Am Dienstagnachmittag wurde der Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht: Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe genehmigt den 1.735 Meter langen Abschnitt auf baden-württembergischer Seite von der Rheinmitte bis zur B10-Anschlussstelle westlich von Knielingen.
Die Baukosten für beide Abschnitte werden laut Regierungspräsidium vom Bund getragen und liegen bei rund 107 Millionen Euro. Für die Verwirklichung der Planung fehlt aktuell noch der Beschluss auf rheinland-pfälzischer Seite - dieser soll noch in diesem Jahr folgen.
Neue Rheinbrücke: 1,4 Kilometer nördlich der Alt-Brücke

Die neue Rheinbrücke, auch Nordbrücke genannt, soll sich rund 1,4 Kilometer nördlich der bestehenden Brücke befinden und Wörth mit Karlsruhe verbinden. Die als "B 293 neu" bezeichnete Strecke mit der zweiten Rheinbrücke schafft eine Verbindung zwischen der linksrheinischen B9 bei der Anschlussstelle Jockgrim/L540/Hafenstraße und der rechtsrheinischen B10 bei der Anschlussstelle Raffineriestraße westlich von Knielingen, dem sogenannten Ölkreuz.
Die rund 5,5 Kilometer lange Strecke folgt fast durchgehend den Trassen bereits vorhandener Straßen. Sie soll laut Beschluss vierstreifig und ohne höhengleiche Kreuzungen ausgebaut werden.
Gemeinderat: Erst Prüfung, dann Klage
Der Karlsruher Gemeinderat hat sich am Dienstagabend zur Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums entschieden. Diese kann innerhalb eines Monats nach Erlass des Beschlusses eingereicht werden.
Um die Frist zu wahren, hat das Bürgermeisteramt in einer entsprechenden Beschlussvorlage am Dienstag um die Zustimmung des Gemeinderats gebeten. Mit 33 Ja- und 13 Nein-Stimmen hat sich das Stadtparlament für eine Klage gegen den Beschluss entschieden. Die CDU-Fraktion stimmte dabei geschlossen mit Nein.
Zweite Rheinbrücke Karlsruhe
- PDF-Download: Planfeststellungsbeschluss Regierungspräsidium
- PDF-Download: Übersichtslageplan (RP) zur zweiten Rheinbrücke
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Bei der Klage wird die Stadt nachweisen müssen, dass die Planung der Nordbrücke mit Anschluss an das Ölkreuz die kommunale Planungshoheit der Stadt "in substantieller Weise" verletzt. Hierzu dürfte es an einer hinreichend konkreten Planung auf städtischer Seite fehlen.
Auch naturschutzrechtliche Belange wird die Stadt bei der Klage nicht anführen können, da der Naturschutz eine Aufgabe auf staatlicher Ebene ist. In diesem Punkt hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bereits angekündigt, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen.
Warum will die Stadt gegen den Beschluss klagen?
Als die Beschlussvorlage der Stadt zur Klageerhebung erstellt worden ist, waren ihr noch keine weiteren Einzelheiten des Planfeststellungsbeschlusses bekannt. Man wurde heute von der Offenheit des Regierungspräsidiums überrascht, so Mentrup am Dienstagabend. Die Stadtverwaltung geht in der Beschlussvorlage davon aus, dass "zentrale Einwendungen" der Stadt bei der Planung nicht berücksichtigt werden:
- Die Prüfung der Alternativen ist unvollständig. Die Stadt befürwortet eine Ersatzbrücke (2x3 Fahrstreifen plus Standstreifen auf zwei Baukörpern).
- Der verkehrliche Mehrwert für die baden-württembergische Seite fehlt: Verkehr wird auf zweistreifige Südtangente geleitet, die bisherigen Staus würden verschoben werden.
- Der Landschaftsverbrauch geht zulasten der Stadt.
- Am Ölkreuz entsteht durch die neue Trassenführung eine gefahrenträchtige Verkehrssituation.
- Eine rechtlich verbindende Zusage zur zeitgleichen Realisierung einer B36-Anbindung an die Rheinbrückentrasse fehlt.
Vor allem der letzte Punkt wird ausdrücklich vom Gemeinderat gewünscht: In seiner Sitzung am 22. November 2016 hat das Stadtparlament ohne Gegenstimmen beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass der Bau der Rheinbrücke nicht ohne zeitgleichen Anschluss an die B36 erfolgt.
Was das Regierungspräsidium dazu sagt
Das Regierungspräsidium bestätigt im Planfeststellungsbeschluss, dass erst der B36-Anschluss eine spürbare Entlastung der westlichen Südtangente und damit eine Entschärfung der Stauproblematik in den Spitzenstunden bringen wird. "Im Idealfall wäre bei Baubeginn für die zweite Rheinbrücke dann schon die Genehmigung für den Anschluss an die B36 in Sicht", so das Regierungspräsidium Karlsruhe in einer entsprechenden Pressemeldung.
Diese sei unverzichtbar, so das RP weiter, um die Ziele des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen vollständig zu erreichen. Die Straßenbauverwaltung sei deshalb in der Pflicht, die Planung des Vorhabens konsequent weiter zu betreiben und unverzüglich fertig zu stellen.
Regierungspräsidentin Nicolette Kressl setzt hier auf die Kooperation mit der Stadt Karlsruhe. "Jede denkbare Trasse verläuft zu hundert Prozent auf Karlsruher Gemarkung. Eine ausgewogene Planung kann nicht ohne konstruktive Mitwirkung der Stadt, sondern nur in enger Abstimmung in den von ihr vertretenen Belangen gefunden werden", betont die Regierungspräsidentin.
562 Seiten werden vom Anwalt geprüft
Die 562-Seiten des Planfeststellungsbeschlusses werden jetzt von der Stadt Karlsruhe und externer anwaltlicher Unterstützung geprüft. "Erst nach genauer Durchsicht des Planfeststellungsbeschlusses wird dann entschieden werden können, ob die Klage aufrechterhalten werden soll", so die Stadt.
Der Gemeinderat soll über das Ergebnis der Prüfung und die Erfolgsaussichten der Klage informiert werden. Im Falle der Klagerücknahme würden Gerichtskosten anfallen. Insgesamt schätzt die Stadt die Kosten für die Klage-Prüfung auf 30.000 Euro.
Die Maßnahmen der Stadt stoßen beim Regierungspräsidium auf Verständnis: "Eine vorsorgliche Klageerhebung zur Wahrung der Frist sei in solchen Fällen durchaus üblich, um sich die Zeit für eine gründliche Prüfung der eigenen Rechtsposition zu verschaffen", bestätigen die Juristen im Regierungspräsidium Karlsruhe den Entschluss der Stadt.
Es liege auch im Interesse der Planfeststellungsbehörde, so das RP, denn je gründlicher die Prüfung, desto besser stünden die Chancen, dass der Gemeinderat sich letztendlich gegen eine gerichtliche Auseinandersetzung entscheidet.
ka-news Hintergrund:
Vor über fünf Jahren haben die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein Verfahren für den Bau einer zweiten Rheinbrücke angestoßen. Seither wird viel über die Notwendigkeit einer neuen Brücke gestritten. Die Stadt Karlsruhe hatte sich bereits in der Vergangenheit kritisch zu den Plänen für eine zweite Rheinbrücke geäußert.
2011 hatte sich die Fächerstadt in einer Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren gegen die Planung der Brücke ausgesprochen. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags wiederum hatte sich im Juni hinter den Bau der Brücke und der Anbindung an die B36 gestellt.
Alle Unterlagen zum Planfeststellungsbeschluss gibt es unter folgendem Link: https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpk/Abt2/Ref24/Seiten/B10-2-Rheinbruecke.aspx
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