Wer ab 9. Dezember mit Bus und Bahn in Karlsruhe unterwegs ist, wird 2,7 Prozent mehr für die Fahrkarten zahlen müssen. Diese für Pendler schlechte Nachrichten veröffentlichte der KVV Ende September. Begründet wird die Anpassung mit Umsatzeinbußen. Ein wesentlicher Punkt für die hohen Kosten sind laut KVV die gestiegenen Personalgehälter. Hinzu komme die Beschaffung eines modernen Fuhrparks sowie der fortschreitende barrierefreie Umbau der Haltestellen.
Argumente, die so oder ähnlich Jahr für Jahr angeführt werden. Im Schnitt steigt der Preis meist um wenige Prozent, was aber in den vergangenen Jahren durchaus für einen spürbaren Anstieg sorgt. Das Einzelticket ist so von 2011 bis Dezember 2018 um 40 Cent teurer geworden, die Kombi-Jahreskarte um 19 Euro.
Die meisten Fahrgäste nutzen die "ScoolCard"
Die meisten Fahrgäste nutzen dabei die "ScoolCard" des KVV. Immerhin 52,8 Millionen Fahrgäste waren im vergangenen Jahr damit unterwegs. Es folgen in absteigender Reihenfolge die Jahreskarten, Monatskarten und die Studikarten. Die Zahlen sind natürlich nicht mit der Zahl der verkauften Fahrkarten gleichzusetzen, da die Zeitfahrkarten mehrfach genutzt werden können.
Wie viel Fahrkarten genau verkauft werden, beantwortet der Verbundbericht des KVV nicht. Was darin aber genannt wird: Die insgesamt rund 171,6 Millionen Fahrgäste haben im vergangenen Jahr 145,4 Millionen Euro für Fahrkarten ausgegeben. Doch das ist eine Summe, die lange nicht alle Kosten des Karlsruher Nahverkehrs deckt.
Fahrkarteneinnahmen decken nur 40 Prozent der Kosten
"Es ist an einem einzelnen Fahrschein nicht exemplarisch darstellbar, welcher Teil davon im Einzelnen für Personal, Investitionen oder Fahrzeugbeschaffungen verwendet wird", so Michael Krauth, Pressesprecher des KVV. "In der Regel decken die Einnahmen durch den Verkauf von Fahrkarten nur 40 Prozent des konkreten Fahrkartenpreises", so Krauth weiter.

Und die restlichen 60 Prozent? Das sind Zuschüsse von Seiten der öffentlichen Hand. "Diese Zuschüsse beispielsweise für den Erwerb von Fahrzeugen oder die Instandhaltung der Infrastruktur fließen je nach Einzelfall auf Antrag der Verkehrsunternehmen von Seiten des Bundes, des Landes oder der Kommunen", erklärt Krauth. Die Finanzierung des ÖPNV basiert in ganz Deutschland im Wesentlichen auf diesen beiden Säulen. Darüber hinaus beteiligt sich die öffentliche Hand auch an der Bereitstellung der Infrastruktur, also beispielsweise bei der Unterhaltung der Streckennetze.
Macht man hier also eine Milchmädchenrechnung auf, so würde eine Einzelfahrkarte ohne diese Zuschüsse aus öffentlicher Hand ab Dezember statt 2,60 rund 6,50 Euro kosten. Für eine Umwelt-Monatskarte würden statt 64 etwa 160 Euro fällig und Kombi-Jahreskarte würde pro Monat auf 220 statt 88 Euro kommen.
Ohne Zuschüsse würde mancherorts kein Bus fahren
Dieses "Zuschussgeschäft" sei aber auch nötig. Immerhin erfülle der ÖPNV die "gesetzlich geregelte Daseinsvorsorge". Das heißt, dass der Nahverkehr auch auf zum Teil schwach frequentierten und damit unwirtschaftlichen Strecken angeboten wird - ohne diese Zuschüsse wäre der Bus- und Bahnbetrieb in diesen Regionen nicht möglich.

Weiter erklärt Krauth, dass auch bestimmte Nutzergruppen wie Schüler, Auszubildende oder Schwerbehinderte durch diese Zuschüsse "von bestimmten finanziellen Belastungen bei der Nutzung des ÖPNV-Angebots befreit werden." Hier kompensiert der Staat die entsprechend verminderten Fahrgeldeinnahmen.
Defizit muss abgedämpft werden
Doch warum nun die Tarifanpassung? Die Tarifanpassung, die ab dem 9. Dezember greift, dient letztendlich dazu, das Defizit zu dämpfen, das aus der Erbringung dieser Verkehre entsteht. Dieses verbleibende Defizit wird dann von den Gesellschaftern getragen.
Das Geld aus den Fahrkarten-Verkäufen bleibt übrigens nicht im Karlsruher Verkehrsverbund. Dieser sorgt nämlich nur für die Planung des Verkehrs und für die Erstellung des Tarifs und für die Verteilung der Fahrgeldeinnahmen. Anschließend fließen die Gelder zu den 22 Verkehrsunternehmen, die unter dem Dach des KVV in der Region unterwegs sind. Wie viel Geld die Unternehmen erhalten ist unterschiedlich und abhängig von der erbrachten Leistung.

Nahverkehr fährt Jahr für Jahr ein Minus ein
Ersichtlich sind die Summen in den Bilanzen der Unternehmen. Als kommunales Unternehmen veröffentlichen beispielsweise die VBK, welche einen Großteil des Bus- und Bahnbetriebs in Karlsruhe stemmen, jährlich diese Gewinn- und Verlustrechnung. Darin ablesbar: Der Umsatzerlös, wo die Fahrgeldeinnahmen eingerechnet sind, betrug 2017 rund 127 Millionen Euro (2016: etwa 134 Millionen Euro). Wie hoch genau der Wert der Fahrkarten-Einnahmen ist, ist aus der Gewinn- und Verlustrechnung nicht ersichtlich.
Viel Geld fließt dann in die Löhne, Gehälter und für soziale Ausgaben beim Personal. Das waren im vergangenen Jahr rund 76 Millionen Euro. Im Jahr zuvor, 2016, lag die Summe bei etwa 73 Millionen Euro. Jeweils rund 58 Millionen Euro im Jahr sind für den "Materialaufwand" vorgesehen.

Unterm Strich steht so bei der VBK ein Minus von etwa 32 Millionen Euro in 2017, ein Jahr zuvor lag die rote Zahl etwa 27 Millionen Euro. Ausgeglichen wird der Verlust durch die Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen GmbH (KVVH), in der auch die VBK organisiert ist. Ein Plus machen in dem Konzernverbund zum Beispiel die Stadtwerke Karlsruhe.
Weniger Fahrgäste durch steigende Fahrkartenpreise?
Klar wird durch die Zahlen: Der Nahverkehr kostet mehr Geld, als durch Fahrkarten eingenommen werden kann. Und: Ohne Gegensteuern wird das Minus immer größer! Allerdings kämpft der KVV neben den steigenden Kosten auch mit sinkenden Fahrgastzahlen.
Eine Entwicklung, die auch der Verkehrsclub Deutschland, Verband Baden-Württemberg, erkannt hat. Im Gespräch mit ka-news fordert der Vorsitzende Matthias Lieb die Belastung vom Kunden zu nehmen. Vielmehr solle mit attraktiven Fahrpreisen wieder neue Fahrgäste gewonnen werden. Die finanzielle Mehrbelastung soll aus seiner Sicht mehr auf die Kommunen umgelegt werden.
KVV erhöht erneut seine Preise: Fahrkarten ab 9. Dezember mindestens zehn Cent teurer
Deutsche nutzen immer mehr Nahverkehr - nur die Karlsruher nicht
KVV, AVG, VBK: So ist der Karlsruher Nahverkehr organisiert