(mda)

Bis zur Frist am 8. Juni will das Bündnis Einspruch beim Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) gegen die Pläne einlegen. Dirk Herrmann, der vom Bündnis beauftragte Rechtsanwalt, glaubt, die bisherige Planung halte weder einer fachlichen noch rechtlichen Prüfung stand. Die Unterlagen seien unvollständig, die beiden Planfeststellunsgverfahren nicht richtig koordiniert und Alternativen zu einer zweiten Rheinbrücke nicht beachtet worden.

Planung macht keinen Sinn

Der Rechtsanwalt spricht von einem "Schnellschuss". Die Unterlagen seien von den Behörden voreilig erstellt worden. Er vermisse die "letzte Genauigkeit", so Herrmann. Der jetzige Plan mache für Befürworter wie Gegner der Brücke keinen Sinn.

Die vorliegende Planung des RP beinhaltet den Bau einer Straßenbrücke etwa 1,4 Kilometer nördlich der bestehenden Rheinbrücke. Die Brücke soll an die linksrheinische B9 und die Raffineriestraße anschließen. Auf badischer Seite ist ein Anschluss an die B10 - Sürdtangente - am sogenannten Ölkreuz geplant.

Datengrundlage "erbärmlich"

Die Planungen seien "haarsträubend", meint Johannes Becker, Vertreter des BUND Südpfalz. Da die zweite Rheinbrücke auf Karlsruher Seite über das Ölkreuz an die Südtangente angebunden werden soll, würde sie ein "Verkehrstorso", so Becker. Denn ohne das Folgeprojekt "Anbindung B36 - Nordtangente Karlsruhe" funktioniere das Bauwerk nicht. Denn die Fahrbahnverengung auf zwei Spuren zwischen der alten Rheinbrücke und der Abfahrt Rheinhafen bleibe erhalten. "Die Stauproblematik bleibt ungelöst", ist sich Becker sicher. Einen Anschluss an die B36 und den Bau einer Nordtangente lehnt das Bündnis aber katgeorisch ab.

Zweite Rheinbrücke?

Große Mängel sieht das Bündnis vor allem beim Naturschutz: Die heimischen Tier- und Pflanzenarten würden in den Planungen nicht ausreichend beachtet, so Carsten Weber vom Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV). "Ich hatte noch nie ein so schlechtes Verfahren auf dem Tisch", empört sich Weber. Die Unterlagen enthielten etliche Formulierungen, die "fachlich nicht haltbar" seien. Auch die Datengrundlage sei "erbärmlich" und viele vorgeschlagenen Maßnahmen "höchst fragwürdig". Bereits die Untersuchung vorkommender Tier- und Pflanzenarten sei als unzureichend anzusehen. Die verwendeten Untersuchungen aus den Jahren 2004 und 2005 könnten nicht mehr als aktuell angesehen werden. Der Bestand von Biber, Haselmaus, Kammmolch und vielen Fischarten würde nicht richtig bewertet.

Seltene Tierarten in Gefahr

Die derzeitige Planung würde mehr als einhundert Arten gefährden, möglicherweise sogar ganz aus der Region vertreiben, prognostiziert Becker. Bei Vögeln würden bekannte Brutplätze seltener Arten zerstört. Durch den geplanten Straßenverlauf würden alleine zwei von gerade einmal fünf Brutplätzen der seltenen Zwergdommel in der Region vernichtet. Auch einfache Maßnahmen wie der Bau von Tunneln für Amphibien sei in der Planung nicht vorgesehen. Damit Kröten und Molche die Straßen sicher überqueren könnten, seien diese Ausgleichsmaßnahmen aber notwendig, so Becker.

Bei den beeinträchtigten Lebensraumtypen zeige sich das unrealistische Wunschdenken der Planer in der unzutreffenden Einschätzung, dass Lebensräume wie Kalkniedermoore, Pfeifengraswiesen oder Alteichenbestände kurzfristig herstellbar seien. Doch ohne funktionsfähige Ausgleichsmaßnahmen sei das Bauvorhaben unzulässig, sagt auch Anwalt Herrmann.

Fokus auf die Schiene

Zudem kritisiert der Anwalt die Aufspaltung der Planung. Jedes Bundesland plant nur einen Teil der Brücke sowie deren Anschluss. Dies sei rechtlich zwar zulässig, allerdings müsse das Konstrukt in seiner Gesamtheit gesehen werden. Die vorliegenden Pläne bezeichnet Herrmann als "höchst problematisch". Beide Verfahren beschäftigten sich nur mit ihrer Seite und prüften nicht, ob ihre Pläne auch auf der anderen Rheinseite zu verwirklichen seien. "Jeder schustert hier seinen eigene Stiefel", so Herrmann.

Herbert Jäger vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert, dass die Verkehrsprognosen mit den amtlich erhobenen Verkehrszahlen weder übereinstimmten noch der Personen- und Güterverkehr auf der Schiene in den Unterlagen berücksichtigt werde. Auf den bereits bestehenden Gleisen und der Eisenbahnbrücke über den Rhein könnten durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs über 8.000 Pkw während des Berufsverkehrs von der Straße auf die Schiene geholt werden. Die Befürworter einer zweiten Rheinbrücke argumentieren, dass wegen einer allgemeinen Verkehrszunahme und der bevorstehenden Generalsanierung der bestehenden Rheinquerung der Bau einer zusätzlichen Brücke notwendig sei.

Insgesamt fordert das Bündnis gegen die Brücke Politik und Behörden auf, sich von der vorliegenden "mangelhaften Planung" zu verabschieden. Das Bündnis fordert ein transparentes Verfahren unter Beteiligung der Bevölkerung. Sanierungsmaßnahmen der bestehenden Brücke oder eine Ersatz- oder Behelfsbrücke seien laut Bündnis der richtige Ansatz.

Karlsruher Gemeinderat gegen die Brücke

Wenn das Bündins jetzt keinen Einspruch gegen die Planungen formulieren und jeden kleinsten Mangel untersuchen würde, könnten diese bei einer späteren Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss nicht mehr aufgegriffen werden, so BUND Regionalgeschäftsführer Hartmut Weinrebe. "Diese Einwendung ist notwendig um diese Brücke zu verhindern."

DerKarlsruher Gemeinderat hat sich bereits am Dienstag gegen eine zweite Rheinbrücke, wie sie aktuell vom Bund geplant wird, entschieden. Kostenträger des Bauvorhabens ist die Bundesrepublik Deutschland. Zur Erlangung des Baurechts muss ein Planfeststellungsverfahren erfolgeich abgeschlossen werden. Das vollständige Planfeststellungsverfahren zur zweiten Rheinbrücke kann beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingesehen werden. Die Unterlagen finden Siehier.

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