Herr Eichner, haben Sie eine derartige Super-Saison erwartet und wie lautet Ihre Saisonanalyse?
Ich hatte die Hoffnung, dass verschiedene Dinge auf so ein gutes Ergebnis einspielen: Beispielsweise die Kraft, die das Stadion entfachen kann, oder dass es uns gelingt, dass einige der Jungs wieder einen weiteren Schritt in ihrer Entwicklung gehen. Gerade, wenn all das funktioniert hat, haben wir auch in Sachen Erfolg und Tabelle Schritte nach vorne gemacht.

Haben Sie keine Bedenken gehabt?
Der kritische Trainerblick bleibt immer. Aber ich war immer zuversichtlich, auch wenn mir klar war, dass es wieder ruckeln kann. Denn immerhin hatten wir vor der Saison eine Achse verloren (Anm. der Redaktion: Gersbeck, Ambrosius, Gordon, Breithaupt, Choi, Kaufmann). Fazit: Ich bin zufrieden.
Seit Oktober 2023 ging es aufwärts. Wichtig dafür war vor allem, dass ab da eine große defensive Stabilität im Team war. Warum erst ab diesem Zeitpunkt? Warum klappte das nicht früher?
Da bin ich, was den Zeitpunkt betrifft, kritischer. Die Ergebnisse überstrahlten in dieser Phase manche Dinge. Aber intern blieb der Blick immer klar. Man denke daran: Beim Sieg gegen Elversberg - zwei Gegentore, bei der Hertha zwei Gegentore, Rostock zwei Tore. Drei in Hamburg, zwei gegen Wiesbaden, Düsseldorf und Braunschweig. Wir müssen ehrlich bleiben – das waren zu viele. Auch wenn oft die Ergebnisse stimmten.

Das klingt, als wären Sie mit der Defensivleistung ihres Team unzufrieden.
Zu dem Zeitpunkt, den Sie nannten, war ich ab der Partie gegen Düsseldorf zufrieden. Da war für mich klar der Trend zu sehen - trotz der zwei Gegentore - dass die Mannschaft bereit ist, zu verteidigen. Wir wollten im Mittelfeld eine bessere Balance. Wir hatten auch zuvor mit der Raute zu null gespielt, wollten aber durch den Einsatz eines zweiten Sechsers das Verteidigen stabilisieren. Das war die Basis. Aber das Wichtigste: Wir hatten mehr defensiv denkende Spieler auf dem Feld, das war essentiell.

Kann der Erfolg auch zum Ballast werden? Die Erwartungen steigen… Manchen könnten gar vom Aufstieg reden…
Aktuell nehme ich es so wahr, dass die Erwartungshaltung im vergangenen Sommer höher war. Damals kam Lars Stindl, der vieles überstrahlt hat. Jetzt nehme ich etwas mehr die Sorge wahr, dass man fragt: Wer geht? Wie ersetzt man die Vielzahl von Abgängen? Wie geht es weiter? Auch da gilt es, eine gute Mitte zu fahren.
Aus dem Stamm der Mannschaft, die uns so viel Freude gemacht hat, sind noch sieben, acht Spieler da. Das Gerüst steht. Trotzdem verlieren wir durch die Angänge absolut an Qualität. Man denke an Paul Nebel, Igor Matanovic, Jérôme Gondorf oder Lars Stindl, um nur ein paar herauszugreifen. Das heißt: Wir müssen aufpassen, wach sein.
Haben Sie Mitleid mit Lars Stindl, den eine Verletzung so lange zum Zuschauen zwang?
Lars liebt den Fußball. Das war für ihn schlimm. Ich habe mit ihm gelitten. Er wusste zum Beispiel, wie wichtig es für den Verein Karlsruher Sport-Club war, in Kaiserslautern, in Hamburg zu gewinnen. Das war zuvor einmal sogar 32 Jahre her. Lars ist sich der Bedeutung dessen bewusst. Er tat mir unheimlich leid.

Stindl hat Ihre Arbeit über den grünen Klee gelobt. Auch Kapitän Jérôme Gondorf, eher ein kritischer Geist, war voll des Lobes über Eichner als Cheftrainer. Beide brauchen so etwas nicht, beenden Ihre Karriere. Tut das gut?
Lob tut jedem gut. Beide hatten viele Trainer, können vieles gut einschätzen. Wer von den Trainern ihnen etwas mitgegeben hatte - wer nicht. Wenn Lars und Jérôme uns loben – dann ist das großartig. Lars hat sich bei uns wohl gefühlt, trotz all der Verletzungsprobleme.

Trotz des großen Lobs - was war der größte Fehler von Christian Eichner in der Saison?
Ich mache mir permanent Gedanken. Wichtig war: Bei allen Anpassungen und Veränderungen sind wir sind uns treu geblieben und haben uns nicht weg von unseren Weg bewegt.
Wer war der Überflieger, der Spieler der Saison? The Winner is?
Schwierig, sehr schwierig in dieser tollen Mannschaft. Nehmen wir Paul Nebel – wie er anerkannt ist, wie er läuft, wie er arbeitet und spielt. Er erinnert mich immer wieder an Tamas Hajnal, wie er kreiert, wie er alles gibt. Er ist so immens fleißig und laufstark, wie es damals Tamas war. Paul hat ein gutes Maß an Fleiß und Effektivität. Aber um in Liga eins anzukommen, muss er noch überall zulegen. Er hat es verdient, hier genannt zu werden.

Wer war die "lahme Ente?"
Da gab es keine. Es gab nur positive Überraschungen, auch im und fürs Mannschaftsgefüge. Zum Beispiel, wie Philip Heise mit der Situation, keinen Vertrag zu bekommen, umging. Das war vorbildlich. Er hat sich absolut top verhalten, hat das zurückgegeben, was wir ihm gegeben haben.

Was sagen Sie Kritikern, die erklären: Eichner setzt nicht auf junge Spieler? Dabei entwickelten Sie Akteure wie Kaufmann, Nebel, Matanovic, Breithaupt, Herold, Beifus…. Sind Sie darauf stolz? Und nervt Sie die Inkompetenz?
Die Namen, die Sie erwähnt haben, sprechen genug dafür, dass wir als Trainerteam behaupten können. Wir haben genug jungen Spielern die Chancen gegeben. Wenn es jemand verdient hat, wenn jemand die Leistung gebracht hat, dann zählte das und nicht das Alter. Aber - ob und wie es weitergeht oder nicht, das haben die jungen Spieler selbst entschieden.
Keiner, der es bei Christian Eichner nicht in die zweite Bundesliga schaffte - hat es bei einem anderen Verein geschafft. Ist das eine Bestätigung Ihrer Arbeit, Ihrer Einschätzung?
Das zeigt, dass unsere Entscheidungen, zu dem Zeitpunkt als wir sie so trafen, korrekt waren. Bei Malik Batmaz beispielsweise, zu dem ich immer noch Kontakt habe, war es wichtig, Stammspieler zu werden, jede Woche zu spielen. Hier beim KSC hatte er einen Mikkel Kaufmann und Fabian Schleusener in der 2. Bundesliga vor sich. So hat er jetzt die Aussicht, dass sein toller Fleiß belohnt wird.

Sind Sie froh, dass Sie nicht mehr in der Task Force dabei sind?
Das hatte sicher einen gewissen Reiz, gerade in verantwortlicher Position bei Transfers tätig zu sein - zumal sich die Entscheidungen nahezu alle als richtig erwiesen haben. Jetzt nehme ich wieder die normale Rolle eines Trainers ein.
Haben Sie die letzte Entscheidung bei Neuzugängen?
Nein, das sieht meine Rolle nicht vor. Ich bekomme Spieler von einer ganz fleißigen Abteilung, die bei Sebastian Freis und Michael Bischoff zusammengeführt wird, vorgestellt. Ich gebe meine Einschätzung ab. Im Idealfall machen entweder alle den Daumen hoch oder eben runter. Es gibt auch Entscheidungen der Basis von Kompromissen.

Und wenn ein Spieler verpflichtet wird, den Sie nicht primär wollten?
Dann zählt das gleiche Prinzip wie immer. Bringt er Leistung – dann spielt er.
Der Kader muss umgebaut werden. Es müssen Neuzugänge kommen. Für welche Positionen?
Wir brauchen noch mindestens ein Stürmer. Vielleicht auch einen, der polyvalent einsetzbar ist, mal in der Spitze, mal auf dem Flügel.
Es fehlen etliche Alpha-Tiere… Gondorf, Stindl, Heise… Sind Sie froh, dass Sebastian Jung bleibt?
Sebastian ist ein überragender Rechtsverteidiger. Ich bin auch froh, dass Marcel Franke da ist, ein Marvin Wanitzek, und dass ein Robin Bormuth zurückkommt. Mal schauen, wer sich im Bereich Führung weiterentwickeln und einige Schritte nach vorne machen kann.
Ist Leihspieler David Herold ein sicherer Zugang?
Ich gehe davon aus, dass er verpflichtet wird.

Wer wird Nachfolger von Gondorf? Vize-Kapitän Wanitzek?
Durchaus möglich. Aber für diese Entscheidung haben wir noch einige Tage.

Werden Sie die EM–Spiele anschauen?
Ganz sicher, das ist selbstverständlich
Wer gewinnt die EM?
Mein Verstand sagt mir, dass es am Ende Frankreich, Spanien oder England sein müsste. Aber – es ist logisch, dass ich einen großen Glauben an unsere Mannschaft habe.
