Die derzeitige Planung einer zweiten Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth gefährdet bekannte Brutplätze seltener Vogelarten. Durch den geplanten Straßenverlauf werde auch ein Brutplatz der seltenen Zwergdommel in der Region vollständig zerstört, heißt es in einem Untersuchungsbericht zur Planfeststellung des Landesbetriebs Mobilität Speyer.
Die Planer sind sich zudem bewusst, dass die "sehr störungsempfindliche Art" auch an anderen Stellen durch entstehenden Baulärm und späteren Straßenverkehr stark beeinträchtigt würde. "Die Gefährdung dieses Brutplatzes sowie die Zerstörung eines weiteren Brutplatzes im Bereich der Rheinanlagen werden als erhebliche Beeinträchtigung gewertet", so das Fazit der Planer.
Zwergdommel extrem gefährdet
"Die Zerstörung des Brutplatzes bedeutet die Zerstörung der Art an dieser Stelle", ist sich Carsten Weber, Artenschutzexperte beim Naturschutzbund in Karlsruhe (Nabu), sicher. In Baden-Württemberg gebe es derzeit fünf Brutpaare der seltenen Vogelart, in Rheinland-Pfalz sieben. Allein durch den Bau der Brücke würden auf pfälzischer Seite zwei Brutplätze der Schilfspezialisten vernichtet.
In den vergangenen 30 Jahren sei der Bestand der Zwergdommel um 90 Prozent zurückgegangen. Die kleine Reiherart werde landes- und bundesweit zu den höchstgradig existenzbedrohenden Brutvogelarten gerechnet, warnt Weber im ka-news-Gespräch.
Artenschutz als Trumpf
Geplanten Ausgleichsmaßnahmen und Umsiedlungen erteilt Weber eine klare Absage. "Die Zwergdommel ist eine sehr traditionelle Art. Sie brüten über Jahrhunderte am gleichen Ort. Brutpaare umsiedeln funktioniert nicht", so der Artenschutzexperte. Die Zwergdommel ist ein Schilfspezialist und frisst Fische und Insekten. Sie ist sehr lärmempfindlich und benötigt daher ungestörte Wasserflächen mit viel Schilf. Das Hauptverbreitungsgebiet der Vogelart ist Mitteleuropa.
"Es geht uns nicht nur um die gefährdeten Vogelarten, sondern vorrangig um den Menschen", betont Weber. Denn durch Baumaßnahmen wie die zweite Rheinbrücke würden ganze Natur- und Lebensräume zerstört. Um heutzutage ein Bauprojekt zu verhindern, bleibe aus juristischer Sicht häufig nur der Artenschutz. Wenn sich Bürger beschweren, würden die Pläne angepasst und nachbearbeitet, das Projekt aber dennoch verwirklicht. Der Artenschutz sei daher der "juristische Hebel" um ein Projekt zu verhindern.
Seltene Tierarten in Gefahr
Die Befürworter einer zweiten Rheinbrücke indes betonen immer wieder, dass die Brücke für den Wirtschaftsstandort Karlsruhe enorm wichtig sei und daher dringend benötigt werde. "Wirtschaft ist heute immer ein Totschlagargument. Aber dass der Mensch auch die Natur und damit seine Heimat schützen soll, dass wird nicht thematisiert", kritisiert Weber.
Bereits im Juni hatte ein länderübergreifenden Bündnis gegen eine zweite Rheinbrücke eine Stellungnahmezu den bisherigen Planungen abgegeben. Auf rund hundert Seiten hat das Bündnis Fehler und Mängel der Planfeststellungsunterlagen für eine zweite Rheinbrücke aufgelistet. Große Mängel sieht das Bündnis vor allem beim Naturschutz: Die heimischen Tier- und Pflanzenarten würden in den Planungen nicht ausreichend beachtet. Die derzeitige Planung würde mehr als einhundert Arten gefährden, möglicherweise sogar ganz aus der Region vertreiben.
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