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Karlsruhe: Unter Handtuchschwingern: Irie Révoltés und Culcha Candela eröffnen "Das Fest"

Karlsruhe

Unter Handtuchschwingern: Irie Révoltés und Culcha Candela eröffnen "Das Fest"

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    Irie Révoltés
    Irie Révoltés Foto: Andreas Arndt☺www.andifried.com

    Der Konzertbericht von Patrick Wurster

    Nach den Brettenern Three D One P, die mit druckvollem Rocksound auf mehrstimmigem Gesang Hauptbühne und das langsam die Günther-Klotz-Anlage strömende Publikum aus der Nachmittagslethargie reißen, dürfen die "New Bands Festival"-Sieger von 2008 ihren Gewinn einstreichen: eine Dreiviertel Stunde Ruhm beim Gig auf der "Fest"-Hauptbühne. Und Perry O'Parson, benannt nach dem eingeknasteten Protagonisten aus Truman Capotes "In Cold Blood", passen mit ihrem Neo-Folk aus tiefster Brust und Seele prima zum spätnachmittäglichen Sommerwetter; Cris Cosmo, dem man das Ex-NTS langsam ersparen möchte, mit seiner weit gereisten Latino-Pop-Gitarre passt zu solch einem Wetterchen wie der Strohhalm in den Caipi.

    "Haut les bras, les rebelles sont là!", wirbeln dann um halb acht die neun Köpfe der Irie Révoltés im schnellen Skaschritt auf die Hauptbühne, die ihnen im Gegensatz zum Zeltgig im vergangenen Jahr (siehe auch: "Keine Frage des Jein") endlich einen angemessenen Radius gewährt. Ein paar Takte ihrer pumpenden Ragga-Nummer muss fürs Erste reichen; bei "Voyage" und "Soleil" werden sanftere Sommerklänge angestimmt bevor die Heidelberger Band um die Brüder Mal Élevé und Carlito wieder richtig aufdreht und einen Vorgeschmack auf das nun für Anfang 2010 angekündigte neue Album gibt, in dem dann mehr als bislang üblich auch in Deutsch gesungen wird.

    Und der etwas roughere Ton wie beim im Schnellakkord vorgetragenen "Travailler" oder auch "Zeit ist Geld" bewegt auch den in angenehmer Schwingung schwelgenden Hügel. Es gibt nur wenige Bands, die sich auf der Bühne so austoben wie die Wahl-Berliner während ihrer vom markant nasalen Gesang Mal Élevés getriebenen Auftritt.

    Iries räumen wegen Hausbesetzer-Transparent das "Fest"-Gelände

    Verstanden wird die Message von den bis zu 80.000 "Fest"-Gängern auch in Französisch (abgesehen davon, dass sie so auch weit besser klingt): "Resistencia" ist bei den Iries mehr als ein in getragenen, feinsten Concious-Ragga verpackter Song. Doch soll ihr aufgerolltes Transparent pro Initiative Bon Lieu Vivant, die zum gleichen Zeitpunkt ein seit drei Jahren leerstehendes Gebäude in der unweit der Klotze befindlichen Pfannkuchstraße 15 in Beschlag nimmt, um in Ex-Steffi-losen Zeiten ein selbstverwaltetes Kulturzentrum zu errichten, die Ordnungshüter auf den Plan gerufen haben - und Grund dafür sein, weshalb der angedachte Überraschungsauftritt bei der von ka-news präsentierten und proppevollen "More Fire! After Fest Party" in der Rock & Rollbar nicht zustande kam. Ganz so dramatisch war's dann wohl doch nicht: Festival-Organisator Rolf Fluhrer fürchtet um einen eventuellen Straftatbestand und teilt dies der Band nach eigener Angabe mit, die daraufhin den Backstagebereich verlässt. Die Polizei hat das Gebäude in der Pfannkuchstraße mittlerweile geräumt.

    Etwas argloser (und mit "Africa Children" dennoch den Anspruch wahrend) gehen die zweiten Handtuchschwinger des Abends zu Werke: Culcha Candela, die sich nach ihrer "Fest"-Premiere 2006 (siehe auch: "Im Zelt spielt der Headliner") zum Top-Act gemausert haben. Ihrem "T-Shirts ausziehen"-Aufruf wird vom Publikum prompt Folge geleistet: Ein wäschewedelnder Hügel heißt die sieben Berliner Rückkehrer willkommen, deren Mischung aus Reggae, Dancehall, Salsa, HipHop und Ragga auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Patois unterlegt mit fetten Beats, basslastigen Party-Rhymes beim zweiten "Fest"-Gastspiel besser sitzt wie Vatterns Maßanzug. Wo eben noch unkoordiniert umeinandergesprungen wurde, installieren die Men In Black ein penibelst durchchoreographiertes Showprogramm.

    Posen, Pogo, Mitmach-Action

    Noch ein bisschen von der Bühne koordinierte Mitmach-Action "to the left und to the right" - und die Karlsruher dürfen sich über den nach Culcha-Befinden "krassesten Berg Deutschlands" freuen. Mit "Monsta" machen Larsito, Itchyban, Mr. Reedoo, Don Cali, Lafrotino, Johnny Strange und DJ Chino bis zum Freitags-Zapfenstreich Laune und Lust aufs Ende August erscheinende Album "Schöne neue Welt", während "One Destination", "Next Generation" und natürlich "Hamma" nichts an Strahlkraft eingebüßt haben.

    Bei der Neukomposition "Gimme Some" vereinen sich schließlich selbst Posen und Pogo zu einem derart unwiderstehlichen Mix, der vollkommen vergessen lässt, dass nur noch auf der Bühne "Somma im Kiez" ist und sich das mittlerweile wieder am Körper befindliche T-Shirt dank der teils heftigen Regenschauer längst mit dem Maßanzug messen kann.

    www.dasfest.net

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