Elke Hennen ist sozusagen Erstbezieherin des einsehbaren schwarz-gelben Zimmers in der Karlsruher Kaiserstraße 130. Im Erdgeschoss, ohne Balkon und mit vielen vorbeigehenden Menschen bietet der kleine Raum kaum Komfort - aber viele Studenten sind froh, wenn sie überhaupt ein Zimmer in der Fächerstadt finden. Die Karlsruher Initative "Wohnraum gesucht" will deshalb gegen den Wohnraummangel vorgehen.
Doppelter Abitursjahrgang verschlechtert Wohnungssituation in Karlsruhe
Elke und 11 weitere Studenten wollen von Dienstag, 17. September bis Samstag, 22. September, auf den Wohnungsmangel für Studenten in Karlsruhe aufmerksam machen - und ziehen deshalb abwechselnd unter den Augen der Passanten in das Schaufenster des Schreibwarengeschäfts Papier Fischer ein. Für mehrere Stunden wohnt dann jeweils ein Freiwilliger in dem engen Schaufenster, geschlafen wird nur in der ersten Nacht in dem gelben Bett. "Da drin ist es ja wie im Zoo", beäugt Elke ihre neue Wohnung für die kommenden Stunden. Sie habe sich bisher keine Gedanken gemacht, wie es sein wird in einem Schaufenster zu leben - sie lasse es einfach auf sich zukommen.
Und so leben die zwölf Studenten in ihrem gelb-schwarzen Zimmer, dass sich farblich an die Aktion "Wohnraum für Studenten" anlehnt. Ein gelber Fernseher, ein schwarzer Stuhl mit gelbem Bezug, ein gelbes Bett und viel gelbe Farbe an den Wänden. "Sie sollen die Bücher neu sortieren, müssen Staub wischen und sollen lernen und arbeiten", verrät Eva Judkins, eine der Organistoren der Aktion. Außerdem werde es ein Videotagebuch geben, in dem die Studenten ihr Leben in der Öffentlichkeit und ihre Wünsche für Karlsruhe für die Außenwelt festhalten sollen. Zu sehen sind die Videos auf der Facebook-Seite von "Dach gesucht!"
Außergewöhnliche Situationen sollen zum Erfolg führen
"Wir wollen auf die Wohnungsnot aufmerksam machen. Der Wohnungsbau für Studenten wurde in den letzten Jahren vernachlässigt", erklärt die Studentin der Medienkunst die ungewöhnliche Aktion in der Karlsruher Innenstadt. "Durch die doppelten Abijahrgänge wird es dieses Jahr eine verschlechterte Situation für Studienbeginner geben", ist sich Elke sicher. Dem schließt sich auch Norbert Käthler, Geschäftsführer des Karlsruher Stadtmarketings an. Deshalb sei es wichtig, die Probleme der suchenden Studenten "transparent zu den Menschen zu bringen - und zwar im Herzen der Innenstadt".
Durch bisher nicht dagewesene Aktionen will die Initiative "Wohnraum für Studenten" potentielle Vermieter auf den Engpass für studentische Wohnungen aufmerksam machen. Seit Juni habe das Stadtmarketing zusammen mit dem Studentenwerk und den Studenten außergewöhnliche Veranstaltungen wie ein Improtheater oder nun das Leben im Schaufenster initiiert. Ende September folge auch ein Speeddating, "bei dem sich Vermieter ihre möglichen Mieter genauer anschauen können", erhofft sich Käthler. "Wir wollen die Vermieter auffordern, besonders dieses Jahr."
Studenten in Karlsruhe: 40.000er-Marke soll im Wintersemester geknackt werden
"Am Wochenende wird es zudem einen Flash-Mob in Karlsruhe geben" verspricht er, ohne jedoch zu viel zu verraten. Ab Oktober erwartet die Fächerstadt zirka 40.000 Studierende, in den vergangenen Semestern waren es noch um die 37.000. Durch den doppelten Abiturjahrgang und die wegfallende Wehrpflicht erhöhe sich die Zahl der Studenten um bis zu 3.000 - auf einen Schlag. "Bisher gab es in Karlsruhe ein gutes Angebot an Wohnungen. 80 Prozent aller Studenten konnten hier wohnen. Doch ab Oktober wird die Situation angespannter sein." Wer noch ein Zimmer an einen Studienanfänger vermieten möchte, kann sich unter der Telefonnummer 0721-6909192 melden.
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