Wer als E-Auto-Fahrer im Sommer nur mit schlechtem Gewissen die Klimaanlage einschaltet, den dürfte eine aktuelle Studie überraschen: Der wahre Stromfresser auf der Straße ist nicht die kühlende Belüftung im Fahrzeug. Die Bedenken, dass die Klimaanlage zulasten der Batterie und damit Reichweite geht, wollen die Autoren mit Daten von mehreren Hunderttausenden Fahrtstunden entkräften. Ihr Fazit: Weniger ist mehr. Doch dabei verweisen sie nicht auf das Regeln der Klimaanlage, sondern zeigen vielmehr runter in Richtung Füße. Denn das richtige Fahrverhalten kann den Erkenntnissen nach einen entscheidenden Unterschied machen.
E-Auto: Was beeinflusst die Reichweite?
Wie schnell es zum Aufladen des E-Autos gehen muss, ist dem ADAC nach an zwei hauptsächliche Faktoren gekoppelt: Denn die Reichweite hänge zum einen davon ab, welche Kapazität die Batterie hat, und wie viel Strom der Elektromotor letztlich tatsächlich verbraucht. Wer entsprechend weniger verbraucht, kommt weiter. Der standardisierte ADAC-Ecotest schaffe zwar vergleichbare Werte über verschiedene Hersteller und Modelle hinweg. Kämen jedoch andere Bedingungen ins Spiel, sehe es im Hinblick auf Reichweite teils ganz anders aus, so die Tester. So hätten beispielsweise niedrige Temperaturen „erhebliche Auswirkungen“. Aber auch die Geschwindigkeit ist demnach nicht zu unterschätzen.
Dass Fahrweise und -verhalten einen Unterschied machen können, zeigt eine Studie von Forschern der Universität Stanford: Nicht ein schonender Fahrstil werde mit einer verlängerten Batterie-Lebensdauer belohnt, sondern vielmehr gelegentliche Zwischenspurts, wie im Stadtverkehr üblich. Was das Fahrverhalten angeht, gibt es offenbar weitere Konstellationen, die sich positiv auf die Batterie auswirken – das geht wiederum aus einer Studie respektive Analyse der Daten von mehr als drei Millionen Fahrten des kanadischen Telematik-Anbieters Geotab zurück.
Übrigens: Eine neue im Koalitionsvertrag festgehaltene E-Auto-Förderung soll nach zuletzt rückläufigen Anmeldezahlen einen neuen Kaufanreiz setzen.
Studie: Was frisst beim E-Auto mehr Strom als die Klimaanlage?
Das kanadische Unternehmen hat eigenen Angaben zufolge anonymisierte Telematikdaten ausgewertet. Ja, hohe Temperaturen im Sommer hätten einen Einfluss auf die Reichweite. Doch die Analyse von rund 350.000 Fahrten mit 500 Limousinen und 2,8 Millionen Fahrten von 2000 „leichten“ Transportern hätte einen weitaus größeren Einzelfaktor für den Reichweitenverlust ausgemacht. Beide Modelle seien so angepasst worden, dass sie eine 65-kWh-Batterie darstellen.
Das für viele E-Autofahrer vermutlich überraschende Ergebnis: Fährt man bei 30 Grad zwischen 80 und 130 km/h, macht hauptsächlich der Luftwiderstand der Reichweite mehr zu schaffen, als es die Klimaanlage tut. Entsprechend erklärt Charlotte Argue, Senior Manager Sustainability, bei Geotab: „Autofahrer neigen dazu, sich bei heißem Wetter Gedanken über die Nutzung der Klimaanlage zu machen, aber unsere Daten zeigen, dass Ihr rechter Fuß den größten Unterschied machen kann, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten.“
Wie wirkt sich die Geschwindigkeit auf den Verbrauch aus?
Tritt man demnach weniger aufs Gaspedal – 16 bis 24 km/h würden bereits ausreichen – könne man bis zu 30 Prozent weiter kommen. Verdeutlichen würde das das Beispiel eines Elektrotransporters: Fahre dieser bei 30 Grad und eingeschalteter Klimaanlage rund 80 km/h, würde er rund 230 Kilometer weit kommen. Sei er dagegen mit 96 Stundenkilometern unterwegs, sinke die Reichweite auf 195 Kilometer.
Die Expertin betont zudem, dass die Reichweite „immer von den realen Bedingungen abhängt: Temperatur, Topografie, Verkehr und natürlich Geschwindigkeit“. Was das Tempo im Zusammenhang mit dem Luftwiderstand angehe, handle es sich um simple Physik: Ein schnelleres Auto muss umso mehr gegen den Luftwiderstand ankämpfen. Schließlich steige dieser quadratisch mit der Geschwindigkeit. Das bedeutet: Verdoppelt sich die Geschwindigkeit, vervierfacht sich die aufzubringende Energie, um den Widerstand zu überwinden. Und das sei weit mehr, „als Ihre Klimaanlage jemals verbrauchen wird“.
Übrigens: Laut aktuellen Pannenstatistiken bleiben E-Autos seltener liegen als Modelle mit Verbrennermotor.
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