleme von Eltern haben ihre Ursache im herausfordernden Schlafverhalten ihrer Kinder. Wichtig, um bei Babys und Kleinkindern nachhaltige Verbesserungen zu erreichen, sind vor allem altersgerechte Wachzeiten und Tagesstrukturen sowie Reizminimierung vor den Schlafenszeiten. Darüber hinaus spielen aber auch die Themen bedürfnisorientierte Einschlafbegleitung, eine altersgerechte Schlafumgebung sowie die Ernährung eine wichtige Rolle.
Und wie können wir den Berufstag auch mal ohne ausreichend Schlaf am besten meistern?
Einzelne Nächte mit zu wenig Schlaf stellen für einen gesunden Erwachsenen eigentlich erst einmal kein Problem dar. Kritisch ist vor allem der dauerhafte Schlafmangel. Um die Leistungsfähigkeit nach einer schlechten Nacht ein wenig ausgleichen zu können, empfehle ich die Pausen während des Arbeitstages an der frischen Luft in Bewegung (zum Beispiel bei einem Spaziergang) zu verbringen und auf einen ausreichenden Flüssigkeitshaushalt zu achten.

Weshalb sollten sich Unternehmen um den Schlaf ihrer Mitarbeitenden sorgen?
Der Leistungskiller Schlafmangel ist die Nummer eins der verdeckten Kosten für Unternehmen. Dabei ist es kein Geheimnis, dass die Elternschaft die persönlichen Ressourcen von Müttern und Vätern (vor allem während der ersten zwei Jahren der Elternschaft) beansprucht. Durch dauerhaften Schlafmangel sinkt die Produktivität massiv, die Anzahl an Krankheitstagen steigt und der Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit – vor allem von Müttern – verzögert sich deutlich. Für Unternehmen rechnet sich die Investition in unseren Mitarbeiterbenefit durch den Produktivitätsgewinn innerhalb kürzester Zeit.
Ganz kurz gefasst: Was ist Ihre Aufgabe als Start-up?
MamaJu bieten deutschlandweit den ersten und einzigen Mitarbeiterbenefit, der Unternehmen genau bei dieser Thematik hilft, sodass Mitarbeiter-/innen ihre Top-Performance halten und ausbauen können. Auch in den fordernden Phasen der Elternschaft. Durch unseren Benefit wird das Thema Babyschlaf-Coaching für mehr Familien zugänglich gemacht und bietet Unternehmen gleichzeitig die Gelegenheit, den Schlaf der Arbeitnehmer-/innen zu priorisieren um die Produktivität, Motivation und Effizienz am Arbeitsplatz zu steigern.

Nehmen in Karlsruhe schon viele Unternehmen Ihren Dienst wahr?
Natürlich haben wir bereits einige Kunden in der Region. Trotzdem sind das Thema und unsere Lösung für viele Personalabteilung noch total neu und das Bewusstsein hierfür entwickelt sich gerade.
Wie sieht für Sie in Zukunft das Thema "New Work" aus? Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden?
Wir Menschen durchleben unterschiedliche Phasen im Leben. Unsere schulische Laufbahn, den Berufseinstieg, die Elternschaft, die erste eigene Wohnung/das erste Hausbauprojekt, die Pflege oder den Verlust Familienangehöriger – das alles sind Phasen, in denen wir Menschen individuelle Unterstützung brauchen.

Unternehmen, die verstanden haben, dass es für diese Phasen im Leben der Mitarbeitenden individuelle Arbeitsmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten und Mitarbeiterbenefits braucht, die echte Mehrwerte schaffen – das sind in Zeiten des Fachkräftemangels die Gewinner der Zukunft. Deshalb ist es an der Zeit, Schlaf nicht als persönliches Thema der Mitarbeitenden, sondern vielmehr als Effizienzfaktor für Unternehmen neu zu bewerten und ihm die Wichtigkeit einzuräumen, die es braucht.