(Moritz Damm)

Ob über Apps, Facebook oder Google - Daten werden heute massenhaft gespeichert, gesammelt und abgeglichen. Viele befürchten daher das Ende des Datenschutzes, haben Angst vor dem "gläsernen Bürger". Doch durch die gespeicherten Datenmengen können Nutzer auch profitieren, das Leben wird einfacher.

"Prognosen zufolge werden im Jahr 2020 pro Kopf sechs Terrabyte Daten gespeichert sein", leitete Moderator Oliver Koch den 2. Karlsruher #digiTALK am Mittwochabend in der Karlshochschule ein. Das entspreche etwa dem Inhalt von drei Millionen Büchern pro Person auf dieser Welt. Wer diese Datenmenge richtig auswerten könne, verfüge über ein enormes Informationspotenzial. Doch ist Smart Data - also die Nutzung von "intelligente Daten" - nun Fluch oder Segen? Und wie verändert sie unsere Lebenswelt?

"Sag mir deinen Namen und ich sag dir wer du bist!"

Wie viel persönliche Informationen das Netz preisgibt, zeigte Andreas Dittes, Blogger, Berater und Entrepreneur. Bei einem Live-Hack demonstrierte er dem erstaunten Publikum, wie leicht es ist, an personenbezogene Daten zu gelangen - und das ganz einfach per Google-Suche. Sein Thema: "Sag mir deinen Namen und ich sag dir wer du bist!"

Erschreckend dabei: Auch an Passwörter und vertrauliche Dokumente wie Lebensläufe, private Bilder oder Firmeninterna in Sekundenschnelle per Suchbegriff. Dittes zeigte auf, wie leichtsinnig viele User mit sensiblen Daten umgehen und diese ungeschützt ins Netz stellen - bewusst oder unbewusst. Über eine einfache Facebook-Suche zum Beispiel ließ Dittes Facebook-Profile von Pastoren anzeigen, die sich kürzlich in Las Vegas vergnügt haben.

Dittes erklärte: "Es handelt sich hierbei rein um öffentlich verfügbare Daten. Firmen können mit diesen Daten eine relativ genaue Persönlichkeits-Analyse erstellen." Das macht sich auch Talentwunderzunutze. Eine spezialisierte Suchmaschine, die unter anderem aus den sozialen Netzwerken gespeist wird, die es Firmen leichter macht, gute Mitarbeiter zu rekrutieren. Anhand der im Netz vorhandene Daten über eine Person errechnet die Wechselwahrscheinlichkeit. So sollen Firmen direkt erkennen können, bei wem Job-Angebote auf Interesse stoßen könnten.

Zudem machte Dittes deutlich, wie mächtig die Suchmaschine ist. Google erkennt Trends und Entwickelungen - weltweit oder lokal - anhand der von den Usern eingegangenen Suchbegriffe. "Google weiß, was die Welt sucht", so Dittes. Und diese gesammelte Daten ergeben schließlich ein enormes Wissen über das Weltgeschehen.

Smart Data ist "Wirtschaftsfaktor der Zukunft"

Auch für Bastian Karweg, Geschäftsführer der Echobot Media Technologies GmbH, ist Smart Data ein "Wirtschaftsfaktor der Zukunft". Er sieht darin "viele Potentiale". Seine Firma zeigt, wie Unternehmen Daten nutzen können, um selbst viel effektiver zu sein - zum Beispiel um Neu-Kunden zu gewinnen oder Geschäftspartner zu analysieren.

Mit dieser "Smart-Data-Lösung für Vertrieb und Marketing" können Unternehmen Signale und Kundenadressen aus Internet, Nachrichtenquellen und verschiedenen Datenbanken finden und direkt exportieren, erläutert Karweg. Doch Smart Data habe nicht nur für Unternehmen "wahnsinnig viele Vorteile", so Karweg. So könne Smart Data auch zur Verbrecherbekämpfung eingesetzt werden. Als Beispiel nannte er eine Software zur Vorhersage von Einbrüchen. Letztlich gehe es darum die riesige Datenflut intelligent zu analysieren und daraus Vorteile zu erzielen.

"Zensur und Propaganda durch die Hintertür"

Professor Jörn Müller-Quade, Leiter des Instituts für Kryptographie und Sicherheit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), stellte in seinem Input-Vortrag die Frage: "Wie können Internet-Nutzer die Digitale-Souveränität über ihre digitale Identität zurück erlangen?"

"Google weiß, was wir googlen", betonte der IT-Experte. Doch es seien nicht einzig die große Datenmengen problematisch, sondern vielmehr, dass diese gesammelten Daten in Korrelation gesetzt würden. Zudem sei den Usern häufig gar nicht klar, wo überall im Netz etwas über sie stehe. Ein Problem dabei: Ins Netz stellen eben nicht nur sie selbst Daten, sondern auch Verwandte, Freunde oder Kollegen. Eine Kontrolle darüber scheint schwer mehr möglich. Neben dem Anpassen seines eigenen Nutzungsverhaltens könnten technische Gegenmaßnahmen oder eine gesetzliche Regulierung hilfreich sein.

Fitnesstracker sind problematisch

Problematisch sieht Müller-Quades auch sogenannte Fitnesstracker. Die smarten Armbänder erheben Daten über Schweiß, Zittern, Puls und Blutdruck von den Personen, die sie tragen. Letztlich sammelten diese Sportbänder alle Daten, die auch ein Lügendetektor sammeln würde, so Müller-Quade. Es gehe hierbei aber nicht darum, ob jemand die Wahrheit sage, sondern viel mehr darum, was jemanden in Aufregung versetze, so der KIT-Professor. Diese Informationen könnten für die Werbeindustrie sehr interessant sein. Zudem dürften auch Krankenkassen ein großes Interesse an diesen Gesundheitsdaten ihre Kunden haben, vermutet Müller-Quade.

Müller-Quade glaubt zudem an eine zunehmende "politischen Einflussnahme", wenn beispielsweise Google gefilterte und personalisierte Suchergebnisse anzeige. Der KIT-Professor befürchtet daher "Zensur und Propaganda durch die Hintertür".

Spannende Diskussion mit Publikum

Aus dem Publikum wurden immer wieder Fragen an die Speaker gestellt. So entwickelte sich eine lebhafte und spannende Diskussion zwischen den Referenten und dem Publikum. Nach der Debatte gab es für alle Teilnehmer die Möglichkeit bei einem gepflegten Bier oder einem feinen Gin von "Nick & Nora - Spirituosen" fleißig zu Netzwerken und mit den Referenten des Abends ins Gespräch zu kommen.

Reaktionen zum 2. #digiTALK auf der Twitter-Wall:

 

 

 

 

Über #digiTALK:

#digiTALK ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH, der Karlshochschule, ka-news und weiteren Akteuren aus Karlsruhe. Die Veranstaltungsreihe setzt sich mit Themen der digitalen Welt von morgen auseinander und rückt gezielt Diskussion und Austausch in den Mittelpunkt. #digiTALK ist keine weitere Expertenveranstaltung, sondern ein offener Raum mit einem niederschwelligen Angebot für alle. Bei #digiTALK stehen Diskussion und Austausch auf Augenhöhe in lockerer Atmosphäre im Mittelpunkt!

Der 1. Karlsruher #digiTALK fand im Juni unter dem Motto "Total geliefert - Wie die Digitalisierung unser Konsumverhalten verändert!" statt.

Nächster #digiTALK: Dienstag, 19. Januar 2016,  Beginn: 19 Uhr, Thema: "Open Government"

Weitere Infos unter www.digitalk-karlsruhe.de

Umfrage wird geladen...