In leuchtendem Blau schimmert das Gebäude durch den dichten Rheinwald bei Elchesheim-Illingen. Blau wie die Farbe des Wassers und das ist hier Programm. Aus der Nähe betrachtet wirkt das Gelände sehr nüchtern und zweckmäßig mit ordentlich gemähtem Rasen und in schlichter Industriearchitektur.
Keine ungebetenen Besucher
Kein Besucher kann sich dem jüngsten Karlsruher Wasserwerk aus dem Jahr 1977 nähern, ohne dass er sich wie auf einem Präsentierteller fühlt. Ein sehr wichtiger psychologischer Trick, denn schließlich möchte niemand ungebetene Gäste in einem Wasserwerk, das über ein 850 Kilometer langes Wasserrohrnetz 400.000 Haushalte mit sauberem Trinkwasser versorgt.
In der Mittagshitze stehe ich vor den Eingangstüren des Gebäudes. Deren Verkleidung lässt mich eher an den Eingang einer modernen Kirche denken, als an eine Versorgungseinrichtung. Der Eindruck des Sakralen bleibt auch erhalten, als ich durch die Tür trete. Eine angenehme Kühle umhüllt mich. Schon atme ich leichter und genieße die kühle Luft auf meiner schwitzigen Haut.
Ein Brunnen in der Mitte plätschert leise vor sich hin. Die Wände sind blau verkleidet. Wasser ist auch hier das herrschende Element. In dieser Stille wage ich kaum meine Stimme zu erheben, doch mein Führer bewegt sich zielsicher und ohne Scheu in Richtung Schaltwarte.
Wasser für Karlsruhe und das Albgau
Raffaele Vorrano kennt sich aus im Wasserwerk Rheinwald. Der Maschinenbautechniker mit italienischen Wurzeln hat seine Ausbildung bei den Stadtwerken Karlsruhe gemacht, die die vier Wasserwerke in und um Karlsruhe betreuen. Als Techniker kümmert er sich um alles, was mit der Förderung von Trinkwasser zu tun hat und ist für mich die perfekte Begleitung durch das Werk.
Zuerst zeigt er mir die Schaltwarte. Durch die dicken Fensterscheiben des Raumes höre ich gedämpft den Radau, den wohl die Gerätschaften in der Maschinenhalle nebenan machen. An der holzgetäfelten Wand gegenüber hängt eine große Schalttafel. Das geschulte Auge kann hier den Weg des Wasser verfolgen, von der Förderung in den Brunnen, über die Wasseraufbereitung durch den Kiesfilter und bis zur Abgabe des gereinigten Wassers nach Karlsruhe, das Albgau und die umliegenden Gemeinden Elchesheim, Würmersheim und Steinmauern.
Eisen und Mangan: die Opfer der Filteranlage
Von Dreck gereinigt werden müsse das Grundwasser, das Brunnen auf einer Brunnenlinie nördlich und südlich vom Wasserwerk fördern, auf keinen Fall. Mikrobiologisch sei das Wasser einwandfrei. Deshalb sei der Zusatz von Chlor unnötig, erläutert Prof. Dr. Michael Meier, Chef der Karlsruher Wasserwerke. Einzig Eisen und Mangan werden mittels Belüftung und Sandfiltration herausgenommen.
"Schädlich für die Gesundheit sind Eisen und Mangan in den vorkommenden Konzentrationen nicht. Wir säubern das Wasser vielmehr, damit die Wäsche nicht braun aus der Waschmaschine kommt", erklärt der Wasserspezialist. Die Filtration dieser Stoffe erfolgt auf rein biologischem Weg. "Bio-Filtration", schmunzle ich und schon öffnet Raffaele Vorrano die Tür zur Maschinenhalle.
Fast mannshohe Stahlrohre fördern Trinkwasser
Ohrenbetäubender Lärm springt mir durch die offene Tür regelrecht entgegen. Im Inneren der großen Halle fällt es mir schwer den Erläuterungen des Technikers zu folgen. Die Pumpen laufen auf vollen Touren und pumpen das Reinwasser durch die Rohrleitungen an ihre Bestimmungsorte.
Wir steigen hinab zum Ursprung des Lärms und folgen den fast mannshohen Stahlrohren, an den roten Pumpen vorbei, zu den beiden Reinwasserbehältern, in denen das fertige Trinkwasser zwischengelagert wird. Ein Fenster ist der einzige Zugang zu diesem Hochsicherheitstrakt. Ein schwaches Halogenlicht beleuchtet den riesigen Behälter, der mit seiner gefliesten Wand und Boden an ein Schwimmbecken erinnern.
Wie in einem Indiana-Jones-Film
Ins kühle Nass springen darf hier allerdings niemand. Ein Filtergerät sorgt dafür, dass Keime, die eventuell durch das Fenster dringen sofort abgesaugt werden. Die glatte Wasseroberfläche wird in der Mitte von einer eigenartigen Delle unterbrochen. "Von dort wird das Wasser durch das Loch im Boden zu den Verteilungsrohren in die Maschinenhalle zurückgepumpt. Durch den Druck entsteht dann die Delle", erklärt mir Raffaele Vorrano.
Die glatte Oberfläche, die Delle in der Mitte des Beckens und das schwarze Loch erwecken den Eindruck, als stünde ich vor der Kulisse eines Indiana-Jones-Films und das schwarze Loch beherberge die Büchse der Pandora. Doch Harrison Ford taucht hier nirgends auf, während ich fasziniert von dieser unheimlichen Atmosphäre buchstäblich an der Fensterscheibe klebe. Stattdessen wartet mein Begleiter darauf, mir die Pumpen aus der Nähe zu zeigen.
Tag und Nacht computergesteuert
Zurück im Maschinenraum sorgt der Lärm der Pumpen wieder für einen beinahe unangenehmen Geräuschpegel. Menschen sind bis auf meinen Fremdenführer und mich nur zwei anzutreffen. Ein Arbeiter in Blaumann kontrolliert mit entspannter Miene die Maschinerie. Ein anderer geht in einem kleinen Büro dem Tagesgeschäft nach.
Die gesamte Anlage wird über die Schaltwarte in der Zentrale der Stadtwerke von Computern Tag und Nacht gesteuert und überwacht. Fällt mal ein kleines Rädchen im großen Getriebe aus, kann der Rechner eine Pumpe auch stilllegen. Für solche und andere Fälle ist das Personal und die Gerätschaften allerdings bestens gerüstet, versichert mir Vorrano. Da ist die Wasserversorgung zu keiner Zeit gefährdet.
Schwer beeindruckt und endlich mal richtig abgekühlt verlasse ich die kühlen Hallen des Wasserwerks. Wenn ich beim nächsten Mal den Wasserhahn aufdrehe, werde ich wohl unwillkürlich an die unheimliche Kulisse des Behälters für das Reinwasser mit dem unspektakulär klingenden Namen und an die dicken Stahlrohre denken, durch die das Wasser seinen Weg bis zu meinem Duschkopf zurücklegen muss.