Spätestens jetzt ist Jedem klar: Die dritte Welle - ausgelöst durch die B117 Mutation - ist in Karlsruhe in vollem Gange. Auch wenn die aktuell "niedrigeren" Zahlen vielleicht eine andere Sprache sprechen.

Der Grund: Da an den Feiertagen weniger getestet wird, seien die Zahlen rund um 7-Tage Inzidenz und R-Wert "falsch niedrig" und "mit Vorsicht zu genießen". So befindet sich der R-Wert aktuell unter 1, die Inzidenz vom Stadtkreis Karlsruhe genau bei 100. Klingt zunächst nicht sonderlich tragisch.

Michael Geißler ist medizinischer Geschäftsführer am Städtischen Klinikum in Karlsruhe.
Michael Geißler ist medizinischer Geschäftsführer am Städtischen Klinikum in Karlsruhe. (Symbolbild) | Bild: Thomas Riedel

Ein anderes Bild liefert wiederum die aktuelle Situation im Städtischen Klinikum. 25 Covid-Patienten sind inzwischen auf der Allgemeinstation in Behandlung, 11 Patienten liegen auf der Intensivstation, darunter ein Kind. Fünf Patienten müssen außerdem künstlich beatmet werden. Das Klinikum befindet sich weiter in Pandemiestufe 3.

Situation ähnlich wie an Weihnachten

Das bringt vor allem ein Problem mit sich: Nach Angaben des Städtischen Klinikums sei die Covid-Intensivstation mit diesen 11 Patienten jetzt vollständig belegt. Zwar könnten noch weitere Ressourcen hochgefahren werden, doch das würde die Versorgung von Nicht-Covid-Stationen stark beeinträchtigen.

Kurzum:  Die Situation sei ähnlich wie die an Weihnachten.

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"Natürlich ist es kein Problem die Betten weiter hochzufahren. Aber Sie können sich vorstellen, dass wenn von insgesamt 50 Intensivbetten 12 dauerhaft betrieben werden, dann ist das eine hohe Einschränkung. Und wenn es dann 16 werden, ist es eine noch größere Einschränkung", erklärt Martin Bentz, Klinikdirektor der medizinischen Klinik III.

Martin Bentz, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik III.
Martin Bentz, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik III. | Bild: Verena Müller-Witt

Der Punkt: Wenn die 16 Intensivbetten auch noch vollgemacht werden würden, dann müsse der restlichen Betrieb auf zirka 60 bis 70 Prozent heruntergefahren werden. Für einen Maximalversorger wie das Städtische Klinikum "keine gute Situation."

"Wir bekommen es hin, aber es bleibt keine Luft zum Durchatmen, wir arbeiten auf Kante", ergänzt Geißler mit Nachdruck. "Deshalb müssen wir jetzt reagieren."

Klinikum stellt Forderungen

In diesem Zusammenhang stellt Geißler drei Forderungen auf, die aus klinischer Sicht unabdingbar seien, um die dritte Welle zu brechen. 

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1. Konsequente Umsetzung der Lockdown-Forderungen

Alle Lockdown Maßnahmen sollten weiterhin umgesetzt werden. Bei zunehmenden Todesfällen und ab einer Inzidenz von 100, spricht sich Geißler sogar für eine Verschärfung der Maßnahmen aus, wie zum Beispiel Ausgangsbeschränkungen.

Gleichzeitig fordert er den Wegfall sämtlicher Lockerungs-Experimente und Projekte. Diese seien, so Geißler, "völlig inakzeptabel". 

2. Teststrategie professionalisieren

Nach Ansicht des Klinikums sei die Teststrategie "vollkommend unzureichend", um der Situation Herr zu werden. Stattdessen soll eine generelle Testpflicht in allen Betrieben mit Großraumbüros und Schulen eingeführt werden. 

3. Änderung der Impfstrategie

Wie Geißler bereits auf den vergangenen Pressekonferenzen berichtet hatte, müsse die Ständige Impfkomission (Stiko) ihre Impfstrategie lockern, um die Impfungen voranzutreiben. Doch nicht nur das.

Inzwischen spricht sich Geißler klar dafür aus, dass man sich zunächst auf eine Durchimpfung der Bevölkerung  mit der Erstimpfung konzentrieren solle. Dafür sollen dann die Zweitimpfdosen aus den Impfzentren verwendet werden. 

Der Grund: Alleine die Erstimpfung schütze gut genug vor dem Virus, um schlimme Krankheitsverläufe oder gar Todesfälle zu verhindern, was der Entlastung der Krankenhäuser zugute käme. Danach wären 12 Wochen Zeit, um die zweite Dosis zu bekommen. 

Wenn das gelinge, könnten so bis zu 10- oder 15.000 Todesfälle verhindert- und schwere Krankheitsverläufe reduziert werden. Des Weiteren könnten so alle Menschen bis zum 1. Juli ihre erste Impfdosis erhalten haben. 

Ein Intensivpfleger ist auf der Covid-19 Intensivstation (ITS) im Städtischen Klinikum Dresden mit der Versorgung von Corona-Patienten ...
Ein Intensivpfleger ist auf einer Covid-19 Intensivstation (ITS). | Bild: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Erstimpfung verhindert neue Viren-Stämme

"Es geht bei dieser Impfempfehlung nicht darum, zu sagen, 'wer geimpft ist, ist nicht mehr ansteckend'", erklärt Geißler, "aber wer eine Erstimpfung erhält, agiert nicht mehr als Superspreader. Da bin ich ganz bei Herrn Lauterbach."

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Geißler stützt sich dabei auf Studien aus der Harvard University. Die würden nicht nur die Wirksamkeit einer Impfdosis belegen, sondern auch, dass die Chance von sogenannten "Fluchtmutationen" durch diese Strategie verringert werden könnte.

"Wenn wir das umsetzen, dann ist das Problem der Intensivstationen erstmal gelöst und es kommt nicht zu weiteren Virus-Stämmen, die gegen die bisherigen Impfungen bereits resistent sind", führt Geißler weiter aus. "Die Briten haben es ja vorgemacht, die haben das umgesetzt und können jetzt deswegen lockern."

Einen Brücken-Lockdown - sowie wie es von Armin Laschet gefordert wird - sieht Geißler hingegen nicht als Lösung für die vollen Covid-Intensivstationen. "Um da wirklich was zu reißen, wäre es mit zwei bis drei Wochen nicht getan."

 

 

 

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