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Ettlingen: Rathaus-Zoff: Trotz Schulterklopfer Verfahren gegen Fedrow eingestellt

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Rathaus-Zoff: Trotz Schulterklopfer Verfahren gegen Fedrow eingestellt

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    Büssemaker konnte eine Körperverletzung nicht beweisen.
    Büssemaker konnte eine Körperverletzung nicht beweisen. Foto: dpa

    Das Amtsgericht Ettlingen ist der Staatsanwaltschaft darin gefolgt, dass nur eine fahrlässige Körperverletzung vorlag, an deren strafrechtlicher Verfolgung kein öffentliches Interesse bestehe. Das Verfahren gegen Fedrow wurde daher eingestellt.

    Das Gericht geht nach umfangreichen Ermittlungen davon aus, dass Fedrow der Oberbürgermeisterin auf einer Fastnachtsveranstaltung der 48. Narrenbrunnenpreisverleihung am 20. November 2010 nach einem Streit zumindest einmal auf die Schulter geklopft habe. Dieses - von Fedrow bestrittene - Verhalten habe nach eigenen Angaben Büssemakers in ihrer polizeilichen Vernehmung zunächst keine Schmerzen verursacht. Unter anderem deswegen sei aus Sicht des Gerichts keine vorsätzliche Körperverletzung durch Fedrow anzunehmen, heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe.

    In der darauf folgenden Nacht seien bei Büssemaker zwar Schmerzen in der Schulter aufgetreten, diese könnten nach ärztlicher Einschätzung durch den beschriebenen Schlag verursacht worden sein. So können die vorhersehbare Folgen des Verhaltens von Fedrow fahrlässiger Körperverletzung zugerechnet werden. Anhaltspunkte für eine strafbare Ehrkränkung hätten sich nicht ergeben, heißt es weiter.

    Einziger Zeuge zog offenbar Aussage zurück

    In Anbetracht der Gesamtumstände sieht das Gericht daher kein - rechtlich relevantes - öffentliches Interesse an der strafrechtlichen Ahndung dieses Verhaltens. Die Verletzungen seien nicht erheblich gewesen und durch ein leicht fahrlässiges Verhalten verursacht worden. Das Ermittlungsverfahren wurde daher wegen Geringfügigkeit eingestellt.

    Bereits am vergangenen Mittwoch wurde bekannt, dass der einzige Zeuge Büssemakers, der die angebliche Prügelattacke des Bürgermeisters auf die Oberbürgermeisterin beobachtet haben soll, seine Aussage zurückgezogen habe. Angeblich sei der Zeuge, ein ehemalige Ettlinger CDU-Stadtrat, vom Ehemann der Oberbürgermeisterin zu einer Falschaussage überredet worden. Daraufhin stellte Fedrow Strafanzeige wegen falscher Verdächtigungen. Er fühle sich als "Opfer einer Intrige", teilte Fedrow mit.

    FDP-Fraktion hält Fedrow für "ausfallend und unberechenbar"

    Die heutige Entscheidung des Gerichts stellt das vorläufige Endergebnis einer Polit-Posse dar, die im November 2010 begann. Die öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung führte in letzter Zeit zu etlichen Grabenkämpfen zwischen den Ettlinger Gemeinderatsfraktionen. So wurde Fedrow, noch bevor die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungsergebnisse veröffentlichte, einerseits als rabiater Bürgermeister, der zu allem fähig sei, bezeichnet. Andere wiederum schenkten Fedrow Glauben und sahen in ihm das Opfer einer Intrige. In den letzten Tagen sorgte die angebliche Prügelattacke für mächtigen Krach zwischen den Fraktionen des Ettlinger Gemeinderats.

    In einem offenen Brief vom 6. Januar geht der FDP-Fraktionsvorsitzenden, Pascal Drotschmann, von der Schuld Fedrows aus. Drotschmann bezieht sich in dem Brief auf eine Aussage von Otto Hauser, ehemaliger Sprecher der Bundesregierung unter Helmut Kohl: Fedrow sei nach den Erfahrungen Hausers "ausfallend und unberechenbar, könne dies aber hervorragend unterdrücken und sich in bester Performance darstellen, weshalb man schon mehrfach auf ihn hereingefallen sei." Fedrow gehöre in "ärztliche Behandlung". Wären die Gemeinderäte vor der Wahl Fedrows zum Bürgermeister über Hausers Erfahrungen in Kenntnis gesetzt worden, hätten viele Gemeinderäte anders entschieden, ist sich Drotschmann sicher.

    Grabenkriege zwischen den Fraktionen

    Fedrow war 2009 im zweiten Wahlgang vom Ettlinger Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung - mit den Stimmen der FDP - zum Bürgermeister gewählt worden. Die SPD-Fraktion hätte von Anfang an nicht für Fedrow gestimmt, und zwar nicht aus parteipolitischen Gründen, betont Ettlinges SPD-Fraktionsvorsitzende Helma Hofmeister-Jakubait gegenüber ka-news. "Ich hatte bei Fedrow schon immer ein merkwürdiges Gefühl", so Hofmeister. Die SPD-Fraktion zeige sich von dem Rückzug des einzigen Zeugen überrascht. Denn man habe keinen Anlass gesehen an der Glaubwürdigkeit Büssemakers sowie der des Zeugen zu zweifeln. Die entbrannte öffentliche Diskussion sei allerdings "nicht die Qualität der Stadt Ettlingen". Man dürfe Ettlingen "nicht kaputt reden", appellierte die Sozialdemokratin.

    Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Barbara Saebel, meldete sich ebenfalls in einem offenen Brief zu Wort: "Ich halte es nicht für sinnvoll parallel einen Grabenkrieg quer durch die Fraktionen zu führen". Öffentliche Äußerungen seien wenig hilfreich und ließen neue Schmähungen und Verletzungen entstehen, die die Zusammenarbeit nicht nur an der Verwaltungsspitze, sondern auch im Gemeinderat erschwerten, so Saebel weiter.

    CDU-Stadtverband zweifelt nicht an Fedrows Unschuld

    Der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Ettlingen, Michael Zacherle, zweifelt jedenfalls nicht an der Unschuld Fedrows. "Es gab keinen solchen Vorfall. Ich glaube Herrn Fedrow", sagte Zacherle kürzlich gegenüber ka-news. "Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Fedrow sofort einstellt und er mit sofortiger Wirkung wieder in sein Amt eingesetzt wird", forderte der CDU-Vorsitzende. Das Verhalten der Oberbürgermeisterin sei auf ihre "persönliche Inkompatibilität mit ihren Bürgermeistern zurückzuführen", so Zacherle.

    Fedrow ließ heute über seine Anwälte mitteilen, dass die Entscheidung des Gerichts bestätigt habe, dass die Anschuldigungen von Büssemakers frei erfunden und unwahr seien. Die Vorwürfe hätten sich in "Schall und Rauch aufgelöst."

    "Es wurde amtlich bestätigt, dass Bürgermeister Thomas Fedrow keinerlei Tätlichkeit oder Verletzung Büssemaker zugefügt hat", so die beiden Rechtsanwälte. Der angebliche Hauptzeuge aus Ettlingen, den Büssemaker benannt hatte, konnte bereits Ende November letzten Jahres nicht bestätigen, dass der Bürgermeister ihr "zwei Mal hart auf den Rücken und die Schulter geschlagen" haben soll, heißt es in der Presserklärung. Die vorgeschobene Verletzung in Form einer "Kalkschulter" von Büssemaker stellte sich als bereits vorhandene längere Erkrankung seit dem Jahr 2001 heraus, heißt es in dem Schreiben der Anwälte. Unter Kalkschulter versteht man kalkartige Ablagerungen in Sehnen und Sehnenansätzen, die Schmerzen hervorrufen.

    Staatsanwaltschaft: Fedrow hat Büssemaker verletzt

    In einer Presseerklärung der Oberbürgermeisterin heißt es: "Die Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Pressemitteilung und Einstellungsverfügung vom 7. Januar 2011 bestätigt, dass der von Frau Oberbürgermeisterin Büssemaker erhobene Vorwurf einer Körperverletzung gegen den Beschuldigten Fedrow der Wahrheit entspricht." Die Staatsanwaltschaft habe festgestellt, dass der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt sei, teilt Büssemaker mit. Die Staatsanwaltschaft sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass der Schuldvorwurf, der dem Beschuldigten zu machen ist, nicht so schwer zu bewerten ist, dass es einer eigenen strafrechtlichen Sanktion in einer öffentlichen Hauptverhandlung bedarf, heißt es weiter.

    Fahrlässige Körperverletzung: Schuld Fedrows ist als "geringfügig anzusehen"

    "Der Beschuldigte hätte erkennen können und müssen, dass er eine Grenze überschreitet, indem er seiner unmittelbaren Vorgesetzten auf die Schulter klopft. Ihm sind sein Verhalten und die dadurch hervorgerufene Verletzung persönlich vorwerfbar", heißt es in einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das ka-news vorliegt. Die Staatsanwaltschaft sehe es demnach als erwiesen an, dass der Schlag beziehungsweise das Klopfen des Beschuldigten auf die linke Schulter der Geschädigten Verletzungen zur Folge hatte.

    Der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung sei daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt. Die Schuld sei allerdings als geringfügig anzusehen, da bei der Tat keine schweren Verletzungen und dauerhaften Schäden verursacht worden waren. Durch die Suspendierung wurde Fedrow deutlich vor Augen geführt, dass er sich falsch verhalten habe, so die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft sieht daher von weiteren strafrechtlichen Schritten gegen Fedrow ab.

    Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur

    Das Verfahren wurde eingestellt. Doch die Gerüchteküche in Ettlingen brodelt weiter. Die neuste Verschwörungstheorie: Die CDU habe Fedrow bewusst im Ettlinger Rathaus eingeschleust, um der ungeliebten Büssemaker zu schaden.

    Zum Hintergrund:Ettlingens Oberbürgermeisterin Gabriela Büssemaker beschuldigte ihren beigeordneten Bürgermeister Thomas Fedrow, er hätte sie auf einer Fastnachtsveranstaltung tätlich angegriffen. Die Oberbürgermeisterin entzog Fedrow daraufhin die Führung der Dienstgeschäfte und erteilte ihm Hausverbot.  Daraufhin wurde von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Fedrow ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung und Beleidigung eingeleitet. Fedrow selbst hatte die Behauptung von Büssemaker stets als "vollkommen abstrus und abwegig" kommentiert.

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