Der Karlsruher SC soll ein neues Fußballstadion im Wildpark bekommen - darauf einigten sich alle Verantwortlichen im Sommer 2016. Das Projekt Fußballstadion nahm daraufhin zügig Fahrt auf und kam erst im Dezember 2017 ins Stocken, als die Bieter-Angebote für den Stadionkörper den gesetzten Kostenrahmen überstiegen. Seitdem wird zwischen Karlsruher SC und Stadt Karlsruhe verhandelt, wie die Kosten für den Stadionneubau gesenkt werden können.

Zwei Punkte treiben Kosten nach oben

Die strittigen Punkte bei den Baukonzernen seien vor allem der Umbau während des Betriebs sowie die Beseitigung der Erdwälle, ist einem Artikel der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) vom 16. März zu entnehmen. Folgt man dieser Argumentation, wäre eine mögliche Option zur Kostensenkung die Verlagerung der KSC-Spiele während der Bauzeit an eine andere Spielstätte.

Heimsieg 2:0 im Wildparkstadion, gegen den SV Meppen jeweils durch Fink.
Großer Kostenpunkt beim neuen Stadion: Umbau während des laufenden Betriebs. | Bild: Tim Carmele

Eine weitere Option zur Kostenoptimierung: Das Thema Erdwälle anzugehen. Beispielsweise die Erdwälle zu belassen und nicht abzubrechen - oder die Entsorgung der Erdwälle nicht der Ausschreibung des Stadionkörpers zuzurechnen. Sollte man sich für diese Optionen entscheiden, könnte schätzungsweise ein zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden.

Ein Betrag, der den Mehrkosten der Bieter-Angebote entsprechen könnte - laut BNN-Informationen beträgt die Differenz der Angebote zum gesetzten Kostenrahmen des Gemeinderats zwischen zehn und 15 Millionen Euro. Die Abbruchkosten der Wälle würden mindestens 14 Millionen Euro (netto) betragen.

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Woher stammen die Zahlen?

Konkrete Zahlen zu den Wall-Anlagen im Wildpark hat es zuletzt im August 2014 nach einer ausführlichen Untersuchung gegeben: Damals schätzten Gutachter die Kosten für eine Beseitigung der Erdwälle auf bis zu 14 Millionen Euro (netto). Tendenz: steigend.

Schon damals, so ist es dem Sachstandsbericht zum neuen Fußballstadion 2015 zu entnehmen, wurden die Kosten für die Entsorgung der Schadstoffe, wie sie in den Wällen zu finden sind, in den kommenden Jahren als stark steigend eingeschätzt. Zusammen mit dieser Einschätzung wurden die Wälle sowohl 2014 als auch 2015 als "Kostenrisiko für das Gesamtprojekt" dargestellt.

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Auszug aus dem Sachstandsbericht 2015 zum Wildparkstadion. | Bild: Sachstandsbericht 2015

Warum ist der Abbruch so teuer?

Die Wälle wurden beim Bau des Stadions in den 50er Jahren unter anderem mit Bauschutt von im Krieg zerstörten Gebäuden aufgeschüttet: Neben Aushub der Schwarzwaldhalle befanden sich in den 150.000 Kubikmeter vor allem viel Kriegstrümmer. Zu damaliger Zeit ein klarer Faktor zu Kostenersparnis - so heißt es im "Karlsruher Spiegel" aus dem Jahre 1955 nach Fertigstellung des Stadions: "Die Kosten für die Erschließung des Erdwalls sind gering infolge der Verwertung des Trümmerschutts aus der Stadt, der ohnehin abgefahren werden muss."

Beginn der Bauarbeiten im Sommer 1953 am Wildparkstadion.
Beginn der Bauarbeiten im Sommer 1953 am Wildparkstadion. | Bild: Stadtarchiv Karlsruhe, Bildarchiv Horst Schlesiger

Schutt und Aushubmasse von der Schwarzwaldhalle wurden über den bereits vorhandenen, rund drei Meter hohen Zuschauerwall der alten Fußballanlage des FC Phönix angebracht und mit Planierraupen und Stampfgeräten verdichtet. Nun ist es genau dieser Kriegsschutt, welcher heute zu einem teuren Kostenfaktor wird.

Die Problematik der schadstoffbelasteten Wälle ist schon länger bekannt: Erste Untersuchungen zum Inhalt der Wälle fanden 2006 statt - sie konnten zunächst nur einen ersten groben Überblick über die genaue Material-Zusammensetzung liefern. Es folgten ausführliche Untersuchungen zur Schadstoffbelastung der baulichen Anlagen und der Wälle.

Die Erdwälle unter den Tribünen werden untersucht.
Probebohrungen 2014: Die Erdwälle unter den Tribünen werden untersucht. | Bild: Stadt Karlsruhe

Das Ergebnis ist im Sachstandsbericht zum neuen Fußballstadion vom Oktober 2014 nachzulesen: "Während die Schadstoffe in den baulichen Anlagen im zu erwartenden Umfang liegen, fielen die Ergebnisse der Walluntersuchungen schlechter als bisher bekannt aus." 86 Prozent der Proben waren mit Material der Schadstoff-Kategorien Z2 und größer Z2 versehen.

Was sind Schadstoffe der Kategorie Z2?

In den Erdwällen wurden Bauschutt und Böden verbaut, die mit Sulfaten und PAK (Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) belastet sind. Das kann nicht einfach weggeworfen oder weiter verbaut werden. "Es gibt verschiedene Richtlinien und Verordnungen für die Entsorgung und Verwertung von Bauschutt", erklärt ein Experte für Entsorgung aus Karlsruhe gegenüber ka-news, welcher zum jetzigen Zeitpunkt anonym bleiben möchte.

"In der Verwaltungsvorschrift (VWV) Boden des Landes Baden-Württemberg ist ein Grenzwert definiert, das gleiche gilt auch gesondert für Bauschutt", so der Experte. Was über Material der Stufe Z2 hinausgeht, muss auf einer Deponie entsorgt werden. Z2 beschreibt den Zuordnungswert (= die Obergrenze der Einbauklasse, also in welcher Form das Bodenmaterial nochmal verwendet werden darf).

Darstellung der Einbauklassen anhand des Zuordnungswerts. <a href="www.laga-online.de">laga-online.de</a>
Darstellung der Einbauklassen anhand des Zuordnungswerts. laga-online.de

Gesundheitsschädigende Auswirkungen auf Mensch und Natur haben die verbauten Stoffe im Wildpark aber nicht: Das Gutachten 2014 hat auch nachgewiesen, dass die vorhandenen Schadstoffe in den Wällen gebunden sind. Im darunter liegenden gewachsenen Boden wurden keine Schadstoffe nachgewiesen und regelmäßige Kontrollen des Grundwassers haben gezeigt, dass dieses keine Verunreinigungen beinhaltet.

Wie wird die Belastung getestet? 

Sulfate und PAK - diese Stoffe waren das Ergebnis der Analyse von 2014 - um festzustellen, um welche Schadstoffe es sich genau handelt und in welcher Konzentration diese vorkommen, dazu bedarf es einer komplexen Analyse. Je nach Ergebnis wird entschieden, auf welche Deponie das Bodenmaterial zur Entsorgung angeliefert werden darf.

Öffentlichkeitsbeteiligung im Oktober 2014
Öffentlichkeitsbeteiligung im Oktober 2014 | Bild: ps

"Die chemischen Untersuchungen sind in Baden-Württemberg sehr umfangreich", sagt der Experte im Gespräch mit ka-news, "man darf nicht einfach mit einer Schaufel kommen, und eine Probe entnehmen." Es gibt darüber hinaus eine Richtlinie, die besagt, wie Proben entnommen werden müssen.

Das ist die LAGA PN98 - LAGA steht für Länderarbeitsgemeinschaft Abfall. Sie fördert den Austausch von Informationen und Erfahrungen zwischen Bund und Ländern; pflegt Kontakte mit Verbänden und Interessensgruppen und erarbeitet Merkblätter sowie Richtlinien und Informationsschriften.

Wie geht es nach genauer Analyse weiter? 

Ergibt die sachkundige Untersuchung, dass der Erdaushub im Sinne der Länderspezifischen Listen (Spiegeleinträge) gefährlich ist, kann er nicht einfach entsorgt werden: Bei der Sonderabfallagentur (SAA) meldet der Entsorger seinen gefährlichen Müll und die gewünschte Entsorgungsdeponie an. Zusätzlich müssen dann Nachweise der Proben und ein Gutachten eingereicht werden. Die SAA überprüft die Untersuchungen – erst dann gibt es eine Freigabe zur Entsorgung auf einer Deponie. Letztere weist dann die SAA zu.

Was kostet das Entsorgen der Altlasten? 

Die Gebühren für die Entsorgung sind nicht eindeutig zu beziffern. "Je nach Belastung kostet die Entsorgung 20 bis 40 Euro pro Tonne, das kann aber auch in die Hunderte gehen", erklärt Experte weiter. Hinzu kommen Transportkosten in Höhe von rund 20 Euro pro Tonne.

Könnten die Wälle auch beibehalten werden?

In einigen Fällen ist ein Verbauen von Z2-Material zulässig - laut LAGA 20 betrifft dies den eingeschränkten Einbau mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen, beispielsweise in Lärm- oder Sichtschutzwällen. Hierbei müssen Umweltschutzmaßnahmen gewährleistet sein, es darf zu keiner Bodenveränderung, Schadstoffanreicherung oder Verunreinigung des Grundwassers kommen. Die Bauweise darf nicht oder nur gering wasserdurchlässig sein. Material mit Schadensklasse höher Z2 muss jedoch auf einer Deponie entsorgt werden.

Bagger entsorgen Bauschutt (Symbolbild).
Bagger entsorgen Bauschutt (Symbolbild). | Bild: pixabay

Das heißt, je nach Ergebnis der Untersuchungen könnte die belastete Erde - zumindest zum Teil -  wieder in technischen Bauwerken verbaut werden. "Der Grenzwert für PAK darf dann aber 30 Milligramm pro Kilogramm Feststoff nicht überschreiten, anderenfalls muss es doch über die Deponie entsorgt werden", sagt der Experte im Gespräch mit ka-news.

Den Bietern ist es freigestellt, wie stark sie den Wall in den Neubau-Entwurf einbeziehen, verändern oder rückbauen. Die Stadtverwaltung - so die Aussage 2016 - bevorzugt Konzepte mit lediglich kleinen Eingriffen in den Wall, da befürchtet werden muss, bei genauen Schadstoffgutachten (siehe oben) deutlich schlechtere Werte bei den Bodenproben vorzufinden.

In der Gemeinderatssitzung im April soll es nun darum gehen, die Wälle gegebenenfalls schon als Vorabmaßnahme vor eigentlichem Baubeginn einzuplanen, das bestätigt die Stadtsprecherin gegenüber ka-news. So könnten die Kosten für den Neubau gesenkt werden. Eine endgültige Entscheidung im Vergabeverfahren soll Ende 2018 fallen.

Themenreihe Wildparkstadion auf ka-news

Nach jahrelangen Diskussionen steht seit 2016 fest, dass Karlsruhe für 113 Millionen Euro ein neues Fußballstadion erhält. Gebaut wird im laufenden Spielbetrieb, Bauherrin ist die Stadt Karlsruhe mit einem kommunalen Eigenbetrieb. Der Baubeginn war ursprünglich für Frühjahr 2018 angesetzt, inzwischen liegt das Datum bei Mitte 2018 - die Bauzeit soll 24 bis 30 Monate betragen. Aktuell steht eine Entscheidung über den Baukonzern aus - sie soll bis zum Ende des Jahres fallen.

ka-news widmet sich in einer Themenreihe der abwechslungsreichen Stadion-Geschichte und Heimat des Traditionvereins KSC. Was interessiert Sie rund um das Wildparkstadion? Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anmerkungen hier in den Kommentaren, per ka-Reporter-Formular oder per Mail an redaktion@ka-news.de.

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