Vom einen auf den anderen Tag überlegen sich manche vielleicht zweimal, ob der Öpnv für sie der richtige Weg zum Ziel ist. Mit dem heutigen Ende der Sommermonate verliert nämlich auch das 9-Euro-Ticket seine Gültigkeit. Wie es nun mit den Ticketpreisen aussieht und ob neue Nachlässe zu erwarten sind, konnte auch der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) nicht mit Gewissheit vorhersagen.
Drei Fragen an die Karlsruher Abgeordneten
Sicher sei dabei nur, dass ein erneutes Entlastungsprogramm für Fahrgästen nur unter Mithilfe der Bundesregierung zu stemmen sei - vor allem finanziell. Aus diesem Grund entschließt sich ka-news.de direkt bei der Bundesregierung nachzufragen. Die vier Abgeordneten der Stadt Karlsruhe, Zoe Mayer (Grüne), Parsa Marvi (SPD), Michael Theurer (FDP) und Marc Bernhard wurden gebeten, drei Fragen zu beantworten.

Diese drei Fragen bestanden daraus, wie sie zu einem möglichen Nachfolgeprogramm stehen, wie es bezahlt werden soll und für wie wahrscheinlich sie ein Nachfolgeprogramm insgesamt halten. Karlsruhes Vertreter im Bundestag lieferten dabei verschiedene Antworten.




1. Frage: Würden Sie sich für ein an das 9-Euro-Ticket anknüpfendes Rabattprogramm aussprechen?
Zoe Mayer (Die Grünen)
"Eine dauerhafte Anschlusslösung zum 9-Euro-Ticket wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – auch und gerade für Menschen mit kleinem Geldbeutel. Denn: Damit die Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets ihre klimafreundliche Wirkung entfaltet, muss sie das Bus- und Bahnfahren günstiger und einfacher machen als die Nutzung des Autos. Unser Vorschlag: Mit einem 29-Euro-Ticket wird der ÖPNV dauerhaft bezahlbar und damit besonders für Pendlerinnen und Pendler zur praktischen Alternative. Das Ticket gilt mindestens landesweit. Diejenigen, die weiter fahren müssen oder wollen, sollen weiterhin die Möglichkeit dazu haben. Einzige Voraussetzung: ein moderater Aufpreis, um das Ticket finanzierbar zu halten – aber trotzdem noch günstiger als die meisten Nahverkehrsabos heute. Wir denken an ein 49-Euro-Ticket."
Parsa Marvi (SPD)
"Für mich ist klar, dass es unbedingt eine Anschlusslösung geben muss, welche die Eigenschaften des 9-Euro-Tickets in den wichtigsten Punkten fortführt: Ein einfaches Ticket für ganz Deutschland, das sich jeder leisten kann und das extrem einfach in der Handhabung ist – ohne Waben oder Verbundsgrenzen beachten zu müssen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dafür bereits einen Vorschlag erarbeitet, der ein bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket mit einem monatlichen Preis von 49 Euro vorsieht. Bestehende Sozialtarife, Angebote für Gruppen wie Schüler, Auszubildende, Student und Senior sollen in die neue Tarifstruktur sozialverträglich integriert sein."
Michael Theurer (FDP)
"Die Überwindung des Tarifdschungels durch ein digital buchbares bundesweit nutzbares Ticket wäre ein riesiger Erfolg. Dabei kommt erst die Tarifstruktur, dann die Finanzierungsfrage im Dialog mit den dafür in unserer föderalen Ordnung zuständigen Bundesländern und dann erst die Frage des Preises. Die Größenordnung 69 Euro halte ich aber für interessant."
Marc Bernhard (AfD)
"Alle Bürger müssen dauerhaft deutlich entlastet werden. Das Trostpflaster via 9-Euro-Ticket reicht wegen der Explosion der Energiekosten nicht aus. Ich bin für eine massive Entlastung der Menschen in Höhe von mehreren hundert Euro. Deshalb fordere ich die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer auf Energie jeglicher Art, die Absenkung der Energiesteuern und die Abschaffung der völlig unwirksamen, aber belastenden CO2-Steuer. Denn Energie muss für alle bezahlbar sein. Nur so kann auch Mobilität für jedermann erhalten bleiben - egal ob mit dem ÖPNV-Ticket oder mit dem eigenen Auto."




2. Frage: Wie sehen Sie die Finanzierbarkeit eines solchen Tickets?
Zoe Mayer (Die Grünen)
"Eine Möglichkeit zur Finanzierung des 29- und 49-Euro-Tickets: der Abbau des sogenannten Dienstwagenprivilegs. Dieses soll künftig auch stärker den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen berücksichtigen. Die daraus resultierenden Mehreinnahmen für Bund und Länder könnten nahtlos in die Finanzierung der günstigen Tickets fließen. Statt einer Begünstigung, die vor allem Gutverdienenden zugutekommt, ermöglichen wir damit eine verkehrspolitische Maßnahme mit Breitenwirkung, die zudem einen wirksamen Anreiz zum Klimaschutz setzt. In Zeiten, da sich knapp 80 Prozent der Menschen im Land eine Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets wünschen, ist es höchste Zeit, über diese auch tatsächlich ins Gespräch zu kommen."
Parsa Marvi (SPD)
"Grundsätzlich jedoch halte ich ein solches Ticket zu einem höheren Preis durchaus für finanzierbar. Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir die Finanzierung mit zusätzlichen Mitteln etwa aus einer Übergewinnsteuer oder vergleichbaren Maßnahmen, einer Nahverkehrsabgabe oder einer Reform der Dienstwagenbesteuerung ergänzen. Unser Vorschlag für das 49-Euro-Ticket liegt auf dem Tisch und ich halte ihn für sehr realistisch. Er sieht vor, dass die Kosten zu gleichen Teilen vom Bund und den Ländern getragen werden. Hier gilt es im Detail zu klären, wie die Finanzierungsstruktur genau aussehen kann. Dem kann und will ich natürlich nicht vorgreifen."
Michael Theurer (FDP)
"Der Bund wird ein nahezu gebührenfreies Ticket nicht stemmen können, ohne dass das auf Kosten wichtiger Zukunftsinvestitionen ginge. Doch wenn die Länder, die dafür eigentlich zuständig sind, sich finanziell einbringen, wird sich auch der Bund einer Unterstützung nicht verschließen."
Marc Bernhard (AfD)
"Wir, die Bürger, sind der Staat. Wir zahlen immer alles. Über Steuern und Abgaben. Die bisherige Subvention für das 9-Euro-Ticket hat allein die Bundesfinanzen mit 2,5 Milliarden Euro belastet. Würde die Regierung eine echte Entlastung für Energie wie in anderen EU-Ländern umsetzen, dann hätten die Menschen eine monatliche Entlastung von weit über hundert Euro in der eigenen Tasche und könnten sich das ÖPNV-Ticket selbst finanzieren. Dabei sind die hohen Energiepreise im Wesentlichen von der Regierung gemacht. Rund 70 Prozent der Energiepreise sind Steuern und Abgaben."




3. Frage: Glauben Sie dass ein Anschlussprogramm in naher Zukunft gelingen wird? Wenn ja, wann?
Zoe Mayer (Die Grünen)
"Wir werden uns in der Koalition dafür einsetzen und es ist denkbar, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wann, wie und ob ein Anschlussticket in Kraft treten kann ist derzeit aber noch in Verhandlung."
Parsa Marvi (SPD)
"Ich bin überzeugt, dass uns eine Anschlusslösung gelingen wird! In dem immens hohen Zuspruch der Bürger:innen zum 9-Euro-Ticket sehe ich einen klaren Auftrag für die Bundesregierung. Wann genau ein Nachfolger verfügbar sein könnte, kann ich nicht sagen. Derzeit laufen ja zahlreiche Gespräche dazu. Aber ich bin mir sicher: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg; und der kann sich im Zweifel auch sehr schnell auftun.
Michael Theurer (FDP)
"Bundesminister Volker Wissing hat bereits im Frühjahr Gespräche mit den Ländern über die Zukunft des ÖPNV initiiert. Das ist der richtige Ort, um über die Nachfolge zu sprechen. Fakt ist: die Ampelregierung hat hier mit der Anschubfinanzierung gezeigt, wie der Tarifdschungel überwunden werden kann."
Marc Bernhard (AfD)
"Ein Nachfolgeprogramm wird bald folgen. Denn die Bundesregierung hat die Energiepreisexplosion verursacht und verteilt jetzt Trostpflaster, um den Bürgen eine Entlastung vorzugaukeln. Unbeantwortet bleibt bei einem subventionierten Ticket auch die Gerechtigkeitsfrage. Denn wie sollen die Millionen von Pendlern, die weiterhin auf ihr Auto angewiesen sind, entlastet werden? Denn auch sie zahlen ja mit ihren Steuern die Subvention für die Nutznießer mit. In Baden-Württemberg umfasst der ländliche Raum etwa 69 Prozent der Landesfläche und 34 Prozent der Bevölkerung. Mobilität kostet dort mehr als ein KKV-Ticket. Deshalb bedarf es einer gerechten Lösung, die alle Bürger entlastet."
Hinweis: Dieser Artikel erschien ursprünglich vor dem durch die Bundesregierung verabschiedeten dritten Entlastungspaket. Einige Informationen beziehen sich daher auf den Stand vor dem 4. September.