Fünf Jahre lang war der entsprechende ka-Reporter Mitglied eines Fitnessstudios in Karlsruhe - bis zum Lockdown sei es auch insgesamt zu seiner Zufriedenheit gewesen. Mit den gesetzlichen Schließungen von November bis Juni sei es allerdings zu Unstimmigkeiten gekommen.

"Obwohl das Studio ab November nicht mehr in Betrieb gehen durfte - und obwohl es währenddessen finanzielle Hilfen vom Staat bezog - wurden die Mitgliedschaften automatisch verlängert und dabei die Mitgliedschaftsbeiträge erhöht", schreibt der Leser an die ka-news.de-Redaktion.
Das Studio habe also keine Dienste erbracht und dennoch Geld verlangt. "Ich selbst habe die Zahlung im November 2020 eingestellt und im April 2021 gekündigt", so der ka-Reporter. "Man bezahlt ja auch kein Restaurant, wenn man nichts zu essen bekommt."
Die "Gutscheinlösung" gilt nicht nur für Fitnessstudios
Für die nicht bezahlten Beiträge habe das Studio ihm schließlich im August 2021 eine Zahlungserinnerung übersandt. Außerdem sei ihm und anderen Kunden zur Entschädigung der Beiträge während des Lockdowns ein Gutschein angeboten worden, der den Gegenwert der bezahlten Beiträge innehat und der die Mitgliedschaft um zusätzliche Monate verlängert. "Ob man die Mitgliedschaft überhaupt verlängern möchte, danach hat keiner gefragt", so der ka-Reporter weiter.
Um herauszufinden, ob es überhaupt rechtens ist, ohne Gegenangebot Mitgliedsbeiträge zu erheben - oder auch ob man die Zahlungen einfach so einstellen dürfe - wendet sich ka-news.de an die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Verbraucherzentrale mit klarer Antwort
Und tatsächlich: "Solange das Studio im Nachhinein eine Entschädigung bietet, darf es auch dann Mitgliedsbeiträge fordern, wenn es durch den Lockdown keine Gegenleistung bieten kann", sagt Mathias Bauer.. "Ansonsten wäre ein Kunde natürlich nicht verpflichtet, Mitgliedsbeiträge zu entrichten."

Im Normalfall sei es auch nicht gestattet, die Kunden durch Gutscheine, sondern nur finanziell zu entschädigen. "Allerdings hat die Bundesregierung am 20. Mai 2020 mittels eines Artikelgesetzes beschlossen, dass Veranstaltungs- und Freizeiteinrichtungen, die während des Lockdowns von ihren Kunden bezahlt wurden, das sehr wohl auch in Gutscheinen ausgleichen dürfen", so Bauer. Man spreche in einem solchen Fall von der sogenannten "Gutscheinlösung."

Die Regelung gehe laut Bauer über Fitnessstudios hinaus. "Sie gilt nicht nur für Fitnessstudios, sondern auch für Tanzstudios, Sportvereine, Konzerte oder andere Freizeiteinrichtungen und -Veranstaltungen. Wichtig dabei zu erwähnen ist, dass der entsprechende Kauf- oder Mitgliedsvertrag vor dem 8. März 2020 geschlossen werden musste. Bei später geschlossenen Verträgen darf ein Kunde nicht mehr mit einem Gutschein vertröstet werden", erklärt Bauer.
"Die Verbraucher gewähren einen zinslosen Kredit"
Viele langjährige Mitglieder in Vereinen, Fitnessstudios, Schulungseinrichtungen oder mit Dauerkarten für Sportveranstaltungen mussten sich also nach den Lockerungen Ende Juni mit einem Gutschein statt Rückzahlungen als Ausgleich zufriedengeben. "Das ist eine klare Benachteiligung von Verbrauchern zugunsten der Veranstaltungsbranche", sagt Bauer.
"Mit diesen Gutscheinen wurde den Veranstaltern im Prinzip ein zinsloser Kredit von ihren Kunden gewährt, insbesondere deshalb, da man einen Gutschein im Regelfall nicht ablehnen darf." Die Ausnahme zum Regelfall bestehe nämlich nur, wenn man belegen könne, dass man "ohne Auszahlung des Gegenwerts aktuell nicht in der Lage ist, wichtige Lebenserhaltungskosten zu zahlen", so die Verbraucherzentrale.
"Ab 2022 können Gutscheine gegen Geld ausgetauscht werden"
Dass Verbraucher völlig machtlos gegen die Gutscheinlösungen sind, ist allerdings nicht gesagt - ein Kredit muss immerhin auch zurückgezahlt werden. "Gutscheine, die nicht bis zum Neujahrstag 2022 eingelöst wurden, können beim entsprechenden Aussteller gegen ihren Preis in Euro ausgetauscht werden", so Bauer. Die Gutscheine verfallen also auch zum Jahreswechsel und müssen dann ausbezahlt werden.

Sollte der Anbieter allerdings bis 2022 insolvent gehen, sei eine Auszahlung allerdings kaum möglich. "Was in so einem Fall passiert ist nicht abschließend geklärt, das Insolvenzrisiko trägt also durchaus der Konsument", so Bauer. Auch sonst sei die Transparenz innerhalb der Gutscheinlösung nicht immer gegeben. "Zum Beispiel muss auf dem Gutschein genau gekennzeichnet sein, dass er aufgrund der Covid-19-Pandemie ausgestellt wurde und zwar vor dem 8. März", erklärt Bauer.
"Ein eminent wichtiges Thema für Verbraucher"
"Ebenso muss der Gutschein den exakten Wert des bezahlten Preises oder der Mitgliedsbeiträge umfassen." Allerdings hätten die Gutscheine meist den Gesamtwert der Käufe oder Mitgliedsbeiträge, statt das verschiedene Gutscheine für verschiedene Zahlungen ausgehändigt werden. Die Preise eines Anbieters seien in diesem Zusammenhang auch selten an den Wert eines Gutscheins angepasst, weshalb es vorkommen könne, dass er für eine billigere Leistung eingetauscht wird.

"In diesem Fall sollten Verbraucher genau dokumentieren, was sie bezahlt haben und wie viel Geld ihnen im Nachhinein zusteht. Sofern ihnen die Differenz nicht vor Ort beim Kauf ausgezahlt wird oder sie im Internet bestellen, sollten sie die Auszahlung am besten schriftlich beim Anbieter beantragen", erklärt der juristische Berater.
"Das Thema der Gutscheinlösung ist für Verbraucher von eminenter Wichtigkeit. Leider sind meines Erachtens immer noch zu viele Menschen noch nicht gut genug informiert", so Bauer.
"Das ist aus meiner Sicht normales Verhalten"
Dieser Einschätzung stimmt auch der ka-Reporter zu, auf dessen Initiative ka-news.de erst zu diesem Thema nachgeforscht hat. "Viele Menschen wissen nicht einmal, dass die Gutscheine zum Jahresende verfallen und ausbezahlt werden müssen", sagt er. "Und eigentlich sollte es meiner Meinung nach gar nicht nötig sein, dieses ganze Hin und Her mit den Gutscheinen zu veranstalten, wenn man sie doch nur wieder gegen Geld einlösen kann."

Es ginge nämlich auch schneller und unkomplizierter: "Ein Fitnessstudio in Durlach hat zum Beispiel alle Beiträge, die es während des Lockdowns bezogen hat sofort an die Kunden zurücküberwiesen, als es wieder öffnen durfte", sagt der ka-Reporter. "Was aus meiner Sicht auch normales Verhalten sein sollte." Zwingend oder verpflichtend sei die Gutscheinlösung für Vertreter von Freizeiteinrichtungen nämlich nicht.
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