Startseite
Icon Pfeil nach unten
Auto
Icon Pfeil nach unten

Streit um Verbrenner-Aus: Eine Ausnahme könnte die Lösung sein

Auto

Streit um Verbrenner-Aus: Eine Ausnahme könnte die Lösung sein

    • |
    • |
    • |
    Nach dem „Autogipfel“ gaben VDA-Präsidentin Hildegard Müller (v.l.n.r.), Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall, eine Pressekonferenz.
    Nach dem „Autogipfel“ gaben VDA-Präsidentin Hildegard Müller (v.l.n.r.), Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall, eine Pressekonferenz. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Am 9. Oktober 2025 hatte Bundeskanzler Friedrich Merz zum „Autogipfel“ ins Kanzleramt geladen. Zusammen mit Spitzenvertretern von Autoherstellern und Zulieferern, Verbänden und Gewerkschaften sowie aus Bundesländern mit Autostandorten sollte über bessere Bedingungen für die kriselnde deutsche Autoindustrie beraten werden. Ein entscheidender Punkt war die Debatte über das Verbrenner-Aus. Merz und Chefs der Automobilindustrie wollen das Ende des Verbrennermotors kippen. Das stößt bei Fachleuten und einigen Politikern auf Kritik. Eine Kompromisslösung könnte jedoch im Raum stehen.

    Verbrenner-Aus: Worum geht es beim Streit in der Autoindustrie?

    Im Fokus der Debatte stand der Umgang mit dem 2022 beschlossenen Ende für die Zulassung neuer Verbrenner-Fahrzeuge auf dem EU-Markt ab 2035, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Ziel des Verbots für Neuzulassungen von Autos mit Benzin- oder Dieselmotor ist es, CO₂-Emissionen im Verkehr für mehr Klimaschutz zu senken. Damals ging man aber noch von deutlich höheren Verkaufszahlen für E-Autos aus. Industrievertreter fordern schon länger Ausnahmen beim sogenannten Verbrenner-Aus.

    Im Vorfeld einer bevorstehenden EU-weiten Überprüfung haben Union und SPD über die deutsche Haltung zum Verbrenner-Aus gestritten. Kanzler Merz strebt laut dpa eine Rücknahme der Regelung an, während die SPD weiterhin grundsätzlich daran festhalten will. Wie die Bild schreibt, sprechen sich unter anderem SPD-Fraktionschef Matthias Miersch und Umweltminister Carsten Schneider (SPD) dafür aus, das Zulassungsverbot für Verbrenner ab 2035 beizubehalten.

    Wie die dpa informiert, kann Deutschland die EU-Vorgaben nicht im Alleingang ändern: Zunächst müsste die EU-Kommission eine entsprechende Gesetzesinitiative starten – damit wird bis Jahresende gerechnet. Anschließend bedarf es der Zustimmung sowohl einer Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten als auch des Europaparlaments. „Wir brauchen zügige Entscheidungen und eine geschlossene deutsche Position in Brüssel“, betonte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Im EU-Parlament sind die Meinungen laut dpa derweil stark gespalten: EVP-Fraktionschef Manfred Weber hatte im Wahlkampf angekündigt, das Verbrenner-Aus rückgängig machen zu wollen. Dagegen stoßen weitreichende Änderungen an den Klimaschutzvorgaben bei Sozialdemokraten und Grünen auf deutlichen Widerstand.

    Was sind die Ergebnisse des „Autogipfels“?

    Bundeskanzler Merz positionierte sich nach dem „Autogipfel“ laut dpa klar gegen ein Verbrenner-Aus ab 2035. „Einen solchen harten Schnitt im Jahr 2035 wird es, wenn es nach mir geht – und ich werde alles tun, das zu erreichen – nicht geben“, sagte er in Berlin. Das sei technisch nicht möglich, so der CDU-Politiker. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) machte deutlich, dass rasche weitere Entscheidungen erforderlich seien. Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass mehr Flexibilität notwendig sei. Es gelte, pragmatisch zu handeln und die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland in den Mittelpunkt zu stellen. Beide Politiker unterstrichen die zentrale Bedeutung des Ausbaus der Elektromobilität: Elektroantriebe seien „die Hauptstraße, auf der gefahren wird“. Es brauche aber Zeit für die Markteinführung. Der Kanzler ermutigte die Unternehmen, auch andere Formen klimaneutraler Antriebe voranzutreiben.

    VW-Konzernchef Oliver Blume sagte der dpa in einem Video-Interview: „Aus heutiger Perspektive ist das Ziel, wie es für 2035 gesetzt wurde, unrealistisch. Und deshalb brauchen wir dort mehr Flexibilität.“ Auch Hildegard Müller und IG-Metall-Chefin Christiane Benner sprachen sich laut dpa für flexiblere Regelungen zum CO₂-Ausstoß aus. Der Ausbau der Elektromobilität müsse zwar im Zentrum der Bemühungen zur CO₂-Reduktion stehen – Benner forderte vor allem mehr Unterstützung bei Ladesäulen, Strompreisen und Kaufanreizen. Gleichzeitig seien laut Müller flexible Lösungen erforderlich.

    Welche Ausnahme vom Verbrenner-Aus könnte eine Kompromisslösung sein?

    Wie die dpa berichtet, seien Möglichkeiten zur Flexibilisierung laut Müller etwa Plug-in-Hybride und sogenannte Range-Extender: Das sind kleine Verbrennungsmotoren, die die Reichweite von E-Autos erhöhen. Auch herkömmliche Verbrenner, die mit zunehmend klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden, könnten demnach zur Emissionsminderung beitragen.

    Hierin könnte eine Kompromisslösung im Streit um das Verbrenner-Aus liegen: Wie die Bild berichtet, zeigte sich SPD-Parteichef Lars Klingbeil mit Blick auf Hybridfahrzeuge – die sowohl über einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor verfügen – offen für Verhandlungen. Zudem sprach sich Olaf Lies, SPD-Minister im Autoland Niedersachsen, für Ausnahmen bei Fahrzeugen aus, die mit E-Fuels betrieben werden. Auch CDU-Wirtschaftsexperte Tilman Kuban bekräftigte gegenüber der Bild, dass die Zukunft zwar vor allem in der Elektromobilität liege, doch auch Hybride, Range-Extender und effiziente Verbrenner weiterhin ihre Berechtigung hätten. Nur so ließen sich Arbeitsplätze, wirtschaftliches Wachstum und Innovation in Deutschland sichern.

    Doch wie realistisch ist diese Kompromisslösung? Union und SPD einigten sich nach Bild-Informationen wohl schon auf eine Ausnahme vom Verbot für Hybridautos und Range-Extender. Merz plane demnach, in zwei Wochen, Ende Oktober, in Brüssel Gespräche aufzunehmen. Wie die Tagesschau berichtet, soll noch in diesem Jahr in Brüssel über mögliche Korrekturen beim EU-weiten Verbrenner-Aus beraten werden.

    Übrigens: Der Koalitionsausschuss von Union und SPD hatte einen Tag vor dem „Autogipfel“ bereits ein neues Förderprogramm mit Kaufanreizen für E-Autos beschlossen, von dem besonders Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren sollen. Zudem soll nach einer Ankündigung von Bundesfinanzminister Klingbeil die Regelung zur Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis 2035 verlängert werden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden