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Karlsruhe: 80 Jahre Auschwitz-Befreiung: Erinnerung an 752 Karlsruher Juden

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80 Jahre Auschwitz-Befreiung: Erinnerung an 752 Karlsruher Juden

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    Gedenkstätte Auschwitz
    Gedenkstätte Auschwitz Foto: ps

    Das "Gedenkbuch Karlsruher Juden" wurde 2002 ins Leben gerufen. Mit diesem Projekt soll nicht nur den Opfern gedenkt werden - ihre kompletten Biografien werden aufgearbeitet, sodass ein jeder einzelner nicht in Vergessenheit gerät. Im Gedenkbuch sind alle Karlsruher Holocaustopfer mit Personenangaben und, soweit vorhanden, mit Porträts aufgeführt (wenn auch ein Drittel noch ohne Biografie).

    Gedenkbuch für die Karlsruher Juden
    Gedenkbuch für die Karlsruher Juden Foto: ka-news

    Gedenkbuch Karlsruher Juden als Bürgerprojekt

    Das Gedenkbuch ist ein zentraler Bestandteil der Erinnerungskultur der Stadt Karlsruhe. Das Stadtarchiv Karlsruhe übernimmt die fachliche Anleitung bei den Recherchen, stellt Quellen- und Literaturhinweise bereit, vermittelt in Einzelfällen Kontakte und übernimmt die redaktionelle Bearbeitung.

    Gedenkbuch zählt bislang 652 Biografien

    Die Stadt hat dazu alle Bürger aufgerufen, die "Patenschaft" zu einer ermordeten Person oder Familie zu übernehmen, eine Biographie zu recherchieren, zu verfassen und dem Gedenkbuch einzufügen. Bisher konnten 652 Biografien erstellt werden.

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    Foto: ka-news

    "In den vergangenen Jahren haben sich nicht nur die Rückmeldungen von Forschern vermehrt, sondern insbesondere auch die von Familiennachfahren in der inzwischen dritten und vierten Generation", so die Stadt Karlsruhe gegenüber ka-news.de. Manche ergänzten daraufhin auch die im Gedenkbuch vorhandenen Informationen zu ihren Verwandten.

    Warum es kaum noch neue Biografien gibt

    Laut Stadt wurden in den letzten Jahren jährlich weniger neue Biografien erarbeitet, als in der Zeit nach Beginn des Projektes, was auf die schlechter werdende Quellenlage zurückzuführen sei. Die Biografien gut-dokumentierter Persönlichkeiten und Familien seien mittlerweile erarbeitet, "zu den noch nicht behandelten Personen sind nur wenige oder gar keine Quellenzeugnisse verfügbar".

    Julius Hirsch: Karlsruher Fußballlegende starb in Ausschwitz

    Julius Hirsch  in his identity card for Jews issued in 1938 in Nazi Germany
    Julius Hirsch in his identity card for Jews issued in 1938 in Nazi Germany Foto: Gemeinfrei

    Ein Beispiel der nach Ausschwitz deportierten Karlsruher-Juden ist Julius Hirsch. Seine Biografie gehört zu den prominenteren, im "Gedenkbuch Karlsruher Juden" aufgeführten Namen.

    Julius Hirsch wird 1892 in einer jüdischen Familie in Achern geboren und in Karlsruhe eingeschult. 1902 tritt er dem KFV bei, mit dem er 1910 Deutscher Meister wird. Zudem gewinnt er dreimal die süddeutsche Meisterschaft und absolviert sieben Länderspiele für die A-Nationalmannschaft, darunter zwei Einsätze bei den Olympischen Spielen. Gemeinsam mit Gottfried Fuchs und Fritz Föderer bildet Hirsch den legendären Innensturm des KFV.

    Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten bleibt der Fußballer in Deutschland. 1942 lässt sich seine evangelische Ehefrau von ihm scheiden, wodurch Hirsch seinen privilegierten Status als Partner in einer Mischehe verliert. Im Februar 1943 wird er nach Auschwitz deportiert und stirbt dort im Konzentrationslager.

    Weitere Informationen zum Gedenkbuch

    Wer sich für das Projekt interessiert, kann sich per E-Mail an: projekt-gedenkbuch@kultur.karlsruhe.de melden. Das Gedenkbuch selbst ist im Internet einsehbar auf der Website gedenkbuch.karlsruhe.de.

    Gedenksteine in Karlsruhe

    Bis heute wurden in der Stadt Karlsruhe zudem insgesamt 324 Stolpersteine zum Gedenken an Menschen aus unterschiedlichen vom NS-Regime verfolgten Gruppen verlegt, den größten Anteil bilden Steine für Juden.

    "Stolpersteine" von Ludwig Marum und seiner Frau vor ihrem Haus in der Wendstraße 3.
    "Stolpersteine" von Ludwig Marum und seiner Frau vor ihrem Haus in der Wendstraße 3. Foto: Katherine Quinlan-Flatter

    Wo wurden Stolpersteine in Karlsruhe verlegt?

    Die Verlegeorte aller Stolpersteine in Karlsruhe können einer vom Stadtarchiv online bereitgestellten interaktiven Karte zu Erinnerungsorten für die Opfer des Nationalsozialismus entnommen werden: stadtgeschichte.karlsruhe.de.

    Was sind Stolpersteine?

    Stolpersteine sind ein dezentrales Erinnerungsprojekt des Konzeptkünstlers Gunter Demnig. Die Stadt Karlsruhe stimmte 2004 prinzipiell der Verlegung von Stolpersteinen zu, die Organisation der Verlegungen soll durch bürgerschaftliches Engagement geschehen.

    Mehrere Stolpersteine: Abgeordnete des Badischen Landtags, vor der Stadtbibliothek im Neuen Ständehaus, auch Ludwig Marum ist darunter.
    Mehrere Stolpersteine: Abgeordnete des Badischen Landtags, vor der Stadtbibliothek im Neuen Ständehaus, auch Ludwig Marum ist darunter. Foto: Katherine Quinlan-Flatter

    Stadt sucht neue Ehrenamtliche

    Die ehrenamtliche Koordinationsgruppe, die viele Jahre für die Organisation verantwortlich war, löste sich 2017 auf. Daher fehlt aktuell ein Ansprechpartner für Stolpersteinverlegungen in Karlsruhe, sodass entsprechenden Anfragen nicht angemessen nachgekommen werden kann. Die Stadt Karlsruhe arbeite nun aktiv daran, dieses ehrenamtliche Engagement wieder aufzubauen. 

    Karlsruher Gedenkveranstaltungen zur Befreiung der Juden in Ausschwitz

    Lichter gegen Dunkelheit

    • Was? Lichterkreis als Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
    • Wann? Am Montag, 27. Januar, 18 bis 20 Uhr
    • Wo? Marktplatz Karlsruhe

    Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wird ein großer Kreis aus Lichtern auf dem Karlsruher Marktplatz gebildet. Dabei erinnern die Veranstalter an die Schicksale von Karlsruher Holocaust-Opfern und setzen ein Zeichen gegen Hass, Hetze, Terror und Gewalt.

    Die Teilnehmer werden gebeten, auf Fahnen oder Abzeichen zu verzichten und stattdessen ein Glas mit einem Licht mitzubringen, um den Kreis aus Lichtern zu bilden.

    Veranstaltet wird die Aktion von dem Lernort Kislau e.V., der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe und dem Bündnis für Demokratie und Menschenrechte, gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe.

    Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus

    • Was? Städtische Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus
    • Wann? Am Montag, 27. Januar, um 20 Uhr
    • Wo? Ständehaussaal im Neuen Ständehaus

    Die Stadt Karlsruhe begeht den Erinnerungstag zum Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus alljährlich (die Corona-Zeit ausgenommen) mit einer Gedenkveranstaltung. 

    Über die Jahre nimmt die Stadt dabei stets verschiedene Opfergruppen in den Blick. 2025 steht die Deportation von Sinti und Roma im Mittelpunkt, die vor 85 Jahren am 16. Mai 1940 als erste große Gruppe "rassisch" Verfolgter dieses Leid und später den Völkermord erfuhr.

    "Denkmuster erleben weltweit ein schreckliches Comeback"

    Frank Mentrup (SPD, Oberbürgermeister)
    Frank Mentrup (SPD, Oberbürgermeister) Foto: Paul Needham

    Oberbürgermeister Frank Mentrup sagt dazu: "Es ist der Stadt Karlsruhe auch 80 Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes weiterhin ein Anliegen, an die damaligen Verbrechen und ihre Opfer zu erinnern. Je weiter die Ereignisse zurückliegen, desto wichtiger ist es, sie im Bewusstsein zu halten. Denn die Denkmuster, die letztlich zu einer in der Weltgeschichte einmaligen und unfassbaren Mordmaschinerie führten, wirken in unserer Gesellschaft bis heute nach, schlimmer noch, erleben weltweit ein schreckliches Comeback.“

    Zum Gedenken an die Deportation der jüdischen Bevölkerung am 22. Oktober 1940 plant die Stadt Karlsruhe ebenfalls eine besondere Erinnerungsveranstaltung für den 85. Jahrestag.

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