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Karlsruhe: Vollgedröhnte Jugend: Wodka-Tampons und Felgenreiniger in Karlsruhe

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Vollgedröhnte Jugend: Wodka-Tampons und Felgenreiniger in Karlsruhe

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    "Dass wir bei 15-Jährigen 1,8 Promille feststellen, ist keine Ausnahme."
    "Dass wir bei 15-Jährigen 1,8 Promille feststellen, ist keine Ausnahme." Foto: (BWLV)

    In Wodka getränkte Tampons - was sich widerlich anhört, ist eine neue Methode des Alkoholmissbrauchs, die auch bei Karlsruher Jugendlichen Thema ist, wie Suchtexperten kürzlich gegenüber ka-news bestätigten.

    Auch Rainer Blobel, Drogenbeauftragter der Stadt Karlsruhe, warnte kürzlich öffentlich vor dem gefährlichen Trend. Seit der Veröffentlichung eines Artikels bei ka-news hätten sich viele Kollegen aus der Suchtberatung an ihn gewandt, um sich über den neuen Trend zu informieren. Aber auch besorgte Eltern hätten sich in den letzten Wochen bei Blobel gemeldet. "Ein bisher unbeachtetes Phänomen wurde nach oben gespült", sagte der Suchtexperte auf ka-news-Nachfrage.

    Manche trinken Felgenreinger

    Die Suchtberater müssten sich immer wieder auf neue Formen des Alkoholmissbrauchs einstellen. "Man wisse nie was als nächstes kommt", so Blobel. "Das experimentierende Verhalten der Jugendlichen ist nicht zu stoppen." Zwar hätten Jugendliche schon immer experimentiert, aber der Alkoholmissbrauch würde immer bizarrere Formen annehmen. Der Konsum werde immer extremer. "Jeder Mist, der auf den Markt kommt, wird auch von irgendwelchen Leuten konsumiert", so Blobel.

    "Es ist manchmal unglaublich, was Jugendlichen einfällt", staunt der erfahrene Suchtexperte. Seit geraumer Zeit würden Jugendliche sogar auf Felgenreiniger, eine chemische Flüssigkeit, die für das Säubern von Alufelgen gedacht ist, zurückgreifen - auch in Karlsruhe. Das Industrie-Lösungsmittel enthalte Gamma-Butyrolacton (GBL), welches im Körper in den natürlichen Stoff Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB) - auch bekannt als Liquid Ecstasy - umgewandelt wird, erklärt Blobel.

    GHB als K.o-Tropfen

    In geringen Mengen wirke der Stoff euphorisierund und sexuell stimulierend. In höheren Dosen führe GHB zur Bewusstlosigkeit und Erinnerungslücken, daher werde GHB häufig auch als K.o-Tropfen missbraucht. So soll es laut Blobel auch in Karlsruhe zu Fällen gekommen sein, bei denen Mädchen in Diskotheken mit dem Stoff betäubt wurden. GHB sei hoch riskant, in höheren Dosen sogar lebensgefährlich, warnt der Drogenbeauftragte. Das Mittel sei für jedermann legal als herkömmlicher Felgenreiniger im Handel erhältlich.

    Auch der Polizei Karlsruhe ist GHB bekannt. Allerdings sei bisher kein Fall in Karlsruhe dokumentiert, bei dem GHB nachweislich als K.o-Tropfen angewendet wurde, um Mädchen zu betäuben, betont Michael Melcher, Leiter Dezernat Sexualdelikte der Polizei Karlsruhe gegenüber ka-news. "Wir gehen davon aus, dass GHB hauptsächlich für den Eigenkonsum genutzt wird", so Melcher. Allerdings könne nicht völlig ausgeschlossen werden, dass bei einzelnen Sexualdelikten GHB im Spiel gewesen sein könnte. Da der Stoff nur wenige Stunden nachweisbar sei, könne häufig nicht endgültig geklärt werden, ob GHB möglicherweise als Tatmittel eingesetzt wurde, so Melcher.

    Keine Ausnahme: 1,8 Promille bei 15-Jährigen

    Extreme Methoden wie der Wodka-Tampon oder der Konsum von Felgenreiniger seien zwar ein schockierender Beleg für die Ideenvielfalt der Jugendlichen, dennoch hält Sybille Katz, Mitarbeiterin bei der Fachstelle Sucht des Landesverbands für Prävention und Rehabilitation (BWLV) in Bruchsal, diese Art des Missbrauchs eher für Einzelfälle. Trotz dieser erschreckenden Erscheinungen dürfe nicht vernachlässigt werden, dass das Hauptproblem bei Jugendlichen nach wie vor das exzessive Trinkverhalten sei, betont Katz. "Das Komasaufen ist noch nicht ausgereizt", gibt die Suchtberaterin zu Bedenken.

    Katz ist mit sogenannten Jugendschutzteams häufig auf Partys und Straßenfesten unterwegs, um Jugendliche über die Gefahren des Alkoholmissbrauchs aufzuklären. "Dass wir bei 15-Jährigen 1,8 Promille feststellen, ist keine Ausnahme." Diese Promillezahl sei erschreckend, da sie auf eine starke Alkohol-Gewöhnung bei den Jugendlichen hindeute. Auch würden die Teams beobachten, dass vermehrt Mädchen exzessiv zu Alkoholgreifen. Dadurch könnten sie leicht in eine Opferrolle gelangen, warnt Katz. "Wir versuchen auch die Eltern stärker in die Verantwortung zu nehmen", erklärt sie. Die Suchtexperten setzen zudem auf verstärkte Aufklärung und warnen in Schulen vor dem übermäßigen Alkoholkonsum und neuen Methoden wie dem Wodka-Tampon.

    Erste Anlaufstellen bei Problemen sind die Drogenberatungsstelle Karlsruhe, telefonisch erreichbar unter: 0721/133-5391 oder die Fachstelle Sucht Karlsruhe-Bruchsal des BWLV, telefonisch erreichbar unter: 07251/932384-0.

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