Die Kleingärten entstanden auf dem Areal nach dem Krieg zur Selbstversorgung der Karlsruher Bürger. Das Gelände gehörte der Deutschen Bahn. Diese plante im Jahr 1975 einen Paketbahnhof zu errichten. Den Kleingärtnern wurde zwar gekündigt, doch realisiert wurde das Projekt nie - die Gärtner blieben.

Ein erneuter Versuch, das Gelände südlich der Stuttgarter Straße zu beleben, diesmal durch die Stadt, kam ebenfalls nicht zustande. Das war 1983, als die Stadt Karlsruhe einen Teil des Grundstücks kaufte. 2009 verkaufte die Post das Gelände an die Stadt - und die Planungen nahmen ihren Lauf. Seit 2017 werden die Pläne umgesetzt.

Die Idee: Der Sportverein ESG Frankonia zieht von der Durlacher Allee an die Stuttgarter Straße und der TC Grün-Weiß von der einen auf die andere Straßenseite. Dazu kommen noch knapp 200 Kleingartenparzellen und ein Vereinsheim für die ESG.

Seit Oktober 2017 laufen die ersten Maßnahmen und geplant war die Fertigstellung des ESG-Vereinsheims bis Ende 2021 - ein Plan, der nicht mehr zu halten ist.

Das Problem mit dem Areal: Durch seine direkte Nachbarschaft zum Güterbahnhof war es ein vorrangiges Ziel für Luftangriffe. Die Fläche wurde mindestens vier mal mit hoher Dichte mit Sprengbomben bombardiert. Das zeigen die etwa 180 Bombentrichter, die bei ersten Sondierungsarbeiten gefunden wurden.

Schon im November 2018 stand der Bebauungsplan der Stuttgarter Straße auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Doch damals gab es noch zu viel Rede- und Untersuchungsbedarf. Es folgten weitere Untersuchungen des Geländes - im Frühjahr lagen erste Ergebnisse vor: Der Gemeinderat musste Anfang April über weitere Kosten und Maßnahmen abstimmen.
Der klare Auftrag laut Beschlussvorlage der Gemeinderäte an die Stadt: Entlang der Stuttgarter Straße sollen die teilweise gerodeten Kleingärten und Grünflächen in einen geordneten Zustand gebracht werden. Kosten hierfür: 7,1 Millionen Euro.
Kosten für Umgestaltung stiegen 42 auf 89 Millionen Euro
Waren vor zwei Jahren noch 42 Millionen Euro im Budget, sprach die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr schon von 89 Millionen Euro für die Bauarbeiten. Hauptursache für die enorme Kostensteigerung: Die Beseitigung der Kampfmittel und die Entsorgung von altem Boden.

Denn das Areal wurde nach dem Krieg mit Schutt und Trümmern aufgefüllt. "Angesichts der möglichen Kampfmittel gibt es keine Alternative als die gründliche Durchsiebung des Bodens", sagt Oberbürgermeister Frank Mentrup am vergangenen Dienstag im Gemeinderat.

Die Zustimmung unter den Stadtpolitikern ist groß, jedoch zeigen sie auch Skepsis. "Wir wissen nicht, wo die Reise hingeht", so CDU-Vorsitzender Tilman Pfannkuch. Renate Rastätter von den Grünen weiß, wie wichtig das Areal ist. "Die Neuordung ist für die ESG Frankonia von großer Bedeutung. Das wird jetzt eine riesige Herausforderung mit der Beseitigung der Kampfmittel und wir müssen die Anwohner informieren - sonst wächst der Ärger und der Unmut!"
"Brauchen das Gelände für die Stadtentwicklung"
Lüppo Cramer von der Kult-Fraktion sieht die Kosten als unvermeidlich an: "Wir brauchen das Gelände der ESG an der Durlacher Allee für die Stadtentwicklung", sagt er während seiner Rede im Gemeinderat. "Und wenn an der Stuttgarter Straße sechs Meter tief gegraben werden muss, ist es so - egal wie teuer es wird!"

Etwas weniger optimistisch gibt sich Tom Høyem von der FDP. "Die Anwohner sind verzweifelt und wütend, Skandal und Desaster wären noch milde ausgedrückt. Wir müssen aktiv werden und einen geordneten Zustand herstellen - aber erst der nächste Gemeinderat entscheidet!" Das sieht wohl auch die CDU so, denn Detlef Hofmann ist sich darüber klar, dass "in den nächsten sieben bis acht Jahren nichts passiert".
Was sagt der Zeitplan für das Großprojekt?
Mindestens zwei Jahre dauert es nun, bis zunächst die Eidechsen auf dem knapp 15 Hektar großen Areal eingefangen und umgesiedelt sind. Parallel wird außerdem der "geordnete Zustand" des Geländes hergestellt. Diese Maßnahmen sollen bis Ende 2020 abgeschlossen sein - in Bauabschnitt 1 sollen die restlichen Abrissarbeiten samt Entsorgung des belasteten Bodenmaterials bereits im Sommer 2019 fertig sein.

Mit Schadstoffen verseuchtes Bodenmaterial wird bei Bedarf teilweise zur Deponie gebracht und entsorgt. Was noch "brauchbar" ist, wird im Bauabschnitt 2 wieder verwendet. Dort, im westlichen Teil, sollen wieder Kleingärten entstehen. Genau so hatte man es auch mit der verunreinigten Erde im Wildparkstadion gemacht. Ab Oktober 2020 soll dann dort mit der Abholzung begonnen werden, ebenso mit dem Abriss der Gebäude.
Umzug der ESG und Einzug der Gärtner erst Ende 2024
Derzeit geht die Stadt Karlsruhe also von Kosten in Höhe von 89 Millionen aus, davon sind über 57 Millionen für die Baufeldfreimachung, also Schadstoffe und Kampfmittel werden entfernt. Im aktuellen Doppelhaushalt stehen schon knapp 26 Millionen Euro aus.

Laut Verwaltung ist das Projekt an der Stuttgarter Straße so terminiert, dass es bis Ende 2024 abgeschlossen ist. Vorausgesetzt, dass nun das Bebauungsplanverfahren "zügig weitergeführt werden kann".
Dieser neue Zeitplan bringt für die ESG Frankonia nicht nur Gutes: Seit dem Sportverein zugesagt wurde, an die Stuttgarter Straße verlagert zu werden, hat die ESG keine Investitionen mehr getätigt. Der Verein trainiert auf sanierungsbedürftigen Anlagen.

Und auch weitere Planungen der Stadtentwicklungen rücken weiter in die Ferne: Geplant ist, den Stadteingang nach Wegzug der ESG entlang der Durlacher Allee neu zu gestalten: LRäumlichen Leitbild könnte hier ein neues Stadtviertel samt Aussichtshügel und See entstehen.
aut demNach aktuellen Planungen wird es noch Jahre dauern, bis die ESG Frankonia auf einem neuen Platz trainieren kann, die neuen Gebäude stehen, die Tennisspieler neue Plätze und die Kleingärtner ein geordnetes Areal mit über 200 Parzellen bekommen.
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