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Karlsruhe: Wasserwerk Kastenwört: Stadtwerke-Projekt verstimmt Umweltschützer

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Wasserwerk Kastenwört: Stadtwerke-Projekt verstimmt Umweltschützer

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    Probenahme im Gewann Kastenwört im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung. Über die Sinnhaftigkeit eines neuen Wasserwerks streiten sich derzeit Umweltschützer und Stadtwerke Karlsruhe.
    Probenahme im Gewann Kastenwört im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung. Über die Sinnhaftigkeit eines neuen Wasserwerks streiten sich derzeit Umweltschützer und Stadtwerke Karlsruhe. Foto: Stadtwerke Karlsruhe

    Bisher haben die Stadtwerke Karlsruhe die Region mit den Wasserwerken Rheinwald, Hardtwald, Mörscher Wald und Durlacher Wald versorgt. Das jüngste, modernste und gleichzeitig stärkste Werk ist das Wasserwerk Rheinwald aus dem Jahr 1977. Dort können täglich rund 50.000 Kubikmeter gefördert werden.

    "Denken schon viele Jahre voraus"

    Im Durlacher Wald steht das älteste Werk, aus dem lediglich 6.000 Kubikmeter Wasser täglich zur Verfügung stehen. Die Förderung ist dort vor allem wegen Grundwasserverunreinigungen im Einzugsgebiet eingeschränkt. Es ist deshalb nach Angaben der Stadtwerke Karlsruhe "kein zuverlässiges Standbein für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung für die Zukunft". Das Wasserwerk müsse also zeitnah stillgelegt werden.

    Um allerdings entstehende Rekordnachfragen an heißen Tagen sicher abdecken zu können, soll das neue Wasserwerk Kastenwört gebaut werden - es werde gebraucht, um die Versorgung sicherzustellen, sind sich die Stadtwerke sicher. In den dortigen Auenwäldern südwestlich von Karlsruhe stehe im Gewann Kastenwört ein natürliches Grundwasservorkommen von bester Qualität zur Verfügung. "Wir führen dort schon seit fast 20 Jahren intensive wissenschaftliche Untersuchungen durch", erklärt ein Sprecher des Unternehmens. Das Vorhaben schade weder der Umwelt, noch sei es verzichtbar, um Engpässe in Zukunft zu überbrücken. "Wir denken eben jetzt schon viele Jahre voraus und vertreten die Interessen der Karlsruher Bürger."

    Sichere Versorgung ja - aber nicht um jeden Preis

    In der Vergangenheit habe man viel Erfahrung gesammelt und noch nie der Natur geschadet. Umweltverträglichkeitsprüfungen unabhängiger Gutachter hätten außerdem in den Jahren 2006 bis 2009 gezeigt, dass der Bau unbedenklich sei. Dem Vorhaben wurde auch die Natura-2000-Veträglichkeit bescheinigt.

    Naturschützer sehen dies offenbar anders. "Wir bewerten das Projekt Wasserwerk Kastenwört als Baustein eines reinen Mengenwirtschaftswachstums. Natürlich unterstützen wir Maßnahmen für eine sichere Trinkwasserversorgung, jedoch nicht generell", heißt es in einem Gutachten von BUND, Nabu und des Landesnaturschutzverbandes Baden-Württemberg, das am Mittwochabend dem Umweltausschuss der Stadt vorgelegt wurde und ka-news vorliegt.

    Die Grundwasserentnahme ist nach Ansicht der Verbände ein gravierender Eingriff in Naturräume, dessen Voraussetzungen sie beim Wasserwerk Kastenwört nicht erfüllt sehen. Sie bemängeln vor allem, dass in den bestehenden Wasserwerken derzeit im Schnitt nur 50 Prozent der ausschöpfbaren Wassermenge gefördert werde, weil es an den technischen Voraussetzungen - also auch zu wenig Förderbrunnen - scheitere. "Wie kann man unter solchen Voraussetzungen in Gebiete eingreifen wollen, die sowohl mit den höchsten Schutzkategorien als auch mit einer Lebensraum- und Artenzusammensetzung ausgestattet sind, die extrem empfindlich auf geringste Grundwassersenkungen reagieren?", fragen die Verbände in ihrer Stellungnahme.

    "Prognose der Stadtwerke nicht nachvollziehbar"

    Sie fordern zudem eine schlüssige Erklärung, warum das Wasserwerk Durlacher Wald zwingend stillgelegt werden müsse, obwohl die Qualitätseinbußen derzeit problemlos kompensiert werden könnten.

    Auch legen sie dar, dass entgegen der Argumentation der Stadtwerke der Verbrauch in den letzten Jahren zurückgegangen sei: 2008 sei zehn Prozent weniger Wasser verbraucht worden als noch 1998. "In den aufgelisteten Jahren gab es niemals, auch nicht unter den Bedingungen des Hitzejahres, irgendwelche Lieferproblematiken. Nicht einmal unter den Bedingungen der defizitären Entnahmemöglichkeiten einzelner Werke", so die Umweltschützer. Man könne die Prognose der Stadtwerke nicht logisch nachvollziehen - sie beruhe auch bei der Berechnung von Zuwächsen im Industriegebiet auf falschen Annahmen.

    Die Stadtwerke haben wiederum ein unabhängiges Gutachten über die Sicherstellung des Trinkwasserbedarfs bis zum Jahr 2040 erstellen lassen. Dieses besagt, dass unter klimatisch veränderten Bedingungen an bedarfsreichen Tagen bis zu 56.000 Kubikmeter Wasser fehlen könnten. An Spitzentagen erwarten sie 2040 einen Wasserbedarf von 172.000 Kubikmeter Wasser, 2010 lag die Rekordmarke bei 113.000 Kubikmetern im Juli. Die maximale Leistungsfähigkeit liegt derzeit nur bei 116.000 Kubik, berechnet ohne das Wasserwerk Durlacher Wald. Kastenwört sei nachweislich die beste Lösung für dieses Problem. Deshalb wollen sie dort 5,2 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich entnehmen.

    Sie gehen bei ihren Planungen auch von einem Szenario aus, bei dem eine defekte Haupttransportleistung an heißen Sommertagen zum Beispiel das Wasserwerk Rheinwald von der Versorgung ausschließt - dann brächten nämlich mehr Brunnen und technische Aufrüstung nichts.

    "Stoßen an Leistungsgrenze der technischen Anlagen"

    "Karlsruhe liegt in einer Region mit großen Grundwasservorräten, in der jedes Jahr rund 75 Millionen Kubikmeter Grundwasser neu gebildet werden", erläuterte im August 2011 Matthias Maier, Leiter der Karlsruher Wasserwerke. "Im Mittel entnehmen wir nur ein Drittel davon für die Trinkwassergewinnung", hieß es in einer Pressemitteilung. Doch die Förderung des in ausreichender Menge vorhandenen Grundwassers müsse auch auf technischer Seite funktionieren.

    "Hier stoßen wir an Spitzenverbrauchstagen an die Leistungsgrenze unserer technischen Anlagen", erklärte Maier. "Umfangreiche Berechnungen zeigen, dass in heißen Sommermonaten schon heute bei Ausfall des stärksten Wasserwerkes (Rheinwald) nicht ausgeschlossen werden kann. Daher ist das neue Wasserwerk Kastenwört dringend erforderlich."

    Ein Genehmigungsantrag ist deshalb längst eingereicht. Seit Juli 2011 werden Träger öffentlicher Belange angehört, die nun auch ihre Stellungnahmen beim Landratsamt Karlsruhe eingereicht haben. Im Frühjahr 2012 sollen diese bewertet werden - eine Entscheidung über den Antrag wird Ende 2012 vom Regierungspräsidiums Karlsruhe erwartet. Die Stadtwerke rechnen mit einer Bauzeit von drei Jahren und Kosten in Höhe von 46 Millionen Euro.

    Am Mittwochabend hat der Umweltausschuss der Stadt nichtöffentlich über die Angelegenheit verhandelt. Dort wurden verschiedene Gutachten gehört. Neben Umweltverbänden hat auch die Stadtverwaltung ein solches erstellt. Das Ergebnis der Vorberatungen wird am kommenden Dienstag Thema in der Gemeinderatssitzung vorgestellt. Bis dahin möchte sich die Stadtverwaltung nicht öffentlich zum Thema äußern.

    Siehe auch:

    Wasserwerk Rheinwald: Der lange Weg des Wassers in den Wasserhahn

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