Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende in Karlsruhe, Parsa Marvi, hat es bei den Bundestagswahlen 2021 nach Berlin geschafft. Für ihn ist es die erste Amtszeit in der Hauptstadt.
Kurz und knapp: Wie ist es für Sie, nach einem Jahr im Bundestag zu sein?
Die Arbeit im Bundestag ist sehr intensiv und im Zeichen der Zeitenwende ist das sicher noch mehr der Fall als zu “normalen” Zeiten. Aber gerade deshalb habe ich das Gefühl, genau am richtigen Ort zu sein. Es sind viele neue Abgeordnete im Bundestag, die voller Tatendrang sind. Die Atmosphäre, die dadurch entsteht, ist überaus ansteckend. Dies gilt umso mehr, als mit der Ampelkoalition ein neuer Politikstil eingezogen ist. Alles in allem bin ich sehr dankbar dafür, Karlsruhe in Berlin vertreten zu dürfen.

Was gefällt Ihnen an Berlin und was nicht?
Unsere Hauptstadt ist mittlerweile eines der pulsierendsten Zentren in ganz Europa, das Menschen aus aller Welt anzieht und sich zu einem kulturellen Global Hot Spot entwickelt hat. Das wirkt auf mich einerseits sehr inspirierend. Auf der anderen Seite sind in Berlin Probleme, die wir in ganz Deutschland haben, besonders deutlich zu sehen. Ich denke da beispielsweise an die extrem gestiegenen Mietpreise, die insbesondere sozial benachteiligte Bürger:innen zu verdrängen drohen.

Als politisch denkender Mensch und Sozialdemokrat kann ich das nur sehr schwer ausblenden. Umso wichtiger ist, dass wir als Ampel bei unseren ehrgeizigen Vorhaben wie der Schaffung von bezahlbaren Mietwohnungen in großem Umfang vorankommen.
Wie ist die Zusammenarbeit bislang mit den anderen Abgeordneten innerhalb Ihrer Fraktion?
Es herrscht eine durchgehend freundliche und sehr kollegiale Atmosphäre. Mehr noch habe ich den Eindruck, dass alle ein sehr klares Gespür für die enormen Herausforderungen unserer Zeit haben und deshalb sehr viel Leistungsbereitschaft mitbringen. Das kann ich mindestens mit Blick auf meine sozialdemokratischen Kolleg:innen in meinen beiden Ausschüssen sagen und auch für unsere Landesgruppe. Entgegen landläufiger Klischees wird Teamplay bei uns groß geschrieben.
Wie laufen aktuell die Debatten zu Corona? Wie ist Ihr Eindruck?
Saisonbedingt ist es im Moment etwas ruhiger um Corona geworden. Trotzdem ist das Thema nach wie vor sehr präsent, weil niemand sagen kann, wie Herbst und Winter laufen. Deshalb werden auf Seiten von Bund und Ländern aktuell Vorbereitungsmaßnahmen für mögliche Szenarien umgesetzt. Einfach wird es nicht, da es leider keine Mehrheit für eine allgemeine Impfplicht im Bundestag gab.

Wie ist es, in Berlin zu wohnen? Was ist anders im Vergleich zu Karlsruhe?
Ich habe meinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Karlsruhe und pendle zu den Sitzungswochen nach Berlin. Das ist mir auch deshalb so wichtig, weil ich gerne so viel Zeit der wenigen freien Zeit wie möglich mit meiner Frau und unserem kleinen Sohn verbringen möchte. Berlin ist eine schöne, kulturell und architektonisch beeindruckende Stadt. Aber es ist für mich vor allem der Ort meiner parlamentarischen Arbeit.
Vermissen Sie Karlsruhe? Wenn ja, was genau?
Ich bin zum Glück während der sitzungsfreien Zeit durchgängig in Karlsruhe. Deshalb muss ich nicht auf unsere Stadt und die Menschen verzichten. Besonders vermisse ich Zeit mit meiner Familie, wenn ich in Berlin bin. Parlamentarische Abende sind nie so schön wie Spieleabende zu Hause.

Würden Sie gerne wiedergewählt werden?
Vor einem Jahr haben mir viele Karlsruher Wähler:innen an der Wahlurne ihr Vertrauen geschenkt. Dafür war und bin ich sehr dankbar. Seither arbeite ich sehr hart daran, den Vertrauensvorschuss der Menschen in konkrete politische Ergebnisse umzusetzen. Ich werde mich auch bei der nächsten Bundestagswahl – voraussichtlich im Jahr 2025 – zur Wahl stellen. Natürlich würde ich mich über eine Wiederwahl freuen.