Insgesamt über 160 Einzelhandels- und Gewerbebetriebe haben sich gegen die vorgesehene Untertunnelung der Kaiserstraße ausgesprochen. Nachdem die Stadtverwaltung und die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) nicht reagiert hätten, appellieren die Einzelhändler und Gewerbebetriebe an die Gemeinderäte. Die Einzelhändler haben jedem einzelnen Mitglied des Gemeinderats ein Schreiben zukommen lassen, in dem nochmal alle Risiken des geplanten Bauvorhabens aufgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Bau der U-Straßenbahn in Köln sollen belegen, dass die Stadt ein unkalkuliertes finanzielles Risiko eingehe und das Management der Baustelle nicht funktionieren werde.
Demnächst soll der Gemeinderat abstimmen, ob zuerst der Ausbau der Kriegsstraße oder aber der Tunnelbau durchgeführt werden soll. Die Einzelhändler plädieren für den vorgezogenen der Ausbau der Kriegstraße. "Schon vor Jahren wurde in der Denkschrift der Verkehrsplaner der Universität Karlsruhe der Ausbau der Kriegsstraße bevorzugt", so Arno Stengel, Rechtsanwalt der Einzelhändler (ka-news berichtete). Die Geschäftsleute hoffen, dass der Ausbau der Kriegstraße unter Beweis stellen werde, dass der Tunnelbau nicht mehr nötig sei.
Keine versprochene Flaniermeile?
Die Händler könnten nicht verstehen, warum die Stadt Alternativen nicht berücksichtige. Es würde völlig reichen, wenn überregionale Bahnen nicht mehr direkt zum Marktplatz fahren, sondern über den Hauptbahnhof. Die kleinen regionalen Bahnen würden Fußgänger kaum stören. "Die Stadt hält ihr Versprechen, eine Flaniermeile zu erschaffen, sowieso nicht ein. Die Bahnen werden nach dem Tunnelbau oberirdisch und unterirdisch fahren, da die Anzahl der Bahnen nicht in den Tunnel passen", argumentiert Stengel. Oberbürgermeister Heinz Fenrich bestätigte jedoch noch im Juli dieses Jahres auf einer Pressekonferenz die gesamte Untertunnelung der Straßenbahnen (ka-news berichtete). Die Einzelhändler argumentieren weiter, dass Karlsruher Bürger auch zu weiter weg gelegenen Bahnhaltestellen laufen würden. Das bestätige die Anzahl der Fußgänger, die vom Marktplatz zum Ettlinger Tor laufen würden, um im ECE-Center einzukaufen.
So soll die Unterunnellung in der Kriegstraße aussehen (Grafik: KASIG) |
Die Geschäftsleute werfen der Stadt außerdem vor, nicht alle Kosten berücksichtigt zu haben. So hätte die Stadt weder die auf 19 Prozent gestiegene Mehrwertsteuer noch die Baunebenkosten, die rund 20 Prozent der Baukosten ausmachen würden, mit einkalkuliert. "Die Stadt Karlsruhe hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht, sie hat die Kosten nicht richtig aufgestellt", so Stengel. Auch der Kostensteigerung für die Rohkosten hätte die Stadt keine Beachtung geschenkt. Ob das Land das Bauvorhaben bezuschusst, sei ebenfalls noch nicht geklärt. "Die Kosten der Untertunnelung müssen vom Steuerzahler der Stadt Karlsruhe aufgefangen werden", so Stengel.
Neuer Bürgerentscheid?
Die Kosten-Nutzen-Analyse müsse in jedem Fall nochmal überprüft werden und die Betriebskostensteigerungen sollten auch Beachtung finden. Die Stadt werde schon genug von Großprojekten wie dem Neubau des Wildparkstadions belastet. Außerdem fallen Gewerbesteuereinnahmen weg durch den Wegzug großer Firmen, wie zum Beispiel Pfizer (ka-news berichtete). Der Einzelhandel wirft der Stadt auch vor, dass Rücklagen für Entschädigungsleistungen und Gebäudesicherungsmaßnahmen fehlen. Entlang der Kaiserstraße stünden eine ganze Reihe von Häusern, deren Sicherheitsmaßnahmen nicht berücksichtigt worden seien. Der Einzelhandel fordert eine vorgezogene vertragliche Entschädigungsregelung, da "die Entschädigungsleistungen für die Einzelhändler nach Ende der Baumaßnahmen in die Hände eines Insolvenzleiters fallen", so Stengel.
Die Vertreter des Einzelhandels: Robert Danger (Schuh Danger), Kira Kaiser-Schroff (Buch Kaiser), Hartmut Bartelt (Storch+Beller), Maria Melitta Büchner-Schöpf (Modehaus Schöpf), Eduard Peltzer (Doering), Arno Stengel (v.l.n.r) (Foto: ka-news) |
Neben den Risiken für die Stadt beklagen die Einzelhändler befürchtete Umsatz- und Kundenrückgänge. "Aufgrund der Baustellen wird es zu Absperrungen kommen, die Kunden werden abwandern, viele Geschäfte werden nicht überleben. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, besonders für den Mittelstand",mahnt Stengel. Das Negativbeispiel nach Ansicht des Einzelhandels stellt die Stadt Köln dar. Der Einzelhandel in der Domstadt habe hohe Umsatzeinbußen in Kauf zu nehmen. Die Stadt Bremen als Beispiel für eine geänderte Straßenbahnführung anzuführen, hält der Einzelhandel jedoch nicht für sinnvoll, da Bremen eine oberirdische Straßenbahnführung besitzt. Sollte der Gemeinderat nicht einlenken, ziehen die Gegner in Betracht, ein neues Bürgerbegehren ins Leben zu rufen. Dann hätten die Karlsruher erneut die Möglichkeit, über das Vorhaben zu entscheiden.